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Rund 23 Millionen US-Amerikaner haben sich in den vergangenen beiden Jahren Haustiere angeschafft, um in den vielen Stunden im Homeoffice oder in diversen Lockdowns nicht alleine zu sein. Nun heben viele Firmen diese Regelung wieder auf und verlangen von ihren Mitarbeitern, zurück ins Büro zu kommen. Laut der amerikanischen Gesellschaft zur Verhütung von Tierquälerei (ASPCA) könnte das zu massiven Problemen mit Trennungsangst bei Haustieren führen.

Nicht nur deshalb haben viele Veterinärmediziner beschlossen, via Social Media zumindest in manchen Bereichen Aufklärungsarbeit zu betreiben und so Kontakt zu überforderten Tierbesitzern zu suchen.

Doktor Tiktok

Bei vielen Hundebesitzern ist das Phänomen der Trennungsangst bereits mehrfach aufgetreten, wie auch die "Mashable"-Redakteurin Cecily Mauran berichtet. Sie habe mit ihrem Mann während der Pandemie die zwölf Wochen alte Lola adoptiert, die aufgrund einer frühen Trennung von ihrer Mutter mit Bindungsproblemen zu kämpfen hatte. Aufgrund der vielen Zeit mit der Familie legten sich zunächst auftretende Verhaltensmuster, etwa das Zerkauen eines Teppichs oder das unkontrollierte Urinieren auf den Hausboden.

Als Mauran wieder mehr Zeit außerhalb des Hauses verbrachte, kamen diese Verhaltensmuster zurück – der Hund aß und trank auch nichts in ihrer Abwesenheit. In ihrer Verzweiflung wandte sich die Journalistin Tiktok zu und fand dort unzählige Beiträge zum Thema Trennungsangst.

Ob man die Tipps annimmt, muss jeder Tierbesitzer für sich entscheiden. Ohne Skepsis sollte man nicht alles von Social Media übernehmen.
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So nennt Mauran den Veterinärmediziner Adam Christman, der zum möglichst unaufgeregten Verlassen des Hauses rät. Je weniger Aufhebens man mache, desto besser für die Hunde, so Christman. Ähnliche Beiträge finden sich schnell, auch weil der Algorithmus der Plattform das neue Interesse schnell erkennt. Ein Ersatz für einen direkten Kontakt mit einem Hundetrainer oder einer Veterinärmedizinerin ist Tiktok natürlich nicht, sagt auch Christman.

Dennoch kann man sich auf diesem Weg schnell generelle Tipps holen und sehen, wie andere mit den selbst erlebten Problemen umgehen. Christman warnt allerdings vor vielen Falschmeldungen, die ebenfalls auf Tiktok zu finden sind. Wenn es sich tatsächlich um ärztliche Ratschläge handelt, solle man die Quelle immer doppelt überprüfen – etwa indem man prüft, ob der angebliche Arzt andere Kanäle bespielt, die seine Glaubwürdigkeit unterstreichen.

Volle Praxen

Den Weg auf Tiktok hat Christman deshalb gesucht, weil er von zahlreichen Kolleginnen hören musste, dass die Praxen mit allerlei Fragen zu diesem Thema voll seien. So fragte sich der leitende Angestellte der Organisation MJH Life Sciences, des größte privaten Medienunternehmens im US-Gesundheitswesen, wie man zumindest die ständig läutenden Telefone in den Praxen entlasten könnte. Deshalb startete er im Sommer 2020 seinen Tiktok-Kanal, wo er einfache Dinge des Alltags mit dem eigenen Haustier praxisnah erklärte. Nach rund 18 Millionen Likes und knapp 800.000 Followern hat sein Tun bewiesen, dass es Aufklärungsbedarf gibt.

Anders als viele Trainer und Mediziner, die ebenfalls Tiktok als Plattform entdeckt haben, sucht Christman auch täglich das Gespräch mit seinen Followern. Er beantwortet in Live-Chats Fragen und bestätigt, dass das Feedback, egal ob die Leute selbst fragen oder nur zuhören, immer sehr positiv sei. "Ich werde nicht müde zu hören, dass ich Leuten helfen konnte. Deshalb bin ich auf dieser Plattform."

Auch im deutschsprachigen Raum gibt es zahlreiche Kanäle, die in Sachen Haustiere aufklären wollen. Bei @Catinfo oder @katzentrainer findet man Tipps für die Anschaffung und Bespaßung von Katzen. @haeuptling.haengehoden hilft unter anderem bei der eingangs erwähnten Trennungsangst von Hunden. (red, 21.2.2022)