Das neue Jahr bringt neue High-End-Smartphones. Und Samsung hat sich als einer der ersten Hersteller in die Vorstellungsrunde eingereiht. Wie üblich geht die Galaxy-S-Reihe in ihre nächste Generation. Neben einer Änderung des Designs und erwartbaren Hardwareupgrades tut sich diesmal aber mehr.

Denn die teuerste Ausgabe des Handytrios, das S22 Ultra, tritt das Erbe der Galaxy-Note-Reihe an. Die Reihe wird nicht mehr fortgeführt und der "S-Pen" nun in die Maximalausführung des neuen Flaggschiffs integriert. Die müssen sich Käufer auch einiges kosten lassen, in der schmalsten Speicherversion kommt sie auf einen Nennpreis von 1.250 Euro. DER STANDARD hat Samsungs neues Vorzeigehandy natürlich einem Test unterzogen. In den Handel kommt es am Freitag

Foto: DER STANDARD/Pichler

Basics

Es ist wahrlich kein kleines Handy geworden. Das 6,8-Zoll-AMOLED-Display schmückt die Vorderseite eines verglasten Metallgehäuses, dessen seitliche Kanten die Abrundung des Bildschirms fortführen, oben und unten dafür aber komplett abgeflacht sind. 163,3 x 77,9 x 8,9 Millimeter misst das Handy und ist mit 228 Gramm wahrlich kein Leichtgewicht mehr.

Ergonomisch ist Einhand-Eingabe weitestgehend zu vergessen. Man kann zwar noch gut um das Handy greifen, da es aufgrund des Bildschirmformats recht schmal ist. Was es in der Breite dafür einbüßt, gewinnt es aber an Höhe. Der Ein/Aus-Button ist gut zu erreichen, die Lautstärketasten verlangen aber etwas Fingerakrobatik, wenn man keine sehr großen Hände hat.

Die Rückseite ist matt und ziemlich unempfindlich gegenüber Fingerabdrücken und anderen Verschmutzungen dieser Art. Dennoch rutscht das Handy relativ leicht in der Hand, weswegen (und auch schon allein aufgrund des Kaufpreises) man die Investition in eine Schutzhülle nicht scheuen sollte. Bei der Gehäusegestaltung setzt Samsung auf einzeln herausstehende Kameraobjektive, die nicht mehr in einem abgegrenzten "Modul" zusammengefasst sind. Eine – subjektiv – ansprechende Gestaltung, die aber auch mehr Randbereiche bietet, an denen sich Schmutz ansammeln kann.

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Tolles Display

Dass Samsung wirklich gute Displays macht, beweist es mit dem S22 Ultra einmal mehr. In puncto Farbdarstellung und Helligkeit lässt der Bildschirm keine Wunsche offen. Seine nominelle maximale Helligkeit wird mit 1.750 nits angegeben. Die Auflösung liegt bei 3.088 x 1.440 Pixel (Format 19,3:9). Dazu gibt es Support für HDR+ und eine Bildwiederholrate von 120 Hertz, die in der Standardeinstellung dynamisch geregelt wird.

Wer die Laufzeit verlängern möchte, kann sie auch auf 60 Hz fixieren, was natürlich für etwas weniger weiche Darstellung von Animationen sorgt. Geschützt wird das Panel von Gorilla Glass Victus+. Ebenso muss man die maximale Auflösung nicht ausreizen. Voreingestellt ist ohnehin "Full HD+" mit 2.316 x 1.080 Pixel. Wer es ganz sparsam mag, kann auch auf "HD+" mit 1.544 x 720 schalten, was aber zu einem sehr pixeligen Erlebnis führt. Das Handy lässt sich auch über einen unter dem Display verbauten Fingerabdruckscanner entsperren, der im Test sehr zuverlässig und flott arbeitete.

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Flott unterwegs

Unter der Haube kommt beim Modell für den europäischen Markt Samsungs eigener Exynos-2200-Chip zum Einsatz, der bei der Ausgabe mit 128 GB Speicher mit 8 GB RAM und bei allen anderen Modellen mit 12 GB RAM zusammenarbeitet. Beim Testmodell handelt es sich um die Ausgabe mit 512/12 GB. In allen anderen Märkten wird das Handy mit Qualcomms neuem Smartphone-High-End-Produkt, dem Snapdragon 8 Gen 1, bestückt.

In synthetischen Benchmarks macht das einen Unterschied. Im 3D-Performance-Test mit 3D-Mark (Vulkan-Schnittstelle, Wildlife Extreme) reiht sich das S22 Ultra zwischen den Vorjahres-Tophandys mit Snapdragon 888 und frisch vorgestellten Geräten wie dem Xiaomi 12 und dem Oneplus 10 ein, die mit dem Snapdragon 8 Gen 1 laufen. In der Datenbank des CPU-Benchmarks Geekbench waren zum Testzeitpunkt von diesen noch keine Ergebnisse zu finden. Verglichen mit Tophandys von 2021 (Snapdragon 888) liegt der Exynos-Chip jedenfalls nur im einstelligen Prozentbereich vorne.

In kaum einem Nutzungsszenario sollte der Punktenachteil zum Snapdragon 8 Gen 1 aber praktisch zu spüren sein. Das S22 Ultra reagiert auf alle Eingaben pfeilschnell, öffnet Apps flott und lässt sich auch von grafisch anspruchsvollen Games nicht aus der Ruhe bringen. Diese sorgen bei längerem Betrieb zwar für spürbare Erwärmung, aber keine Leistungseinbußen in einem bemerkbaren Maße.

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Die kommunikationstechnische Grundausstattung kann sich auch sehen lassen. Das S22 Ultra unterstützt natürlich 5G und bringt darüber hinaus Wifi 6e (das "e "steht für "enhanced" und bezeichnet die Möglichkeit, mit 802.11ax neben 5 GHz auch Frequenzen im 6-GHz-Spektrum zu nutzen), Bluetooth 5.2 und NFC mit. Vertrieben wird das Handy in unseren Breitengraden als Dual-SIM-Variante, wobei entweder zwei physische Nano-SIM-Karten oder eine Nano-SIM und ein E-SIM-Tarif kombiniert werden können. Als Daten- und Ladeanschluss dient ein USB-C-Stecker (USB 3.2). Eine 3,5-mm-Audioklinke gibt es nicht.

Kamera

Herzstück ist aber ohnehin wieder einmal die Kamera. Zum Paket der Hauptkamera zählen ein Weitwinkelsensor mit 108 Megapixel nomineller Auflösung, eine 10-MP-Periskop-Telefotokamera mit zehnfachem Zoom, eine 10-MP-Telefotokamera mit dreifachem Zoom sowie ein Ultraweitwinkelsensor mit 12 MP. Mit Ausnahme von Letzterem bringen alle optische Bildstabilisierung mit.

Auf den ersten Blick und auf dem farbkräftigen Display des Handys sehen Fotos fast immer sehr gut aus. Bei näherem Hinsehen bietet sich aber sehr wohl Raum für Kritik. Die Ultraweitkamera leidet in seitlichen Randbereichen unter Schärfemangel und ist allgemein nicht sehr gut darin, Details aufzuzeichnen. Dazu kommen teils deutliche chromatische Aberrationen an Kanten.

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Weitwinkelaufnahmen fallen detailreicher aus, aber auch hier killt Samsungs Postprocessing nachträglich immer wieder feinere Strukturen ohne Not, und fallweise kommt es bei dünnen Motivteilen wie Stromleitungen zu Artefakten, die wohl einem zu aggressiven Nachschärfungseffekt zu verdanken sind. Setzt man die Hauptkamera für Makroaufnahmen ein, so funktioniert das grundsätzlich zwar, jedoch werden bereits minimal vom Motiv entfernte Bildbereiche weich gezeichnet. Dem kann man allerdings mit manuellen Einstellungen im "Pro-Modus" entgegenwirken.

Bei Aufnahmen mit der regulären Telekamera (3x-Zoom) funktioniert die Detailerhaltung besser. Fotos mit maximaler optischer Vergrößerung mittels der Periskopkamera merkt man zwar die Limitationen der kleinen Optik an, für ein Smartphone sind die Ergebnisse aber trotz kleiner Schärfemankos beeindruckend. Man muss Samsung weiters zugute halten, dass die Farbabstimmung unter den verschiedenen Kamerasensoren gut hingebracht wurde, es also nur selten zu kleineren Abweichungen bei der Aufnahme eines Motivs in verschiedenen Vergrößerungsstufen kommt.

Mit Gegenlicht und schlechteren Lichtbedingungen kann die Kamera grundsätzlich gut umgehen, hin und wieder liefert sie aber unerklärliche Aussetzer. Bei einer Aufnahme der belebten Mariahilfer Straße bei untergehender Sonne fiel zwar die Farbdarstellung sehr gelungen aus, aber manche Bildbereiche unterschiedlicher Entfernung wurden nur verschwommen erfasst.

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Stark ist die Kamera bei Nachtaufnahmen. Hier bleiben vergleichsweise viele Bilddetails erhalten. Einzig die Farbwiedergabe strauchelt manchmal etwas. So war zum Beispiel die im Straßen-Testfoto sichtbare Reflexion einer roten Ampel an einer Hausfassade deutlich weniger intensiv als auf dem Bild.

Gute Arbeit leistet die Selfie-Kamera (40 MP). Fotos mit ihr scheinen interessanterweise den höchsten Detailgrad zu liefern, was nicht nur dem geringeren Abstand zum Motiv, sondern auch anderen Postprocessing-Einstellungen zuzuschreiben sein dürfte.

Insgesamt zeigt der Kamera-Apparat des Galaxy S22 Ultra durchaus großes Potenzial. Die meisten erwähnten Probleme scheinen nicht der Hardware geschuldet, sondern der Kalibration der Software-Algorithmen, mit denen die Aufnahmen verarbeitet werden. Man darf dementsprechend hoffen, dass Samsung hier mit Updates nachbessert.

Wie üblich bringt die Kamera auch diverse Spielereien mit. Mit dabei sind etwa virtuelle Gesichtsbemalungen und Masken oder ein Vermessungstool, das Abstände auf eine Distanz von bis zu rund zwei Metern zentimetergenau errechnen kann. Unterstützt werden auch erweiterte Augmented-Reality-Funktionen in Spielen wie "Pokémon Go".

Software und Stift

Vorinstalliert ist Android 12 in Samsungs Ausführung One UI 4.1, die sich trotz einiger ästhetischer Änderungen an grundlegende Menülogiken von Googles Betriebssystem hält. Mit von der Partie ist auch wieder Dex, mit dem sich das Handy, wenn man es an einen Bildschirm anschließt, im Desktopmodus nutzen lässt. Mittels Clientsoftware für Windows oder Mac ist das auch auf einem Computer möglich. Das funktioniert ganz gut, wenn auch bei drahtloser Anbindung mit leichter Verzögerung. Die an sich gute Idee, mit der etwa die Verwaltung des Handys oder der Dateiaustausch erleichtert werden, leidet aber etwas darunter, dass selbst Samsungs vorinstallierte Apps nicht wirklich für diesen Modus optimiert wurden. Den Steuerkonzepten eines Touchscreens mit der Maus zu folgen ist bisweilen ein umständliches Erlebnis.

Foto: Screenshot

Nicht vergessen darf man natürlich den Stift. Das "S-Pen" genannte Eingabegerät ist in einem Slot im Handy verstaut und ermöglicht vor allem Bildbearbeitungs-, Zeichen- und Notizfunktionen. Zudem kann er mittels Gesten und seinem Knopf auch zur Steuerung von Audio- und Videowiedergabe genutzt werden, was in der Tat recht praktisch ist.

Die Notizfunktion dürfte wohl das Feature mit der größten Alltagsrelevanz sein. Hinterlegen lassen sich Beschriftungen auf Fotos, virtuelle "Blockzettel" und auch Text, der per Handschrifterkennung in Druckschrift umgewandelt wird. Das geht alles, nach etwas Eingewöhnung, leicht von der Hand. Der Stift gleitet über den Bildschirm zwar nicht wie über Papier, es gibt aber genug Reibung für recht präzise Eingaben.

Hier spielt Samsung seine langjährige Erfahrung mit der Technologie aus. Denn obwohl der Autor dieser Zeilen über eine – freundlich gesagt – "Sauklaue" verfügt, leistete sich die Erkennung nur sehr wenige Aussetzer.

Bixby

Das kann man von Bixby, Samsungs eigenem Sprachassistenten, nicht behaupten. Trotz auf Deutsch eingestellter Systemsprache war dieser auf englische Kommandos vorkonfiguriert. Darüber hinaus erledigt er vieles von dem, was etwa Googles Assistant auch beherrscht, nur tendenziell schlechter. Mit dabei ist eine Diktatfunktion, die standardmäßig auf Samsungs eigene Text-to-Speech-Engine eingestellt ist. Sie ist schon auf Englisch recht anfällig für Fehlerkennungen (oder ignoriert mitunter ganze Satzteile) und produziert auf Deutsch sogar noch mehr Unfälle.

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Sinnvoll, aber limitiert erscheinen "Bixby Actions" für Smart-Home-Equipment. Hier kann man etwa festlegen, dass bestimmte Geräte zu bestimmten Zeiten eingeschaltet werden oder dass sie bestimmte Einstellungen übernehmen. Der limitierende Faktor dahinter ist jedoch, dass das nur möglich ist, wenn diese mit Samsungs Smartthings-App integriert sind.

Aufgerufen wird Bixby via "Hey Bixby"-Sprachbefehl oder durch langes Drücken des Einschaltknopfes. Letzteres lässt sich aber auf ein Ausschaltmenü umstellen. Der Google Assistant ließ sich als App aus dem Play Store nachinstallieren und bei manuellem Aufruf verwenden. Für ihn die Sprachaktivierung einzuschalten war aber auch nach dem Deaktivieren selbiger für Bixby nicht möglich.

Immerhin, was Updates angeht, muss man sich bei Samsung keine Sorgen machen. Der in der Vergangenheit längst nicht immer zuverlässige Hersteller bietet mittlerweile den umfangreichsten Supportzeitraum der Android-Welt. Wenigstens vier Jahre lang Sicherheitsupdates lässt neueren Geräten angedeihen, ein Blick auf die "Security Scope"-Seite legt nahe, dass man zumindest in den ersten drei Jahren diese auf monatlicher Basis liefern dürfte. Bei der S22-Serie sind es sogar vier Android-Versionsupdates und fünf Jahre Sicherheitspatches.

Akustik und Akku

Zeit, einen Blick auf die Akkuleistung zu werfen. 5.000 mAh Kapazität bringt der Energiespeicher des S22 Ultra mit. In Full-HD+-Auflösung bei dynamischer Bildwiederholrate und intensiver Verwendung des Handys reicht das gut für einen Tag. Wer nur gelegentlich zum Handy greift und sich vielleicht auch mit bröseliger HD+-Auflösung zufriedengibt, dürfte auch zwei Tage Verwendung herauskitzeln können. Geht die Energie zur Neige, kann das Handy mit bis zu 45 Watt Leistung aufgeladen werden. Ein passendes Ladegerät muss aber nötigenfalls angeschafft werden, denn es ist nicht beigelegt. Wireless Charging ist mit bis zu 15 Watt möglich. Das Handy kann via kabellosem Reverse Charging auch andere Geräte mit maximal 4,5 Watt laden.

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Überzeugend ist das Handy in Sachen Akustik. Die Wiedergabe von Inhalten über die Stereolautsprecher klingt für Smartphone-Verhältnisse ordentlich. Und bis auf gelegentliche Undeutlichkeiten gibt es auch bei der Sprachqualität auf Empfängerseite keinen Mangel zu erwähnen. Man selbst wird vom Gegenüber auch klar und deutlich wahrgenommen, die Unterdrückung von Nebengeräuschen funktioniert tadellos. Gesondertes Lob verdient sich das Mikrofon des Telefons, das – abermals für seine Geräteklasse – sehr gute Aufnahmen ermöglicht.

Fazit

Das Galaxy S22 Ultra ist die im Grunde logische Zusammenführung der Stiftfunktion mit der Vorzeige-Smartphoneserie von Samsung. Denn die Note-Reihe hat sich abgesehen davon von ihr kaum noch abgehoben. Schade ist allerdings, dass der Stift ausschließlich dem teuersten Modell vorbehalten bleibt. Denn ein nützliches Werkzeug ist er allemal.

Dieses schlug sich im Test insgesamt sehr gut. Ausgerechnet bei der Kamera leistet man sich jedoch ein paar Schwächen im harten Wettkampf mit der Konkurrenz. Nicht zum ersten Mal ist es dabei Samsungs Foto-Postprocessing, das die Aufnahmen der an sich guten Kamerasensoren verschlimmbessert. Man darf hoffen, dass hier noch Besserungen erfolgen. Darüber hinaus ist es freilich auch eine Budget- und Bedarfsfrage, ob man sich vorwiegend für den S-Pen ein Handy um 1.200 Euro anschaffen möchte. (Georg Pichler, 21.2.2022)

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