Geld ein- und auszuzahlen stellt mangels Bankfilialen für ältere Menschen mitunter eine Herausforderung dar. Die Aufnahme von Krediten oder die Überziehung des Kontos wird ihnen oft verwehrt.

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Ein 67-jähriger Pensionist, dessen Anfrage für einen Kredit in Höhe von 10.000 Euro für eine längst überfällige Hausrenovierung abgelehnt wird, da er bald 70 wird. Ein Alter, in dem es keine Kreditvergaben mehr gibt, wie seine Hausbank die Entscheidung begründet. Die 82-jährige Pensionistin W., der eine Überziehung ihrer Kreditkarte von 200 Euro verwehrt wird – die Gefahr des Ablebens sei zu groß.

Frau A., gerade einmal 54 Jahre alt, deren Ansuchen auf einen sehr langfristigen Kredit in Höhe von 180.000 Euro abgelehnt wird. Begründung: Sie sei bereits 54, und man könne ihr nur einen Kredit mit 20 Jahren Laufzeit anbieten. Und das trotz augenscheinlich ausreichender Sicherheiten und des Wissens, dass die durchschnittliche Lebenserwartung für Frauen bei 83 Jahren liegt.

Dass das keine Einzelfälle sind, zeigt ein Auszug jener Betroffenen, die sich bei Seniorenbund-Präsidentin Ingrid Korosec (ÖVP) gemeldet haben. Tatsächlich steht die Kreditvergabe an ältere Menschen seit Jahren in der Kritik. Bereits 2015 beklagte etwa die Antidiskriminierungsstelle Steiermark die verschleppte Novellierung des Gleichberechtigungsgesetzes – getan hat sich seitdem kaum etwas. Zwar ist allen Verantwortlichen das Problem bewusst, eine Schuld will allerdings niemand bei sich sehen.

Vorbild Deutschland

Erneut aufgegriffen wurde die Altersdiskriminierung in der Banken- und Versicherungsbranche bei einer Pressekonferenz am Mittwoch – diesmal von der SPÖ. Konsumentenschutzsprecher Christian Drobits und Pensionistenverbandspräsident Peter Kostelka verwiesen darauf, dass die Altersdiskriminierung "endlich enden" müsse. Um dies umzusetzen, sollen nun das Gleichbehandlungsgesetz sowie Artikel 7 der Bundesverfassung entsprechend angepasst werden.

Das Vorbild dafür stellt Deutschland dar. Dort ist die Kreditvergabe aus rechtlicher Sicht selbst dann möglich, wenn Antragsstellende ein höheres Alter aufweisen. Die einzigen Voraussetzungen: Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Darlehen vertragsgemäß zurückgezahlt wird, muss ausreichend hoch sein. Oder aber der Kreditnehmer verfügt über hinreichende Sicherheiten, etwa durch das Eigentum einer Immobilie.

Die missliche Lage in Österreich schiebt die Sozialdemokratische Partei Österreich (SPÖ) auf die türkis-grüne Regierung – sie hätte sich trotz Wissens seit Jahren nicht darum gekümmert. Weder Sebastian Kurz noch Alexander Schallenberg (beide ÖVP) hätten das Problem während ihrer Amtszeiten als Bundeskanzler in Angriff genommen.

Gleichbehandlungsgesetz erweitern

Vonseiten der ÖVP spricht sich Seniorenbund-Präsidentin Korosec für eine Bekämpfung der Diskriminierung aus. Auch sie fordert, das Gleichbehandlungsgesetz zu erweitern. Dass auch die Bundessparte Bank und Versicherung der Wirtschaftskammer (WKO) einer Novellierung nicht im Wege stünde, bestätigte Geschäftsführer Franz Rudorfer auf Anfrage.

Im Gegensatz zur ÖVP und SPÖ sieht Rudorfer hingegen kein systemisches Versagen. "Das sind nur Einzelfälle", verweist er auf eine siebenmonatige Beobachtungsphase der WKO zwischen Herbst 2020 und Frühling 2021. Lediglich 15 Fälle seien in dieser Zeit gemeldet worden – nur sechs davon hätten tatsächlich mit Altersdiskriminierung zu tun gehabt. Konkrete Maßnahmen, um die Kreditverweigerung aufgrund des Alters zu vermeiden, habe die WKO bereits 2020 gesetzt.

In einem gemeinsam mit dem Seniorenrat erarbeiteten Appell seien Österreichs Banken bereits dafür sensibilisiert worden. Die Aktion sei damals sehr gut angekommen und willkommen geheißen worden. Zudem ist laut Rudorfer die Bundessparte Bank und Versicherung damit einverstanden, an der "deutschen Lösung" mitzuwirken. Ihm sei das eine "Herzensangelegenheit".

Nicht nur Kredite

Dass die Altersdiskriminierung nicht nur bei Kreditvergaben ein Problem darstellt, zeigen weitere Beispiele, wie Seniorenbund-Chefin Korosec anführt. Sie berichtet von einem Fall, in dem einer 70-Jährigen eine Ratenzahlung beim Kauf eines Fernsehers unverhohlen unter Verweis auf ihr hohes Alter nicht ermöglicht wurde. Von einer Pensionistin (74), der eine Zahnzusatzversicherung aufgrund ihres Alters verwehrt wurde. Sowie zahlreichen Fällen, in denen Kreditkarten mit Pensionsantritt nicht verlängert oder gar aufgekündigt wurden.

Die Banken begründen solche Fälle oftmals mit der durchschnittlichen Lebenserwartung. Kredite würden nur dann gewährt, wenn die statistische Lebenserwartung den Kreditrahmen deckt. Ähnliche Begründungen finden sich auch in der Versicherungsbranche wieder.

Zudem rückt zunehmend ein weiteres Problem in den Fokus. Viele Banken steht die Schließung ihrer Filialen bevor. Ein Experte rechnet mit dem Wegfall von 60 Prozent der Filialen bis 2030. Dass nicht alle Pensionisten über Online-Banking verfügen, muss den Banken bewusst sein.

Die nächste Möglichkeit einer Lösung bietet sich im März bei einem Gespräch mit Bundeskanzler Karl Nehammer. (Nicolas Dworak, 17.2.2022)