Wien/Kiew/Moskau – Trotz Einmarschs in die Ukraine liefert Russland derzeit Gas nach Österreich. Das teilte Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) nach einem Treffen mit Experten und Expertinnen der E-Control, der Energieagentur sowie des Ministeriums mit. Aber selbst wenn es keine Gaslieferungen mehr gäbe, würden die Gasvorräte ohne staatliche Eingriffe im Land bei einem durchschnittlichen Winter bis Ende April, bei einem sehr kalten Winter bis Ende März reichen, versicherte Gewessler.
Lage wird beobachtet
Russland habe angekündigt, die Gaslieferungen über die Ukraine fortzusetzen. "Ob diese Angaben verlässlich sind, lässt sich zum aktuellen Zeitpunkt nicht beantworten", heißt es in einer Stellungnahme Gewesslers. Sollte es mit der Versorgung eng werden, könnten über die im Energielenkungsgesetz vorgesehenen Mechanismen auch staatliche Eingriffe zur Sicherstellung der Versorgung der österreichischen Haushalte eingeleitet werden. In Summe "ist die Versorgung der Haushalte vorrangig, sie ist aus heutiger Sicht jedenfalls gesichert. Auch über den Winter hinaus", so die Ministerin.
Klimaschutzministerium, E-Control und Energieagentur stünden mit zwei täglichen Updates zwischen allen Beteiligten im Austausch. "Die Lage wird genau beobachtet", heißt es in der Mitteilung. Gewessler sei auch "mit den Partnern auf EU-Ebene und auf internationaler Ebene in engem Austausch, um eine langfristige Gasversorgung zu ermöglichen".
Frage der Vorräte
Die Gasspeicher in Österreich sind aktuell nur zu 18 Prozent gefüllt. Das ist der niedrigste Stand in der EU. Allerdings gibt es hierzulande relativ hohe Speicherkapazitäten. Gewessler will nun bis zum Sommer ein Gasbevorratungsgesetz und ein Erneuerbaren-Wärmegesetz auf den Weg bringen. Das Bevorratungsgesetz müsse sicherstellen, dass es eine höhere Gasbevorratung in Österreich gebe, sagte die Energieministerin am Donnerstagabend in der "ZiB 2" des ORF.
Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) hatte sich am Mittwoch für den Beschluss eines Bevorratungsgesetzes für Gas nach dem Modell einer entsprechenden Vorschrift für Erdöl ausgesprochen. Das Erneuerbaren-Wärmegesetz werde etwa Gasheizungen in Neubauten verbieten oder den Austausch von Gasthermen fördern, so Gewessler.
Das in Österreich verbrauchte Gas kommt zu 80 Prozent aus Russland. Um kurzfristig "die Situation zu entspannen", will die Energieministerin auf Flüssiggas und andere Gaslieferländer setzen. Kritik übte Gewessler an der Energiepolitik der vergangenen Regierungen. Man habe in den letzten zehn bis 15 Jahren zu wenig getan, um die Abhängigkeit von russischen Gaslieferungen zu reduzieren. (APA, 25.2.2022)