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Der Kampf gegen den Tod ist Teil des Lebens von William Flaherty.

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In Peking nahm er nach dem Riesentorlauf auch am Slalom teil.

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Der Laie versteht unter Hämophagozytische Lymphohistiozytose Bahnhof. Zum Zeitpunkt der Diagnose war William Flaherty drei Jahre alt. Ein gelber Punkt auf einem Auge ihres Sohnes hatte die Mutter veranlasst, Ärzte zu konsultieren. "Betet für Krebs", bekam sie zu hören. Es sollte schlimmer kommen. Die erschütternde Prognose: eine Überlebenschance von zehn Prozent. Die Krankheit führt dazu, dass das Immunsystem die Organe angreift.

Als 17-Jähriger nahm Flaherty nun an den Spielen teil, wurde 40. im Riesenslalom und 44. im Slalom, mit je rund einer halben Minute Rückstand auf den Sieger. Zeiten sind in diesem Fall Nebensache. "Wenn ich zurückdenke, was ich alles durchgemacht habe, ist es unglaublich, dass ich hier bin", sagte Flaherty. Dank einer Knochenmarkspende seines älteren Bruders Charles und Chemotherapien entging er dem Tod und stand wenig danach erstmals auf Skiern. Sein Vater Dennis ist vor rund vier Jahren gestorben – kurz nachdem sein Bruder bei Olympia in Pyeongchang teilgenommen hatte und damit für die Inspiration gesorgt hatte. "Hey, Papa, hast du gesehen? Wir haben es geschafft", schrieb Flaherty nun auf Instagram.

Trainiert von Sara Radamus

Geboren wurde er in Cincinnati, Ohio, bald aber übersiedelte die Familie nach Rio Grande, Puerto Rico. Dort ist der Cerro de Punta mit 1338 Metern die höchste Erhebung. Schnee gibt‘s in der Karibik natürlich nicht, trainieren lässt sich aber auch andernorts. In Mount Hood in Oregon wurde Flaherty von Sara Radamus gecoacht. Sie ist die Mutter von River Radamus, der Vierter im Riesentorlauf war und eines seiner Vorbilder ist.

Weitere Operation geplant

Bei der Eröffnungsfeier im Pekinger Vogelnest trug Flaherty, wie vor vier Jahren sein Bruder, die Flagge. Skifahren sei Stressabbau für ihn. Belastendes gebe es nicht zu wenig. So musste ihm etwa im Sommer ein gutartiger Tumor beim Ohr entfernt werden. Damit aber nicht genug, steht doch die nächste OP bereits an. Dabei soll ihm ein Stück Knochen aus einem Bein entfernt werden, um daraus einen Ersatz für einen hohlen Unterkiefer zu schnitzen. Er vermutet, dass er künftig nicht mehr bei Olympia auftreten wird können. "William ging in die Hölle und wieder zurück, zweimal", sagte seine Mutter Ann. "Aber er ließ sich nicht aufhalten." Für ihren Sohn ist der Kampf gegen den Tod Teil seines Lebens. Sein Motto: "Wenn alles schiefgeht, improvisiere und habe Spaß." (Thomas Hirner, 17.2.2022)