Das komplizierte Landemanöver, von der US-Weltraumbehörde Nasa als "sieben Minuten des Schreckens" bezeichnet, endete am 18. Februar 2021 kurz vor 22 Uhr MEZ mit einem perfekten Touchdown: Der Marsrover Perseverance, auf Deutsch Ausdauer, hatte es heil auf den Boden des Roten Planeten geschafft – und meldete sich kurz darauf schon mit den ersten Fotos. Seit genau einem Jahr kurvt der Roboter nun auf unserem Nachbarplaneten und hat dabei schon einige Rekorde gebrochen und Premieren hingelegt. Seine wissenschaftliche Mission laufe auf Hochtouren, sagte Jennifer Trosper, Leiterin des Nasa-Projektteams, "der Rover schlägt sich bisher phänomenal gut".
Der Arbeitsplatz des Rovers liegt im sogenannten Jezero-Krater auf der Nordhalbkugel des Mars. Geologinnen und Astrobiologen halten das Terrain für wissenschaftlich hochinteressant: Vor Milliarden von Jahren dürfte sich dort ein großer See befunden haben – der Mars war damals noch nicht jener karge, unwirtliche Planet, den wir heute kennen. Wissenschafterinnen und Wissenschafter erhoffen sich von der Analyse der Ablagerungen auf diesem uralten Seeboden Informationen über die damaligen Bedingungen – und vielleicht sogar die Entdeckung von Lebensspuren.
Unterwegs zum Flussdelta
Auf eine bahnbrechende Sensation ist Perseverance bisher zwar nicht gestoßen, interessante wissenschaftliche Ergebnisse liegen aber schon vor. So konnten erste Gesteinsanalysen den Verdacht auf den einstigen See erhärten: Erosionsspuren und Salzmineralien deuten tatsächlich auf flüssiges Wasser in der Vergangenheit hin. Die ersten Untersuchungsstellen erwiesen sich aber als weniger ergiebig als erhofft, der Rover ist nun unterwegs in andere Gefilde. Die wissenschaftliche Mission des Roboters, der über ein Hightech-Labor aus sieben wissenschaftlichen Instrumenten, 23 Kameras und einem Laser verfügt, stehe erst am Anfang, wie die Nasa betont.
In den kommenden Monaten soll sich Perseverance einem besonders vielversprechenden Areal näheren: Am Westrand des Kraters befindet sich ein ausgetrocknetes Flussdelta, über das mit dem Wasser auch Sedimente aus weiter Entfernung in den Krater gelangt sein dürften. Hier vermuten Wissenschafterinnen und Wissenschafter reichhaltige Ablagerungen, in denen es Spuren von organischen Molekülen oder sogar von Leben geben könnte. Die Untersuchung von Mineralien verspricht auch genauere Aufschlüsse über die einstigen Bedingungen in diesem See – etwa über die Zusammensetzung des Wassers und den Wasserstand. Die Ankunft beim Delta wird für Mai oder Juni erwartet.
Hubschraubereinsatz
Zudem ist Perseverance auch auf dem Mars, um Technologien zu testen. Neben vielen Bildern und Videos lieferte Perseverance dank seiner Bordmikrofone Audio-Aufnahmen von seiner Landung und einer Fahrt über den Mars. Besonders im Rampenlicht steht aber sein kleiner Begleiter namens Ingenuity, ein Mini-Helikopter mit Kamera an Bord, der im vergangenen April den ersten Motorflug auf einem fremden Planeten durchführte und seither wiederholt unter Beweis stellen konnte, dass Flugdrohnen zur Unterstützung von Forschungsmissionen großes Potenzial haben.
Der Hubschrauber muss auf dem Mars extremen Bedingungen trotzen: Nachts fallen die Temperaturen auf bis zu minus 90 Grad Celsius, was für Batterien und Elektronik eine Herausforderung ist. Aufgrund der dünnen Atmosphäre, die nur knapp ein Prozent so dicht ist wie die der Erde, müssen die Rotoren auf ein Vielfaches dessen beschleunigen, was Hubschrauber auf der Erde erreichen. 19 Flüge sind Ingenuity bereits gelungen, weit mehr als ursprünglich veranschlagt.
Sauerstoff-Experiment
Eine andere Premiere auf dem Mars gelang Perseverance mit einem Gerät namens Moxie (Mars Oxygen In-Situ Resource Utilization Experiment): Damit hat der Rover erstmals versuchsweise CO2 aus der Marsatmosphäre in Sauerstoff umgewandelt. Die Menge würde einen Menschen unter Normalbedingungen rund zehn Minuten lang mit Atemluft versorgen. Das ist nicht viel, doch die Nasa sieht in dem Experiment einen wichtigen ersten Schritt hin zu Technologien, die künftige Marsbesucherinnen oder Kolonisten versorgen könnten.
Zudem geht – in Zusammenarbeit mit der Europäischen Raumfahrtagentur Esa– auch die Planung dazu weiter, wie Perseverance eine Probe vom Mars zurück zur Erde schicken soll. Frühestens 2026 soll dazu ein Sample Retrieval Lander zum Mars fliegen, von dem aus dann wiederum eine Rakete mit der Probe an Bord zurück in Richtung Erde starten soll. Auch das wäre eine Premiere.
Autonomer Sammler
Proben hat der Marsrover schon entnommen – auch wenn sich das anfangs als komplizierter erwies als gedacht. Ein erster Bohrversuch war im August gescheitert, weil das Gestein nicht fest genug war und daher nicht in das vorgesehene Probenröhrchen gefüllt werden konnte. Weitere Versuche an anderen Stellen klappten dann größtenteils – einmal verklemmten kleine Steinchen den Aufbewahrungsmechanismus, doch das Problem konnte gelöst werden.
Entwicklung und Bau des rund zwei Milliarden Euro teuren Roboters, der im Juli 2020 vom Weltraumbahnhof Cape Canaveral aus gestartet und dann nach 203 Flugtagen und 472 Millionen zurückgelegten Kilometern auf dem Mars gelandet war, hatten acht Jahre gedauert. Perseverance ist bereits der fünfte Rover, den die Nasa erfolgreich zum Mars gebracht hat. (dare, APA, 18.2.2022)