Wilson bedient einen großen Teil des Tennismarkts. Kleinen Händlern wurde der Vertrag in Österreich gekündigt.

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Wien – In Österreichs Bundeswettbewerbsbehörde wächst das Interesse an Sport, konkret an Tennis. Es geht dabei um künftige Gewinner und Verlierer, vor allem jedoch um faire Regeln. Denn diese sind aus Sicht zahlreicher Mitspieler zusehends in Gefahr.

Im Visier der Kartellwächter ist der Markt rund um Bälle und Rackets. Es sind weniger als eine Handvoll internationale Marken, die das Geschäft dominieren. Den Handel an Ort und Stelle wickeln kleine Fachhändler ab, die sich teils auch online stark engagieren.

Mittlerweile gibt in der Branche jedoch ein einzelner Konzern das Tempo vor. Und dieser ist den Familienbetrieben an Kapitalkraft weit überlegen. Der Investor René Benko baut sich im Sporthandel ein weltweites Milliardenimperium auf. Unter dem Dach der Signa Sports übt sich der Tiroler auch im Tennis.

Exklusive Vereinbarungen

Knapp ein Fünftel der Sportumsätze seiner Gruppe ließ sich zuletzt dem Händler Tennis-Point mit Sitz in Herzebrock in Deutschland zuschreiben. Im Vorjahr ergänzte Signa die Sparte um den US-Onlineanbieter Tennis Express. Als wesentlicher Treiber für die Expansion in der Branche gelten exklusive Liefervereinbarungen mit der Sportindustrie.

Kleinere Händler sehen sich in Österreich dadurch gezielt aus dem Markt gedrängt. Einer unter ihnen ist Friedrich Steinhauser, der den Betrieb Tennislife führt. Sein erster Versuch, auf Missstände hinzuweisen, scheiterte aus Mangel an Beweisen. Nächste Woche wird der Tullner Unternehmer eine neuerliche Beschwerde mit zusätzlichen Tatbeständen bei der Behörde einbringen, erzählt er dem STANDARD auf Anfrage. "Ich will beweisen, dass Tennis-Point seine Marktmacht zulasten anderer Händler ausspielt."

Die Händlerin Stefanie Mayer, die unter der Marke "Tennis 96" Rackets und Bälle verkauft, schließt sich der Beschwerde an. Über die beiden hinaus wandten sich in der Causa weitere Händler an die Kartellwächter.

Angst vor einem Monopol

Man habe Untersuchungen eingeleitet, bestätigt ein Sprecher der Behörde. Derzeit würden Informationen gesammelt. Ob es zu Ermittlungen komme, sei noch offen.

Steinhauser wie Mayer warnen offen vor einem Monopol am Tennismarkt. Signa sei in Österreich drauf und dran, mit wenigen Marken den gesamten Markt zu dominieren.

Steinhauser hatte wie berichtet ein Übernahmeangebot durch Tennis-Point abgelehnt. Wenig später kündigte ihm Amer Sports den Vertrag für die Marke Wilson, wodurch er die Hälfte des Umsatzes verlor. Wer den US-Open-Ball wolle, sei auf Tennis-Point angewiesen.

Auch Dunlop beliefert ihn nicht mehr. Die Bälle des Labels zählen zu den meistverkauften in Österreich. Auch diese ließen sich nur noch über Tennis-Point beziehen, sagt Steinhauser. Bei Rackets könnten sich Händler wie er nur noch mit Randgrößen zufriedengeben.

Erst jüngst flatterte Fachhändlern ein neuer Vertrag der Industrie ins Haus, der ab 2023 gilt. Wilson verpflichte Händler darin zu einer Vororder mit jährlichem Mindestbestellwert, sagt Steinhauser. Viele kleinere Betriebe seien aber nicht in der Lage, mehr als bisher einzukaufen und umzusetzen.

Tennisverband wirft Signa Bälle zu

Rückenwind durch Österreichs Tennisverband (ÖTV) spüren Fachhändler keinen. Der Dachverband ließ den exklusiven Vertrag mit Tennis-Point zwar im Vorjahr auslaufen und versprach, sich in Zukunft vermehrt anderen Händlern zu öffnen. Zahlreiche Landesverbände arbeiteten jedoch nach wie vor eng mit der deutschen Signa-Sports-Tochter zusammen, zieht Steinhauser Bilanz. Sie legten ihren Mitgliedern nahe, sich über Tennis-Point mit entsprechender Ausstattung einzudecken.

Signa selbst, die ihre Sportumsätze jährlich um 25 Prozent ausbauen will, war vorerst für keine Stellungnahme zu den Untersuchungen der Wettbewerbshüter erreichbar.

Geschäfte rund um Tennis erleben derweil Aufschwung. Stars wie Dominic Thiem inspirieren Österreichs Nachwuchs. In der Pandemie erwies sich der Sport als dankbare Freizeitbeschäftigung, da er reichlich Abstand erlaubt. Warmes Wetter lockte Spieler bereits früh im Jahr auf Plätze im Freien. Einzelne Betreiber sprechen von einem Drittel mehr Auslastung als in den Jahren zuvor. (Verena Kainrath, 24.2.2022)