Superstar im Fraueneishockey, Kanadas Torgarantin: Marie-Philip Poulin.

Foto: AFP/GABRIEL BOUYS

Sie macht uns zu dem, was wir sind, ruft magische Momente hervor, kann aber auch trügen: die Erinnerung. Im Fall von Marie-Philip Poulin wohnte ihrem Erweckungserlebnis für eine spätere Eishockey-Karriere definitiv ein Zauber inne. Als Zehnjährige schaute Poulin das olympische Eishockey-Finale von Salt Lake City und wunderte sich. Die Kanadierinnen gewannen Gold – und weinten. "Ich sah meine Mama an, und sie weinte auch", sagte Poulin. "Dann hat sie mich angeschaut und gesagt: ‚Eines Tages wirst du es verstehen.‘"

Mittlerweile ist aus dem Mädchen aus Quebec die Kapitänin der kanadischen Eishockey-Frauen geworden. Und sie hat jeweils mindestens ein Tor in vier olympischen Finalspielen erzielt, eine Marke, die bei Frauen und Männer unerreicht ist. "Es muss einen Engel da oben geben", sagte die 30-Jährige, die mit zwei Goals und einem Assist beim 3:2-Sieg gegen die USA die entscheidende Spielerin war.

Kampf um bessere Bedingungen für Fraueneishockey

Ihre olympische Bilanz wird in die Geschichte eingehen: sieben Tore in vier Endspielen, drei davon Siegtreffer, von 2010 bis 2022 in jedem Finale getroffen – kein Wunder, dass Poulin immer wieder mit Kanadas Superstar Sidney Crosby verglichen wird. Obwohl sie das selbst gar nicht mag. Für Poulin war es die dritte Goldmedaille, das hat selbst der zweifache Olympiasieger Crosby nicht geschafft.

Als Kind versuchte sich Poulin als Eiskunstläuferin, ließ sich aber rasch von ihrem älteren Bruder Pier-Alexandre für die Eishacklerei begeistern. Bereits 2010 schoss Poulin beide Tore zum 2:0-Finalsieg gegen die USA, als 18-Jährige. Auf Klubebene bewegt sich professionelles Fraueneishockey auf dünnem Eis. Seit Jahren wird in den USA und Kanada um eine einheitliche Profiliga gerungen. Poulin protestierte gegen eine fehlende Krankenversicherung und mickrige Jahresgehälter, zeigt sich auch abseits vom Eis kämpferisch. Nach den Olympischen Spielen verschwindet Fraueneishockey wieder aus der öffentlichen Wahrnehmung.

An ein Karriereende denkt Poulin, die von ihren Teamkolleginnen "Captain Clutch" genannt wird, noch nicht. Dafür ist die Liebe zum Sport viel zu groß. Noch gilt Hayley Wickenheiser als beste Eishockeyspielerin Kanadas, die 43-Jährige hält bei vier Goldmedaillen. Ein Rekord, der in Gefahr ist. (Florian Vetter, 17.2.2022)

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