Anfang Februar hat die Europäische Kommission ihren Vorschlag vorgestellt, Atomenergie und Gas in die sogenannte Taxonomie-Verordnung aufzunehmen – was einer offiziellen Investitionsempfehlung in die Technologien gleichkäme.

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Spanien und Dänemark haben ihre Ablehnung der EU-Pläne zur Einstufung von Gas und Atomkraft als eingeschränkt nachhaltige Energiequellen erklärt. Sie seien sich einig, dass dieser Schritt eine "falsche Botschaft an Investoren und die gesamte Gesellschaft" senden würde, sagte Spaniens Regierungschef Pedro Sánchez am Montag nach Gesprächen mit seiner dänischen Kollegin Mette Frederiksen in Madrid. Nach der umstrittenen Einstufung legte Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) hingegen einen Kompromissvorschlag vor.

Die EU-Kommission hatte Anfang Februar ihren Vorschlag für eine Aufnahme von Atomenergie und Gas in die Taxonomieverordnung vorgestellt. Die Verordnung soll ein europäisches Gütesiegel für nachhaltige Finanzprodukte schaffen. Der Schritt käme also einer offiziellen Empfehlung für Investitionen in Atom- und Gasprojekte gleich.

Sánchez und Frederiksen seien der Ansicht, dass Entscheidungen über die Taxonomie "eine streng wissenschaftliche Grundlage" haben sollten, erklärte die spanische Regierung. Diese Position "wird von Österreich und Luxemburg geteilt". Österreich hatte mit einer Klage gegen die Pläne der EU-Kommission gedroht, Luxemburg schloss sich dem an. Auch die deutsche Bundesregierung hat sich gegen die Aufnahme der Atomkraft in die Taxonomie positioniert. Der Einstufung von Gas stimmt Berlin aber zu.

Brunner: EU macht sich lächerlich

Laut dem österreichischen Finanzminister Brunner brauche es einen Kompromiss, eine "grüne Taxonomie, in der Atomkraft und Gas nicht auftauchen, und eine Taxonomie für den Übergang, die auch Erdgas berücksichtigt", sagte Brunner der "Welt" in der Dienstagsausgabe. Nur so könne die Europäische Union ihre Glaubwürdigkeit bewahren. Atomkraft komme für Brunner keinesfalls infrage.

"Die EU macht sich sonst auf den internationalen Finanzmärkten, für die sie die Taxonomie schreibt, lächerlich", so der Finanzminister. Ein Besuch in London habe gezeigt, Investoren wollen eine "saubere Taxonomie" und "blütenrein grüne Produkte" ohne Atomkraft.

Ablehnung des Vorschlags unwahrscheinlich

Man stehe mit vielen anderen Ländern in Kontakt, mit seinem deutschen Amtskollegen Christian Lindner habe er ebenfalls gesprochen, sagte Brunner zu seinem Vorstoß. Beim informellen EU-Finanzministertreffen am Freitag und Samstag in Paris werde er das Thema ansprechen. "Uns ist klar, dass Erdgas selbstverständlich eine Rolle spielen wird als Brückentechnologie", räumte Brunner ein. "Aber auch Gas muss grüner und nachhaltiger werden."

Die EU-Kommission studiert derzeit noch die offiziellen Stellungnahmen der 27 Mitgliedsstaaten zu ihren Plänen, bevor die Verordnung offiziell verabschiedet wird. Der Text gilt dann vier Monate später als endgültig angenommen, sofern er nicht von einer einfachen Mehrheit im Europäischen Parlament oder einer qualifizierten Mehrheit von 20 EU-Staaten abgelehnt wird. Beides gilt als unwahrscheinlich. (APA, 22.2.2022)