Für Dinosaurier und Flugsaurier bedeutete der Asteroideneinschlag das Ende, während andere Arten überlebten.

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Das damalige Epizentrum des Infernos liegt heute auf der Halbinsel Yucatán in Mexiko. Dort schlug vor 66 Millionen Jahren ein über zehn Kilometer großer Asteroid mit der Explosionskraft von ein paar Hundert Millionen Hiroshima-Bomben ein. Weil der nächstgelegene Ort Chicxulub Pueblo heißt, wurde der Krater, der rund 180 Kilometer Durchmesser hat, Chicxulub getauft.

Dieses Ereignis, das die Kreide-Paläogen-Epochengrenze (früher: Kreide-Tertiär-Grenze) markiert, zählt zu einem der bedeutendsten der Erdgeschichte und ist entsprechend gut erforscht: Wie die Wissenschaft heute weiß, hatte der Asteroideneinschlag das drittgrößte Artensterben in der Erdgeschichte zur Folge. Dank Bohrkernanalysen ist auch bekannt, dass der umliegende Ozean verdampfte, Gesteinsmassen schmolzen, sich riesige Tsunamis bildeten und immense Staubmengen in die Luft geschleudert wurden.

Bereits 24 Stunden nach dem fatalen Einschlag hatte sich eine 130 Meter dicke Schicht aus Staub, Erde und Holzkohle an den Rändern des Kraters aufgetürmt.

Aufschlussreicher Fundort

Seit kurzem weiß man nun auch, dass der Dinokiller im Frühjahr eingeschlagen haben muss – was 66 Millionen Jahre später eine ziemlich erstaunliche Detailerkenntnis ist. Dass diese jahreszeitliche Eingrenzung möglich wurde, liegt an einer Fundstelle namens Tanis im heutigen US-Bundesstaat North Dakota an der Grenze zu Kanada.

Gut 3.500 Kilometer nördlich des Asteroideneinschlags deponierte dort eine Stunde danach ein Tsunami all das, was sich ihm in den Weg gestellt hatte. In dem gewaltigen versteinerten Haufen finden sich Sedimente, Bäume und Tierkadaver, die vor 66 Millionen Jahren lebendig begraben wurden. Für die Paläontologie ist Tanis eine echte Fundgrube und lieferte seit 2019 (in einem Artikel im Fachblatt "PNAS") das Material für zahlreiche wissenschaftliche Publikationen.

Versteinerte Fischknochen

Eine davon erschien im Dezember des Vorjahrs und stammt von einem Team um Tanis-Mitentdecker Robert DePalma (Florida Atlantic University). Die Forschenden kamen im Fachjournal "Scientific Reports" unter anderem aufgrund der Analyse von versteinerten Fischknochen und Insekten zum Schluss, dass der Asteroid wohl im späten Frühjahr oder Sommer niedergegangen sein muss. (Der STANDARD berichtete.)

Forschende um Melanie During (Universität Uppsala) haben diese Analysen im Wissenschaftsjournal "Nature" nun verfeinert und bestätigt. During nahm mit ihrem Team ebenfalls die versteinerten Knochen von Fischen unter die Lupe und analysierte sie unter anderem an der European Synchrotron Radiation Facility in Grenoble.

ESRFsynchrotron

Neben den versteinerten Knochen, deren Wachstumsringe auf einen Einschlag im Frühjahr hindeuten, untersuchte Durings Team auch die stabilen Kohlenstoffisotope eines Fisches, um auf diese Weise auf seinen Ernährungsstatus zu schließen. Dieses Signal deutete laut den Untersuchungen darauf hin, dass die Futtersaison noch nicht ihren Höhepunkt erreicht hatte. "Der Tod kam im Frühling", resümiert die Forscherin. Oder wie es im Titel des Fachaufsatzes heißt: "Das Mesozoikum endete im borealen Frühjahr".

Ungleiches Artensterben

Warum das von Belang ist? Ganz einfach: Es könnte zur Erklärung beitragen, warum das damalige Artensterben so ungleich war. Dinoaurier (mit Ausnahme der Archosaurier, zu denen die Vögel und Krododile zählen), Flugsaurier und die meisten Meeresreptilien starben aus, während neben Vögeln und Krokodilen etwa auch Schildkröten und Säugetiere überlebten. Das könnte damit zu tun haben, dass diese Arten wegen der Brutzeit und Brutdauer vom Einschlag im Frühjahr unterschiedlich stark betroffen waren.

Faktum ist, dass mit dem Impakt im Frühling die weitere Entwicklung der Säugetiere erleichtert wurde. Und das half letztlich entscheidend dabei, dass die Gattung Homo rund 64 Millionen Jahre später ihren Siegeszug antreten konnte. (Klaus Taschwer, 24.2.2022)