Das Skelett war für die Forschenden vor allem eines: überraschend groß.
Foto: Gregory Funston

Auf der Insel Skye, im Nordwesten Schottlands, wurde bereits 2017 ein beachtliches Fossil entdeckt und nun im National Museum of Scotland in Edinburgh der Öffentlichkeit enthüllt. Es handelt sich um einen noch nicht ausgewachsenen Flugsaurier, der vor etwa 170 Millionen Jahren im Jura-Zeitalter lebte. Er zählt zu den Pterosauriern, ist aber das bisher einzige bekannte Exemplar dieser Gattung, wie das Forschungsteam im Fachjournal "Current Biology" berichtet.

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So könnte der Flugsaurier zu Lebzeiten ausgesehen haben.
Bild: Natalia Jagielska / Reuters

Das etwa albatrosgroße Tier erhält den gälisch geprägten wissenschaftlichen Namen Dearc sgiathanach – ausgesprochen wird es etwa "Jark ski-an-ack", wie auch im Videobericht deutlich wird. Er bedeutet so viel wie "Reptil von (der Isle of) Skye" oder "geflügeltes Reptil". Studienautorin Natalia Jagielska von der Universität Edinburgh bezeichnet das Skelett als "Jahrhundertfund" für Großbritannien.

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Aus dieser Zeit wurden bisher lediglich kleinere vollständige Pterosaurier-Fossilien gefunden, man vermutete eine maximale Spannweite von 1,8 Metern. Erst aus dem Kreidezeitalter (vor 145 bis 66 Millionen Jahren) waren größere Exemplare bekannt, die der Museumsmitteilung zufolge Kampfjetgrößen erreichten. Der aktuelle Fund des Skeletts aus der Juraepoche hingegen ist bereits relativ groß – und gehörte noch dazu zu einem nicht ausgewachsenen Tier, das erwachsen wohl eine Flügelspannweite von mehr als 2,5 Metern gehabt hätte. Der Fund schließe damit eine Lücke in der evolutionsgeschichtlichen Entwicklung, sagt Jagielska.

Die Klauen des Flugsauriers.
Foto: Gregory Funston

Strenggenommen kein Dinosaurier

Pterosaurier zählen zu den größten flugfähigen Tieren, die jemals auf der Erde lebten – und zu den ersten Wirbeltieren, die diese Fähigkeit erlangten. Wer genau sein will, sollte wissen: Sie gelten nicht als Dinosaurier, sind aber eng mit dieser Tiergruppe verwandt, wie der Paläontologe Gregory Funston, der ebenfalls an der Studie beteiligt war, in einem Blogbeitrag mit dem Titel "Pterror of the Skyes" darlegt. Zu seiner Zeit dürfte er auf Grundlage des aktuellen Wissens sogar das größte Tier gewesen sein, das bis dahin die Lüfte eroberte.

Am Schädel des Sauriers sind spitze Zähne zu erkennen.
Foto: Gregory Funston

Praktisch für die Forschenden ist, dass von D. sgiathanach sowohl der Schädel beinahe vollständig erhalten ist als auch ein Großteil des Körpers. Und im Gegensatz zu stark "plattgedrückten" Versteinerungen ist seine Dreidimensionalität gut erkennbar. Er hatte einen langen Schwanz sowie einen langgestreckten Kopf, der mit beachtlichen Zähnen ausgestattet ist.

Er ernährte sich wahrscheinlich vor allem von Fischen und Meeresfrüchten aus dem warmen Meerwasser – das damalige Klima Schottlands ist mit den heutigen Kanarischen Inseln vergleichbar, sagt Jagielska. Während im Wasser Ichthyosaurier umherschwammen, wurde das Land von plattenbepanzerten Stegosauriern, langhälsigen Sauropoden und fleischfressenden Sauriern bevölkert, die dem Tyrannosaurus Rex nicht unähnlich waren – "nur viel kleiner", sagt die Forscherin.

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Der Flugsaurier lebte zu einer Zeit, als kleine, T.-Rex-artige Saurier über die Erde zogen.
Bild: Natalia Jagielska / Reuters

Kampf gegen die Gezeiten

Auch die Fundgeschichte war bemerkenswert: Bei einer Exkursion auf die Insel bemerkte die Studentin Amelia Penny an der Küste, dass ein merkwürdiges Teil aus einem Stein ragte. Es handelte sich dabei um die Kieferknochen des Sauriers. Wäre sie nicht bei Ebbe vorbeigekommen, hätte sie das Fossil gar nicht sehen können.

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Stück für Stück gelang es, die Steine, die das Skelett beherbergten, zu bergen.
Foto: Shasta Marrero / Reuters

Erst als der Knochen mit diamantbestückten Sägeblättern aus dem Stein geschnitten wurde, stellten die Forschenden fest, dass neben dem Schädel auch noch das Skelett des Tieres erhalten war, schildert der Paläontologe Steve Brusatte den Fund: "Wir mussten die Gezeiten bekämpfen, um heranzukommen, und hätten das Fossil sogar fast verloren." Denn noch vor der Bergung kam die Flut, und für mehrere Stunden musste das Team hoffen, dass das Skelett an Ort und Stelle blieb. "Gegen Mitternacht konnten wir zurückkehren und es mitnehmen – zum Glück war es noch da." (Julia Sica, 22.2.2022)