Die Hängebirke (Betula pendula) saugt nicht nur Schwermetalle aus den oberen Erdschichten auf, sondern auch Mikroplastik.
Foto: imago/blickwinkel

Menschen beeinflussen die Erde in einem so umfassenden Ausmaß, dass in der Geologie und anderen wissenschaftlichen Disziplinen darüber diskutiert wird, ob man das Zeitalter des Anthropozän einführen sollte. Ein möglicher Marker, der den Einfluss auf die Umwelt detektierbar macht, ist Plastik: Winzige Teile des synthetischen Materials wurden bereits in den entlegensten Gebieten der Welt nachgewiesen. Dieses Mikroplastik gelangt unter anderem durch Müll, Klärschlamm und Kosmetikprodukte in die Umwelt, die Folgen sind noch nicht genau erforscht.

Allein der Abrieb von Reifen, der in Österreich insbesondere durch LKW-Verkehr verursacht wird, beläuft sich hierzulande jährlich auf 21.200 Tonnen an Mikroplastikpartikeln, wie zuletzt eine Studie der Boku Wien feststellte. Zum größten Teil landen diese (auch in anderen Ländern) nicht in den Meeren, sondern im Boden. Wie kann man sie dort wieder herausbekommen?

Plastik in Weizen und Bäumen

Eine Möglichkeit stellt offenbar das Anpflanzen von Birken dar, wie eine Studie des Geoforschungszentrums Potsdam (GFZ) und des Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) zeigt. Im Fachjournal "Science of The Total Environment" schreibt die Forschungsgruppe, dass es auch längerlebigen Pflanzen wie Bäumen möglich ist, Mikroplastik über ihre Wurzeln aufzunehmen und zu speichern. Zuvor lieferte ein chinesisches Team bereits Hinweise darauf, dass etwa Weizen ebenfalls Mikroplastik aufnehmen kann, was für die landwirtschaftliche Nutzung nicht irrelevant ist.

Der grafische Abstract der Studie zeigt, wie Partikel mit fluoreszierender Farbe markiert und in den Wurzeln des eingetopften Baumes nachgewiesen wurden.
Bild: Austen et al. 2022

Bei ihrer Analyse stützte sich die deutsche Forschungsgruppe nun auf die Hängebirke. Sie wird auch als Sandbirke und Weißbirke bezeichnet und kommt schon allein deshalb als Bodenreinigerin infrage, weil sie aus anderen Gründen bereits als ebensolche eingesetzt wird. Sie ist nämlich in der Lage, Schwermetalle und andere Schadstoffe aus der Industrie aufzunehmen und zu speichern. Mikroorganismen, die auf den Bäumen leben, können diese Stoffe in der Folge teilweise abbauen.

Fluoreszenz in den Wurzeln

Außerdem schlägt die Hängebirke ihre Wurzeln nah an der Oberfläche des Bodens, wo das meiste Mikroplastik im Boden vorkommt. Daher entschied sich das Team für dieses Studienobjekt. Zunächst markierte es Plastikkügelchen in der Größenordnung von fünf bis 50 Mikrometern mit einem fluoreszierenden Farbstoff, der mikroskopisch leicht erkennbar ist.

In Fluoreszenzaufnahmen sind die markierten Mikroplastikpartikel in den Wurzeln einer jungen Hängebirke (ein Jahr alt) zu erkennen.
Foto: Kat Austen

Die Kügelchen wurden der Erde der eingetopften Bäumchen zugesetzt. Nach fünf Monaten fand das Team das markierte Mikroplastik in unterschiedlichen Teilen der Wurzeln. Fünf bis 17 Prozent der Wurzelabschnitte hatten das Material aufgenommen, heißt es in der Forschungsarbeit.

"Diese Pilotstudie deutet darauf hin, dass die Birke ein echtes Potenzial für langfristige Lösungen zur Bodensanierung hat – einschließlich der Verringerung der Menge an Mikroplastik im Boden und möglicherweise im Wasser", sagt Kat Austen, die Hauptautorin der Arbeit, die sich als Künstlerin und Wissenschafterin am IGB und in ihrem Berliner Studio Austen mit Umweltthemen auseinandersetzt.

Plastik am Straßenrand und auf Feldern

Gleichzeitig ist es wichtig, die Forschung rund um die Speicherung von Plastikpartikeln in Pflanzen und ihre Folgen für diese Lebewesen voranzutreiben. "Die Aufnahmerate von Mikroplastik und die Auswirkungen auf die kurz- und langfristige Gesundheit der Bäume müssen noch untersucht werden", sagt Austen.

Am besten wäre es allerdings, gar nicht erst derartige Mengen an Plastik in der Umwelt zu verteilen. Pro Jahr werden weltweit mehr als 400 Millionen Tonnen Plastik produziert, ungefähr ein Drittel des Plastikmülls dürfte in den Böden und Binnengewässern landen. Besonders belastet sind Straßenränder aufgrund des Reifenabriebs, aber auch Feldböden: Mikroplastik, das in Klärschlamm landet, wird teilweise als Dünger verwendet und sorgt daher für relativ hohe Plastikkonzentrationen auf Feldern. (sic, 22.2.2022)