Pamela Rendi-Wagner (SPÖ) traf Karl Lauterbach (SPD).

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Lange Zeit hatten die Sozialdemokraten Pamela Rendi-Wagner und Olaf Scholz etwas gemeinsam: Sowohl das Kanzleramt in Wien als auch jenes in Berlin war für beide vor allem von außen sichtbar. Drin saß jemand anderer.

Scholz jedoch hat sich dann jenen Traum erfüllen können, den Rendi-Wagner noch hat: Er ist seit Dezember Regierungschef. Auch Rendi-Wagner will ins Kanzleramt, und so blickt die SPÖ nun verstärkt zu den Genossen nach Deutschland, um von ihnen zu lernen, wie man ins Allerheiligste kommt.

Am Donnerstag war die SP-Chefin in der deutschen Hauptstadt und traf dort einige SPD-Spitzen: Fraktionschef Rolf Mützenich, den neuen Parteichef Lars Klingbeil und den neuen Gesundheitsminister Karl Lauterbach, der wie sie selbst auch Mediziner ist. Die beiden besprachen die nächsten Öffnungsschritte.

Gefragt, was sie von Scholz lernen könne, erklärte Rendi-Wagner: "Dass sich ein langer Atem auszahlt und Geschlossenheit wichtig ist."

Comeback in Österreich

Auch SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch hat schon die Fühler nach Berlin ausgestreckt und traf dort vor kurzem sein Gegenüber, SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert. "Wir planen das Comeback der SP in Österreich", sagte er nach einer Besprechung im Willy-Brandt-Haus.

Die SP sieht Parallelen zwischen den Roten in Österreich und den Roten in Deutschland. In Deutschland sei die SPD in Umfragen auch lange hinter der Union gelegen, dann aber sei SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz vorbeigezogen, und am Wahltag war er der Sieger. So soll es eines Tages auch in Österreich geschehen.

Chatprotokolle helfen

Auffällig ist tatsächlich das Erscheinungsbild der Konservativen. In Deutschland gaben sie im Wahlkampf kein gutes Bild ab. Zunächst stritten Armin Laschet (CDU) und Markus Söder (CSU) erbittert um die Kanzlerkandidatur, dann verpatzte Laschet als Spitzenkandidat den Wahlkampf. "Auch in Österreich legen sie den Grundstein für ihre Niederlage", ist Deutsch überzeugt und verweist auf die Chatprotokolle.

Allerdings gibt es einen deutlichen Unterschied zwischen Scholz und Rendi-Wagner: Er saß schon in der Regierung und konnte sich dem Wahlvolk als Konstante für die Zeit nach Angela Merkel anbieten. Rendi-Wagner ist in Opposition.

Doch auch das vermag man in der SPÖ gut umzudeuten. Schließlich habe Rendi-Wagner in der Pandemie "kritisch-konstruktiv Oppositionspolitik betrieben". Daraus ließen sich ebenfalls zum Wahlsieger Scholz Parallelen ableiten. Den hat Rendi-Wagner in Berlin übrigens noch nicht getroffen. (Birgit Baumann aus Berlin, 18.2.2022)