RT, ehemals Russia Today, gilt als Propagandainstrument des Kreml.

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Die Einleitung zum Liveticker auf RT Deutschland könnte eine Pressemitteilung des Kreml sein: "Als Reaktion auf die Angriffe von ukrainischer Seite auf die Volksrepubliken im Donbass hat der russische Präsident Wladimir Putin eine Militäraktion angeordnet." Von einem Krieg ist nicht die Rede, sondern von einer "Operation", die vor allem "militärische Ziele" in der Ukraine betreffe. Die inhaltliche Stoßrichtung ist klar: Russland hatte keine andere Wahl, als in der Ukraine einzumarschieren.

RT wurde 2005 gegründet, hieß bis 2009 Russia Today und ist vor allem eines: Wladimir Putins Propagandamaschine. Der Sender soll gute Stimmung für Russland im Ausland machen und die "russische Sichtweise" transportieren. Dass sie der westlichen oft diametral gegenübersteht, ist klar – oder, wie es RT Deutschland formuliert: "In hiesigen Live-Schalten und Kolumnen fällt immer öfter der Satz, Russland sei unberechenbar und aggressiv. Dies zeugt davon, dass man Russland nicht verstanden hat oder nicht verstehen will."

Russische Propaganda in 100 Ländern

RT hat mehrere fremdsprachige Sender im Portfolio und sendet etwa auf Arabisch, Englisch, Französisch, Spanisch und Deutsch. Laut eigenen Angaben ist RT in mehr als 100 Ländern auf fünf Kontinenten verfügbar. Das ist nicht billig. Der Kreml lässt sich sein Sprachrohr auch einiges kosten. Laut dem Thinktank Institute for Strategic Dialogue (ISD) soll Russland allein im vergangenen Jahr 1,2 Milliarden Euro in die Verbreitung seines Programms gepumpt haben.

Das RT-Netzwerk umfasst rund 2.000 Mitarbeiter. In den kommenden Jahren sollen weitere 2,5 Milliarden Euro investiert werden. Als zentrale Drehscheibe neben RT fungiert die Nachrichtenagentur Ruptly mit Sitz in Berlin und weltweit 25 Büros.

Österreich-Pläne

Ein kleiner Teil davon könnte auch nach Österreich fließen, denn RT will nach Österreich expandieren und von hier aus den deutschsprachigen Raum abdecken – der STANDARD berichtete. Ideologisch könnte Österreich ein fruchtbarerer Boden für RT sein. Die Schnittmenge mit den Zuseherinnen und Lesern rechter und rechtsextremer Medien sowie Corona-Verharmloserinnen und -Leugnern ist groß, und mit der FPÖ existiert eine Partei, die noch kürzlich ein Kooperationsabkommen mit Putin hatte. Und so treten bei RT Deutschland auch "Experten" wie der ehemalige BZÖ-Politiker Gerald Grosz auf.

Die Österreich-Pläne könnten mit dem Aus in Deutschland zusammenhängen. Die deutsche Medienregulierungsbehörde verweigerte RT kürzlich die Zulassung als TV-Programm und untersagte die Verbreitung von RT DE in Deutschland. Der Grund: Es sei keine Zulassung beantragt worden. Die Inhalte werden jetzt über die Webseite und soziale Medien unters Volk gebracht. Die russische Vergeltungsmaßnahme ließ nicht lange auf sich warten: So wurde dem deutschen Auslandssender Deutsche Welle ein Sendeverbot erteilt.

RT UK im Netz von Magenta und A1

In Österreich ist RT längst zu sehen, denn die englische Variante des Senders ist etwa in den Kabelnetzwerken von Magenta und A1 empfangbar. Auf STANDARD-Anfrage, ob das so bleibt, sagt ein Magenta-Pressesprecher am Freitag: "Dieser Sender hat eine europäische Zulassung einer Medienbehörde. Grundsätzlich ist Magenta TV eine neutrale Plattform und hält sich dabei an alle gesetzlichen Regelungen." Man habe eine vertragliche Vereinbarung: "Solange der jeweilige Sender seine gesetzlichen Verpflichtungen erfüllt und zum Beispiel seine Zulassung nicht entzogen wird, was ja bei der deutschen Version des Senders kürzlich erfolgt ist, sind wir an unsere privatrechtliche Vereinbarung gebunden." Update am 27.2.2022: Am Sonntag teilte Magenta Telekom mit, RT aus dem Programm nehmen. Medienministerin Susanne Raab (ÖVP) begrüßte die Entscheidung. "RT verbreitet russische Kriegspropaganda in Europa und auch in Österreich", sagte sie.

Bei A1 heißt es: "A1 bewertet die Inhalte der ausgestrahlten TV Sender nicht. Alle TV-Sender, die in Österreich nach rechtlichen Standpunkten legal sind und deren Rechtelage geklärt ist, können eine Verbreitung über A1 anstreben. Wir analysieren derzeit die rechtliche und vertragliche Situation."

Polen verbietet, England prüft

Die polnischen Behörden haben am Donnerstag die Ausstrahlung einer Reihe russischer TV-Sender, darunter Rossija 24 und RT, verboten, darüber informierte RT Deutschland. An den Kragen gehen könnte es bald auch RT in England. Die britische Kulturministerin Nadine Dorries hat die Medienregulierungsbehörde Ofcom angewiesen, die Sendeinhalte von RT zu überprüfen. RT sei an der "globalen Desinformationskampagne des Kreml beteiligt".

Europäischer Journalistinnenverband fordert Verbot

  • Update am 26.2.2022: Der europäische Journalistinnenverband AEJ fordert nun das EU-weite Verbot der Ausstrahlung des Programms von "Russia Today". Auf diesem TV-Sender würden auch "Lügen und Fakenews verbreitet". Österreichs Ex-Außenministerin Karin Kneissl habe auf RT "noch am Donnerstag die Invasion der Ukraine verharmlost".

Covid-19-Verschwörungserzähler

RT wird im Westen als Propagandainstrument des Kreml gesehen. Zentraler Vorwurf: Der Sender verbreite im Auftrag des russischen Staates Verschwörungstheorien und Desinformation mit dem Ziel der Destabilisierung. Laut einer Studie ist RT Deutschland auch Sprachrohr für Covid-19-Verschwörungserzähler – der STANDARD berichtete. Youtube sperrte bereits im September 2021 den deutschen Ableger von RT. Mit 4,6 Millionen Abonnenten zählt der internationale RT-Kanal zu den größten Medienunternehmen auf Youtube. (Oliver Mark, 25.2.2022, Updates am 26. und 27.2.2002)