Der deutsche Kanzler Olaf Scholz (SPD) ließ über einen Sprecher ausrichten, dass Deutschland nun doch Waffen in die Ukraine schickt.

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Die deutsche Regierung hat sich zu Waffenlieferungen an die Ukraine entschlossen. Wie Regierungssprecher Steffen Hebestreit mitteilte, werden die ukrainischen Streitkräfte mit 1.000 Panzerabwehrwaffen sowie 500 Boden-Luft-Raketen vom Typ "Stinger" unterstützt. Die Waffen würden so schnell wie möglich an die Ukraine geliefert. Bei einer Geberkonferenz für die Ukraine sagten zudem rund zwei Dutzend weitere Staaten "militärische und humanitäre Hilfe" zu.

Zeitenwende

Bei der Unterstützung aus Deutschland handelt es sich um einen Kurswechsel in der Ukraine-Krise. Bisher hatte Berlin die Lieferung tödlicher Waffen an die Ukraine abgelehnt, weil es sich um ein Krisengebiet handelt. Die sogenannten Stinger-Raketen können zum Beispiel Flugzeuge und Helikopter treffen.

"Der russische Überfall auf die Ukraine markiert eine Zeitenwende. Er bedroht unsere gesamte Nachkriegsordnung", erklärte Bundeskanzler Olaf Scholz. "In dieser Situation ist es unsere Pflicht, die Ukraine nach Kräften zu unterstützen bei der Verteidigung gegen die Invasionsarmee von Wladimir Putin. Deutschland steht eng an der Seite der Ukraine."

Zuvor hatte die Bundesregierung den Nato-Partnern Niederlande und Estland Waffenlieferungen an die Ukraine genehmigt. Im Falle der Niederlande geht es um 400 Panzerfäuste aus deutscher Produktion. Die Niederlande wollen außerdem 200 Stinger-Flugabwehrraketen liefern. Bei Estland handelt es sich um Artilleriegeschütze aus DDR-Altebständen, bei denen aufgrund vertraglicher Vereinbarungen vor einer Weitergabe die Zustimmung Deutschlands erforderlich ist.

Geberkonferenz

Die US-Regierung stellt Kiew bis zu 350 Millionen US-Dollar (312 Millionen Euro) zur "sofortigen Unterstützung der Verteidigung der Ukraine" zur Verfügung. Tschechien kündigte an, Waffen und Munition im Wert von 7,6 Millionen Euro an die Ukraine zu liefern. Dabei handle es sich um Maschinengewehre, Sturmgewehre und andere leichte Waffen, hieß es.

Der Elysée-Palast teilte am Samstag nach einer Sitzung des Verteidigungsrates mit, dass Frankreich ebenfalls mehr militärische Ausrüstung und Kraftstoff liefern werde. Details wurden nicht genannt.

Belgien will die Ukraine mit Waffen und Kraftstoff unterstützen. Man werde 3.800 Tonnen Kraftstoff liefern, schrieb Premier Alexander de Croo auf Twitter: "Belgien wird außerdem 2.000 Maschinengewehre an die ukrainische Armee liefern." Darüber hinaus werde Belgien 300 Soldaten nach Rumänien entsenden. Dänemark teilte am Samstag mit, 2.000 schusssichere Westen und 700 Sanitätstaschen in die Ukraine schicken zu wollen.

Der Verteidigungsminister der Slowakei Jaroslav Nad bestätigte, dass demnächst 1.200 Nato-Soldaten in das direkt an die Ukraine grenzende EU- und NATO-Land kommen sollen. Außerdem werde Deutschland die slowakische Verteidigungsbereitschaft durch "Patriot"-Flugabwehrsysteme verstärken, erklärte der Minister am Samstag nach einer Sondersitzung der Regierung in Bratislava. Die Nato-Soldaten sollen demnach gemeinsam mit 300 slowakischen Soldaten eine gemeinsame Einheit bilden.

Italien sendet vier weitere Kampfflugzeuge zur Stärkung der Nato-Südostflanke nach Rumänien. Bisher hatten die Italiener auf dem Militärflughafen Mihail Kogalniceanu bei Constanta bereits vier Eurofighter stationiert. Seit Dezember ist innerhalb der Nato die italienische Luftwaffe für die Luftraumüberwachung in der Region verantwortlich ("Southern Air Policing"). Die deutsche Bundeswehr hatte in den vergangenen Tagen insgesamt sechs Kampfflugzeuge nach Rumänien geschickt.

Die Geberkonferenz fand unter britischer Führung am Freitagabend virtuell statt. Einem Bericht des britischen Senders Sky News zufolge waren an der Konferenz auch die USA und mehrere Länder beteiligt, die nicht der Nato angehören. Österreich war laut Auskunft des Außenministeriums auf Anfrage der APA nicht eingeladen. Eine Sprecherin verwies auf bereits von der Bundesregierung geleistete humanitäre Hilfe an die Ukraine.

Am Sonntag erklärte außerdem ein Regierungssprecher von Rumänien, dass man der Ukraine umgehend Munition, schusssichere Westen, Militärhelme, sonstige militärische Ausrüstung, Treibstoff, Wasser, Lebensmittel, Arzneimittel sowie medizinische Hilfsgüter zukommen zu lassen werde. Des Weiteren stünden sämtliche rumänischen Krankenhäuser bereit, ukrainische Verletzte aufzunehmen.

Auch der griechische Premierminister Kyriakos Mitsotakis, dass man der Ukraine "Verteidigungsmaterial" und humanitäre Hilfe zukommen lassen werde. Am Samstag hatte Mitsotakis via Twitter erklärt, dass bei einem russischen Angriff auf die Stadt Mariupol zehn griechische Zivilisten getötet worden sein sollen.

Auch aus dem baltischen EU- und NATO-Land Litauen erhielt die Ukraine weitere Militärhilfe. "Litauische Truppen beendeten ihre logistische Operation vor Mitternacht und lieferten Waffen, Munition, Helme und gepanzerte Westen", schrieb der litauische Verteidigungsminister Arvydas Anusauskas am Sonntag auf Twitter. Nach seinen Angaben sendeten insgesamt 13 Nato-Staaten der Ukraine bereits militärische Hilfe in Form von Waffen, Munition und Flug- und Panzerabwehrraketen. Litauen hatte zuvor bereits in den USA hergestellte Stinger-Flugabwehrraketen in die Ukraine geliefert. (red, APA, 26.2.2022)