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Landwirtschaftskammerpräsident Josef Moosbrugger ist richtig sauer. Er spricht von einer "niveaulosen Neiddebatte", die da wieder vom Zaun gebrochen wurde, und die Leidtragenden seien die bäuerlichen Familienbetriebe. Was ihn so wütend macht? Ein Bericht des STANDARD, in dem die Arbeiterkammer und Steuerberater Kritik an der Neuordnung der Besteuerung landwirtschaftlicher Betriebe üben.

Bäuerinnen und Bauern versteuern nicht ihre tatsächlichen Einkünfte, sondern profitieren von einer Pauschalierung. Die Steuerschuld der Landwirte wird auf Basis der Einheitswerte berechnet. Dieser Wert soll Auskunft über die Ertragskraft eines landwirtschaftlichen Betriebs geben und dient als Basis für den Steuerbescheid. Arbeiterkammer und Steuerberater kritisieren, dass die Einheitswerte uralt und so niedrig sind, dass sie die tatsächlichen Einkommen der Bauern nicht widerspiegeln. Laut einer Analyse des Steuerberaters Gottfried Schellmann und des Universitätsprofessors Georg Kofler ist die steuerliche Bemessungsgrundlage von Landwirten durch die Pauschalierung um bis zu 80 Prozent niedriger, als sie es ohne Pauschalierung wäre.

Bis in alle Ewigkeit

Die Arbeiterkammer fürchtet, dass dieses aus ihrer Sicht ungerechte System in die Ewigkeit fortgeschrieben werden soll: Denn das Finanzministerium will die bisher alle neun Jahre angesetzte umfassende Überprüfung der Einheitswerte, die sogenannte Hauptfeststellung, aussetzen. Mit einer Gesetzesnovelle soll fixiert werden, dass künftig prinzipiell nur noch automatisch auf eine Änderung der Ertragslage durch klimatische Veränderungen wie Hitzetage Bedacht genommen wird. Sonstige Veränderungen sollen ab 2032 nur dann berücksichtigt werden, wenn sie "wesentlich" sind.

Diese Regelung ist in den Augen des Steuerberaters Schellmann so allgemein, dass hier für weitere Interpretation und mögliche Steuergeschenke jeder Platz bleibe.

Dass hier vermeintliche Steuerprivilegien der Landwirtschaft kritisiert werden, will Landwirtschaftskammerpräsident Moosbrugger nicht stehenlassen. "Jeder, der sich mit der Einkommenssituation der bäuerlichen Familienbetriebe und der Realität auf unseren Höfen auseinandersetzt, weiß, dass alles andere als eine Goldgräberstimmung in der Landwirtschaft herrscht."

Kritik an Interpretation der Arbeiterkammer

Moosbrugger sieht das Gesetz falsch interpretiert von Kritikern: Es werde weiter zu einer regelmäßigen Aktualisierung der pauschalen Bemessungsgrundlagen kommen, daran haben auch Betriebe Interesse. Das Finanzministerium argumentiert in einer Replik ähnlich: Seit der letzten Bewertung 2014 sei keine "wesentliche Veränderung der wirtschaftlichen Ertragsverhältnisse eingetreten".

Daraus ergebe sich, dass es aktuell ausreicht, jene Effekte, die sich durch klimatische Veränderungen ergeben, einzubeziehen, und das werde auch geschehen.

Ein Blick in den grünen Bericht, in dem das Landwirtschaftsministerium jährlich die Ertragslage der Bäuerinnen und Bauern analysiert, zeigt, dass es durchaus Einkommenszuwächse gab, wenn auch keine gewaltigen. Zwischen 2014 und 2020 um rund zehn Prozent, wenn die Werte geglättet werden über fünf Jahre. Hinzu kommt: Das sind Werte über alle Betriebe hinweg, große Veränderungen bei einzelnen Betrieben bleiben damit unentdeckt.

Eine Pauschalierung für Landwirte gibt es übrigens auch in Deutschland. Dort sind die Grenzen enger gesteckt, nur Bauern mit landwirtschaftlichen Flächen von bis zu 20 Hektar dürfen pauschalieren. In Österreich ist das bis zu einem Einheitswert von 75.000 Euro möglich, auch mit landwirtschaftlichen Flächen von 50 Hektar fällt man noch darunter. (András Szigetvari, 17.2.2022)