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Aus der Ukraine Geflohene kommen am Freitag am Bahnhof Przemyśl in Polen an.

Foto: AP/Petr David Josek

Die Vereinten Nationen stellen sich auf bis zu vier Millionen Flüchtlinge aus der Ukraine ein, sollte sich die Situation weiter verschlechtern. Schon jetzt seien Tausende über die Grenzen in Nachbarländer wie Polen, Moldau, die Slowakei und auch Russland geströmt, sagte eine Sprecherin des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR am Freitag in Genf. Das UNHCR stehe zur Unterstützung bereit. Die Ukraine hat annähernd 42 Millionen Einwohner.

Das UN-Kinderhilfswerk Unicef verstärkt zudem seine Präsenz in den Nachbarländern Moldau, Rumänen und Polen sowie in Ungarn und Slowenien. Entlang von Fluchtrouten sollen Zufluchtsorte für Frauen und Kinder eingerichtet werden. In Rumänien stünden Konvois bereit, um Material für zehntausende Menschen in die Ukraine zu bringen, so ein Experte.

Bereits 100.000 Flüchtlinge noch in der Ukraine

Rumänien hat am ersten Tag der russischen Invasion der Ukraine fast 11.000 Flüchtlinge aus dem Nachbarland gezählt. Etwa 3.660 davon seien am Donnerstag auf ihrem Weg nach Bulgarien und Ungarn durch Rumänien gekommen, sagt Innenminister Lucian Bode. Rund 7.000 befänden sich im Land. Der UN-Flüchtlingshilfe zufolge sind innerhalb der Ukraine derzeit mindestens 100.000 Menschen auf der Flucht.

Polen hat eine mehr als 500 Kilometer lange Grenze zur Ukraine und kündigte an, Erstaufnahmezentren für ukrainische Flüchtlinge einzurichten. Die geplanten Unterkünfte sollen nach Angaben des Innenministeriums in Warschau an den wichtigsten Grenzübergängen beider Länder entstehen. Polen werde "so viele, wie an unseren Grenzen sein werden", aufnehmen, sagte der polnische Innenminister Mariusz Kamiński.

Die allgemeine Stimmung in Polen sei solidarisch, sagte die Politologin Marta Kozłowska von der Technischen Universität Dresden der Nachrichtenagentur AFP. Das Motto vieler Menschen sei: "Egal wie viele Flüchtlinge es sind, wir müssen ihnen in dieser Kriegssituation helfen."

Russland hat nach Angaben von Außenminister Sergej Lawrow mehr als 110.000 Flüchtlinge aus den nun von Moskau anerkannten "Volksrepubliken" in der Ostukraine aufgenommen. Russland habe humanitäre Hilfe bereit gestellt für Menschen, die "gezwungen waren, wegen des andauernden Beschusses durch die Streitkräfte der Ukraine vorübergehend aus den Gebieten Donezk und Luhansk überzusiedeln", sagte Lawrow am Freitag in Moskau der Agentur Interfax zufolge. Gegen großen internationalen Protest hatte der russische Präsident Wladimir Putin am Montag die selbst ernannten Volksrepubliken als souveräne Länder anerkannt.

25 zivile Todesopfer

Das UN-Menschenrechtsbüro bekam nach eigenen Angaben Berichte über 25 getötete und 102 verletzte Zivilistinnen und Zivilisten. Die überwiegende Mehrheit der Fälle sei aus Gebieten gemeldet worden, die von der ukrainischen Regierung kontrolliert werden, sagte eine Sprecherin. Sie geht davon aus, dass die wahren Zahlen deutlich höher liegen. In vielen Fällen sei es schwierig, Angaben zu prüfen. Es gebe einen "Informationskrieg" mit Behauptungen über Angriffe, die sich beim näheren Hinsehen als falsch herausstellten.

Notfallpläne in östlichen EU-Mitgliedsstaaten

Nach Angaben von EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen wurden unterdessen mit allen östlichen EU-Ländern "Notfallpläne" erarbeitet, um Menschen aus der Ukraine sofort aufzunehmen. "Wir hoffen, dass es so wenige Flüchtlinge wie möglich sind, aber wir sind umfassend vorbereitet", sagte von der Leyen. EU-Innenkommissarin Ylva Johansson hatte Polen, das stark betroffen sein dürfte, finanzielle Unterstützung zugesichert sowie mögliche Hilfe durch die Grenzschutzagentur Frontex.

Österreich ist nach den Worten von Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) zur Aufnahme von Flüchtlingen aus der Ukraine bereit. "Bei der Ukraine verhält es sich anders als bei Ländern wie Afghanistan. Da reden wir von Nachbarschaftshilfe", sagte Nehammer am Mittwoch. Doch dürften Polen, die Slowakei und Ungarn die wichtigsten Zielländer sein.

Auch der Vorarlberger Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) betonte als aktueller Vorsitzender der Landeshauptleutekonferenz die Bereitschaft der Bundesländer, Flüchtlinge aufzunehmen: "Falls notwendig, werden alle Bundesländer ukrainische Kriegsflüchtlinge aufnehmen."

Slowakei, Ungarn und Rumänien bereiten sich vor

EU-Anrainerländer der Ukraine sind auch die Slowakei, Ungarn und Rumänien. Die Slowakei hat sich ebenfalls auf eine mögliche Ankunft von fliehenden Menschen aus der Ukraine vorbereitet. Mehrere Unterkünfte zur Unterbringung von Menschen aus der Ukraine stünden bereit, sagte Innenminister Roman Mikulec.

Rumänien als einer der ärmsten EU-Mitgliedstaaten erwartet bisher nicht, dass Ukrainer sich dorthin flüchten. Wenn dies doch der Fall sei, sei Rumänien darauf vorbereitet, eine halbe Million Menschen aufzunehmen, sagte Verteidigungsminister Vasile Dîncu.

Ungarn kündigte diese Woche an, Soldaten aus Sicherheits- sowie aus humanitären Gründen an die Grenze zur Ukraine zu schicken, um eventuell ankommende Flüchtlinge zu versorgen.

Auch die Republik Moldau, die kein EU-Mitglied ist, grenzt an die Ukraine. Präsidentin Maia Sandu schrieb am Donnerstag bei Twitter, es seien bereits mehr als 4.000 Menschen aus der Ukraine in ihrem Land eingetroffen. (APA, 25.2.2022)