Aneignung der Geschichte: In montageartigen Bildern lässt der
in Lagos tätige Künstler Damilola Opedun Schwarze Personen in historischer Kolonialkleidung posieren. Aktuelle Zeitungen im Hintergrund spiegeln die Gegenwart wider.
Foto: African Artist Foundation

Stolz posieren Figuren in viktorianischen Gewändern mit üppigen Rüschen und bunten Sonnenschirmen. Ihre Blicke sind fordernd auf die Betrachter gerichtet: Die Porträtierten erheben hier Anspruch auf die eigene Geschichte. Wie der Maler Damilola Opedun stammen auch die Protagonisten in seinen Gemälden aus Nigeria. Schwarze* Menschen in Kleidung westlicher Kolonialmächte stehen für eine Selbstermächtigung, historische Dichotomien sollen aufgehoben und hinterfragt werden.

Opeduns Werke werden mit ebenfalls figurativen Gemälden der zwei Künstler Johnson Ocheja und Adesola Yusuf in der AG18 Gallery in Wien gezeigt. Gemeinsam mit der African Artist Foundation (AAF) möchte die Galerie einen Schwerpunkt setzen und verstärkt junge afrikanische Gegenwartskunst zeigen. Kuratiert wurde diese erste Ausgabe von dem bekannten nigerianischen Kurator Azu Nwagbogu (und seiner Assistentin Princess Ayoola), Gründer der AAF und des LagosPhoto Festival. 2018 bis 2019 war er als Interimsdirektor und Chefkurator am Zeitz Museum of Contemporary Art in Südafrika tätig.

Anerkennung Schwarzer Identität in den Porträts von Johnson Ocheja.
Foto: African Artist Foundation

Ganz dem internationalen Trend entsprechend, Kunst afrikanischer Künstler und Künstlerinnen auszustellen, hat sich die AG18 Gallery auf African Contemporary Art spezialisiert. Dabei gehe es aber nicht darum, junge Positionen mit schnellen Verkäufen hochzupushen, sondern ihnen dauerhaft Sichtbarkeit am Markt zu verschaffen.

Black Lives Matter als Beschleuniger

In Österreich wurden zuletzt bekannte Namen der afrikanischen Diaspora wie Yinka Shonibare im Museum der Moderne Salzburg oder Otobong Nkanga im Kunsthaus Bregenz gezeigt. Generell wirkte Black Lives Matter wie ein wichtiger Beschleuniger für den Wandel in der Kunstwelt. 2020 schaffte es die Bewegung immerhin auf Platz eins der Power 100-Liste des Magazins Art Review.

Poppige Inszenierungen von Adesola Yusuf zwischen Tradtion und Hipster.
Foto: African Artist Foundation

Dass es sich bei der wachsenden Präsenz Schwarzer Künstler und Künstlerinnen in Ausstellungen, Museumssammlungen sowie auch am Kunstmarkt der letzten Jahre jedoch nicht um einen Hype handle, darauf besteht der Kurator Nwagbogu.

"Denn das würde bedeuten, dass es nur eine temporäre Erscheinung wäre. Natürlich werden heute gefeierte Künstler auch wieder verschwinden. Dass Sammlungen mit Werken Schwarzer Künstler aber nur ein kurzlebiger Trend seien, ist ein Mythos", ist er sich sicher. "Solange Künstlerinnen ihre Arbeit mit Überzeugung und Kompetenz machen und sich nicht den Launen des Kunstmarkts beugen, wird diese Bewegung weiter bestehen – und auch wachsen."

Vor allem figurative Malerei, in der Schwarze Personen im Zentrum stehen, seien Ausdruck eines visuellen Nachtrags, so Nwagbogu. In der Vergangenheit wurde vieles ausradiert. Jetzt geht es um eine Korrektur. (Katharina Rustler, 26.2.2022)