Innenminister Gerhard Karner (ÖVP, rechts) berät mit EU-Amtskollegen, darunter Nancy Faeser (SPD).

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Seit der Flüchtlingskrise 2015 und 2016 geht die Zahl Geflüchteter innerhalb der Europäischen Union stetig zurück. Waren es 2016 noch 1,3 Millionen Menschen, die Asyl suchten, sind es 2020 – für das Jahr 2021 gibt es noch keine Zahlen – nur noch rund 472.000. Dennoch soll die Migrationspolitik innerhalb der EU verschärft werden. Gemeinsam gegen illegale Migration und Schlepperkriminalität vorgehen – das erklärt Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) zum Ziel einer Konferenz mit anderen EU-Ländern, die am Montag und Dienstag in Wien stattfindet.

Zugesagt haben Ministerinnen und Minister aus insgesamt 22 EU-Ländern bzw. deren Stellvertreterinnen und Staatssekretäre. Vor Ort war auch die deutsche Innenministerin Nancy Faeser (SPD), die vor Beginn des Treffens bilaterale Gespräche mit Karner führte. In einer gemeinsamen Stellungnahme bekannten sie sich zu einem "robusten Außengrenzschutz", so Karner. Dafür braucht es dem ÖVP-Minister zufolge schnellere Asylverfahren und "konsequentere Rückführungen". Zudem wolle man Schleppern "die Geschäftsgrundlage entziehen".

Migranten überwachen

Es bedürfe einer "gemeinschaftlichen europäischen Lösung", weshalb auch EU-Gesetze bezüglich Abschiebungen reformiert werden müssten, befand Faeser. Die EU-Rückführungsrichtlinie werde ein zentrales Thema beim EU-Innenministerrat nächste Woche sein, sagte sie. Deutschland unterstütze dabei die Vorschläge des französischen Präsidenten Emmanuel Macron.

Frankreich setzt sich unter anderem für eine umfassende Überwachung ein: Migranten sollen auch mit Fotos und biometrischen Daten erfasst und Datenbanken miteinander verknüpft werden.

Österreich unterstützt eine derartige Registrierung ebenfalls, lehnt aber den französischen Vorschlag ab, dass Länder, die im Rahmen einer Flüchtlingsverteilung innerhalb der EU keine Asylwerber aufnehmen wollen, zahlen müssen. Innenminister Karner sprach die Zahlungsfrage am Montag nicht direkt an, betonte aber, dass Österreich angesichts der hohen Asylwerberzahlen im eigenen Land an dem Verteilungssystem selbst "jetzt nicht teilnehmen" könne.

Asylanträge gestiegen

Innerhalb der EU gewährte man hierzulande, hochgerechnet auf 100.000 Einwohnerinnen und Einwohnern, im vergangenen Jahr am fünft öftesten asylsuchenden Menschen Schutz. Insgesamt ist die Zahl der Asylanträge im vergangenen Jahr gestiegen: So stellten nach Statistik des Innenministeriums rund 34.100 Personen 2021 einen Antrag, im Vorjahr 2020 waren es 15.000.

Es sei notwendig, die Kommunikation mit Drittstaaten zu stärken, sagte Karner, um Abschiebungen möglichst rasch zu ermöglichen.

Besonderes Augenmerk liege nun auf Gesprächen mit Ländern auf dem Westbalkan, um Abschiebungen rascher zu ermöglichen, sagte Karner. Diese sollen bei der Umsetzung unterstützt werden. Sogenannte Rückkehrpartnerschaften sollen diesen Austausch zwischen EU-Mitgliedstaaten und den Partnern auf dem Westbalkan fördern. Karner verweist auf eine entsprechende Zusammenarbeit Österreichs mit Bosnien und Herzegowina. So sind etwa bosnische Beamte bei Fortbildungen in Österreich und bei Rückführungscharterflügen dabei.

Grenzzäune begrüßt

Weiters müsse sichergestellt werden, dass Migranten innerhalb der EU möglichst rasch identifiziert werden, befand Karner. Auf Nachfrage eines Journalisten, ob die Außengrenzen eingezäunt werden sollten, sagte er, es bedürfe auch "harter Maßnahmen, sollte es notwendig sein", damit eine Kontrolle zwischen den Ländern bestehe. Auch Maßnahmen wie die Schleierfahndung seien nötig, bei der Personen verdachtsunabhängig von der Polizei kontrolliert werden.

Faeser kündigte bei der Pressekonferenz an, Grenzkontrollen zu Österreich vorerst weiterzuführen, wenngleich es sich weiterhin um eine "Ausnahmesituation" handle. Deutschland, Österreich und mehrere andere Länder führen seit der Flüchtlingskrise 2015 an manchen Übergängen an den eigentlich grenzkontrollfreien Schengen-Innengrenzen Kontrollen durch. Die EU-Kommission versucht seit Jahren, diese wieder abzuschaffen – bisher allerdings ohne Erfolg.

Im Zuge der Veranstaltung ist noch eine zweite Pressekonferenz am Dienstag geplant. Die Veranstaltung ist eine von mehreren, die in den vergangenen Wochen zu dem Thema stattfanden: So trafen sich die EU-Innenminister bereits vor wenigen Wochen in Lille in Frankreich. Im Jänner gab es zudem in Vilnius in Litauen ebenso eine Grenzschutz-Konferenz, die von der österreichischen Regierung mitorganisiert wurde. (muz, 21.2022)