Am europäischen Weltraumbahnhof in Kourou ist die Zusammenarbeit mit Russland vorerst vorbei.

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Als Reaktion auf westliche Sanktionen gegen Moskau setzt Russlands Raumfahrtbehörde Roskosmos die Zusammenarbeit bei Weltraumstarts in Kourou in Französisch-Guayana aus. Das teilte Roskosmos-Chef Dmitri Rogosin am Samstag im Nachrichtenkanal Telegram mit. Zudem solle das technische Personal abgezogen werden. Der russischen staatlichen Nachrichtenagentur Tass zufolge halten sich an dem Weltraumbahnhof derzeit 87 russische Mitarbeiter auf. Deren Rückflug werde nun organisiert.

Am Donnerstag hatte Rogosin betont, dass Russland laufenden Verpflichtungen im Weltraum nachkommen wolle – die Beteiligung am Betrieb der Internationalen Raumstation ISS sowie Flüge dorthin würden wie geplant durchgeführt. Auch die US-Weltraumbehörde Nasa hat die weitere Zusammenarbeit auf der ISS bekräftigt: Man werde bei dem zivilen Gemeinschaftsprojekt weiterhin mit allen internationalen Partnern kooperieren, auch mit der russischen Raumfahrtagentur Roskosmos, um den sicheren Betrieb der Raumstation zu garantieren, heißt es in einer Aussendung der Nasa.

Aschbacher: "Weltraumkooperation bleibt eine Brücke"

Auch Josef Aschbacher, Chef der Europäischen Weltraumorganisation, bekundete am Freitag den Willen zur weiteren Kooperation in der zivilen Raumfahrt. Die Esa hat nach mehrfachen Verzögerungen für September 2022 den Start eines Marsrovers geplant – die Mission Exomars ist ein Gemeinschaftsprojekt mit Roskosmos: Russland liefert die Landeplattform für den Rover, der Flug soll mit einer russischen Proton-Rakete erfolgen.

"Ungeachtet des aktuellen Konflikts bleibt die zivile Weltraumkooperation eine Brücke", schrieb Aschbacher auf der Kurznachrichtenplattform Twitter. "Die Esa arbeitet weiterhin an all ihren Programmen, einschließlich der ISS- und Exomars-Startkampagne, um die Verpflichtungen gegenüber den Mitgliedstaaten und Partnern einzuhalten. Wir beobachten die Entwicklung der Situation weiterhin."

Zahlreiche Twitter-User übten Kritik an dieser Haltung. So rief etwa der Planetenforscher Paul Byrne von der University St. Louis dazu auf, die Nutzung einer russischen Trägerrakete für Exomars zu überdenken: "Nutzen Sie die Gelegenheit um der Welt zu zeigen, dass die friedliche Erforschung des Sonnensystems mit Aggressoren nicht möglich ist." Die Esa besitzt allerdings kein politisches Mandat – sie ist in ihren strategischen Entscheidungen an die Mitgliedsstaaten gebunden.

Neue Ära

Später ergänzte Aschbacher, er sei betroffen und besorgt über die Aggression gegen die Ukraine und werde mit den Esa-Mitgliedsländern alle notwendigen Entscheidungen treffen. "Aber vorerst wird die Unterstützung für unsere Missionen und Kollegen bis auf weiteres fortgesetzt."

Die Raumfahrt galt in den vergangenen Jahren trotz vieler Konflikte zwischen Russland und dem Westen als einer der Bereiche, wo die Zusammenarbeit ohne größere Störungen funktionierte. Mit dem absehbaren Auslaufen der ISS und neuen Plänen rund um den Mond zeichnet sich jedoch eine neue Phase in der Raumfahrt ab, die wieder mit einer zunehmenden geopolitischen Spaltung einhergeht: Während etwa Nasa, Esa und einige weitere Partner den Bau Station im Mondorbit planen, wollen China und Russland ihr eigenes Projekt forcieren. (dare, APA, 26.2.2022)