In "The Father" spielt Anthony Hopkins einen Mann, dessen Realität aufgrund fortschreitender Demenz immer mehr aus den Fugen gerät.

Foto: The Father

Demenz, der schleichende Verfall unserer kognitiven Fähigkeiten, ist ein heikles Thema, über das nicht allzu gern oder oft geredet wird. Und das, obwohl viele Menschen entweder selbst von einer Demenzerkrankung – vorwiegend Alzheimer – betroffen sind oder eine Betroffene bzw. einen Betroffenen im Verwandtenkreis haben.

Laut Bericht des österreichischen Sozialministeriums sind (Stand: 2014) hierzulande 115.000 bis 130.000 Personen von einer Form von Demenz betroffen. Die Zahl dürfte sich aufgrund des steigenden Altersschnitts der Bevölkerung bis 2050 verdoppeln. Der mediale Umgang damit ist freilich schwierig. Wie er gelingen kann, zeigt etwa der Film "The Father" (2021), der auf spannende Art und Weise die Perspektive eines alten Mannes einnimmt, dessen Alltag um ihn herum für ihn zunehmend unübersichtlich wird.

Mom Of My Mom

Auch auf sozialen Netzwerken taucht das Thema auf, aber längst nicht immer in Form eines sensiblen Umgangs, wie Heise berichtet. Unter dem Hashtag #Dementia finden sich mittlerweile zahllose Videos. Einige Clips zeigen emotionale Ausbrüche Demenzkranker ohne Kontext oder Erklärung, Nutzer, die sie nachahmen, oder gar provozierte Eskalationen zum fragwürdigen Gaudium des Publikums und – mit entsprechender Betitelung – für viele Klicks.

Mutter und Tochter

Anders ist da etwa der Kanal "Mom of my Mom" von Jacquelyn Revere. Sie gibt dort seit rund zwei Jahren immer wieder Einblick in das Leben mit ihrer Mutter Lynn, die von ihr gepflegt wird. Damals war diese bereits diagnostiziert, aber noch in guter Verfassung und hatte ihr Einverständnis zur Mitwirkung an den Clips gegeben.

Über die Zeit dokumentieren die kurzen Videos auch, wie sich Lynns Wahrnehmung der Welt ändert. Sensible Momente werden nicht abgelichtet, stattdessen fokussiert ihre Tochter auch auf positive Erfahrungen und erzählt über Strategien im Umgang mit einer demenzkranken Mutter und von den Herausforderungen, die sich daraus ergeben. So schildert sie etwa, wie sie ihrer Mutter mit "Puppentherapie" eine Freude machen kann und sie damit aktiv halten kann oder wie sie das Problem mit überall versteckten Küchenrollenblättern mit einer Halterung an der Innenseite einer Schranktür löste.

Heikle Fragen

Die Fragen des Einverständnisses bleiben natürlich heikel. Zu klären wäre etwa, ob ein zu früheren Zeiten gegebenes Einverständnis nach geltender Rechtslage auch dann noch als aufrecht angenommen werden kann, wenn die Person ihre Fähigkeit, Zustimmung oder Ablehnung zu artikulieren, verloren hat. Hinzu gesellen sich hierzulande auch Aspekte des Persönlichkeitsschutzes und das Recht am eigenen Bild. Der entscheidungsbefugte Vertreter der demenzkranken Person kann – stark vereinfacht erklärt – einen Unterlassungsanspruch stellen, wenn er davon ausgeht, dass der Persönlichkeitsschutz nicht gewahrt wird oder das Einverständnis nicht mehr gegeben ist. Im Streitfall, etwa zwischen Angehörigen, müsste ein Gericht entscheiden.

Ob die Rechtslage solchen Situationen angemessen ist und betroffenen Personen hier höherer Schutz zugestanden werden sollte, wird aber diskutiert. Vertreter von Organisationen wie der Dementia Alliance International sind gegen das Teilen von Aufnahmen von schwer dementen Menschen, die keine klare Zustimmung mehr erteilen können. (gpi, 24.2.2022)