Bild nicht mehr verfügbar.

Der medienscheue Dirigent Kirill Petrenko.

Foto: REUTERS / FABRIZIO BENSCH

Jetzt also endlich im Musikverein: Kirill Petrenko und die Berliner Philharmoniker, zweieinhalb Jahre nach dem Amtsantritt des medienscheuen Dirigenten. Eine olympische Paarung? Mit Josef Suks Zráni (Lebensreife) wurde der erste von zwei Konzertabenden beschlossen.

Die retrospektive symphonische Dichtung, die quasi im Zerfallsmoment der Habsburgermonarchie uraufgeführt wurde, ist klingender Jugendstil: opulent und doch elegant, schillernd und doch intim, wohlgeformt bis ins letzte Detail. Petrenko hat Zráni schon 2006 mit dem Orchester der Komischen Oper Berlin aufgenommen, und so bändigte der 50-Jährige die Ideenfülle von Suks Memoiren mit souveräner Übersicht, den Klangkörper oft nur mit sparsamen Gesten und einem Lächeln führend.

Spitze, aber nicht unverwechselbar

Den jungen Suk hat Johannes Brahms anno 1893 in Wien noch als Geiger erlebt – der Ruhm des klassischen Romantikers war damals im Zenit und die Uraufführung seines zweiten Klavierkonzerts ein gutes Jahrzehnt her. Sir András Schiff interpretierte es mit einer praktikablen Mischung aus Angriffslust und Innigkeit, aus kantiger, wuchtiger Verve und feinfühliger, nuancierter Poesie – wenn der Routinier auch die letzte Griffsicherheit vermissen ließ, speziell rechts. Enttäuschend eilig, handfest und fantasielos seine Zugabe, Brahms’ Intermezzo in h-Moll op. 119/1.

Und der Gesamteindruck der Berliner? Ein effizient agierendes Spitzenteam im Hochleistungssport Klassik; auf Unverwechselbarkeit bei Klang und Spielverhalten hoffte man aber vergebens. Diesbezüglich hatten Daniel Barenboim und die Staatskapelle Berlin im Herbst mehr fasziniert. Jubel im Musikverein. (Stefan Ender, 16.2.2022)