Schon seit dem Vorjahr dürfen in der Ukraine private und geschäftliche Transaktionen in Form von bestimmten Kryptowährungen erfolgen.

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Seit dem russischen Angriff am 24. Februar wurden rund zehn Millionen Dollar in diversen Kryptowährungen an die Ukraine gespendet. Mehrere Dezentralized Autonomous Organizations (DAOs) haben sich spontan zusammengefunden, um diese Hilfe zu organisieren. Zuvor hatte die ukrainische Regierung offiziell bestätigt, Spenden in Form von Bitcoins, Ethereum und Tether zu akzeptieren.

Blockchain-Spenden

Wurden Spenden bisher klassischerweise über Banken abgewickelt, ist das in der technisch versierten Ukraine auch unkompliziert via Kryptowährung möglich. Das Vertrauen gegenüber der nationalen Währung und den Banken sei angeschlagen, so Illia Polosukhin vom Etherum-Konkurrenten NEAR Protocol im Gespräch mit "The Verge".

Der ukrainische Staat hatte 2021 Bitcoin und andere Kryptowährungen offiziell für Geldgeschäfte legitimiert. Davor waren Transaktionen nur für Privatpersonen, nicht aber für Unternehmen erlaubt. Das führte in den vergangenen Monaten zu einem Krypto-Boom, der im vergangenen Jahr einen Wert von acht Milliarden Dollar in Kryptowährungen durch das Land fließen ließ. "Die große Idee ist es, eine der weltweit führenden Jurisdiktionen für Kryptounternehmen zu werden", erklärt der stellvertretende Minister für digitale Transformation, Alexander Bornyakov, im letzten Jahr gegenüber der "New York Times".

Vor allem das stark mit dem US-Dollar verbundene Tether erfreut sich laut Bornyakov in der Ukraine schon länger großer Beliebtheit, ist der Dollar doch eine beliebte Zweitwährung im Land. Auch der Mangel an alternativen Investitionsmöglichkeiten sei ein Grund für den Krypto-Boom in der Ukraine, sagte der Minister.

Seit der russischen Invasion stehen die Menschen in der Ukraine an den Bankomaten Schlange, wie man in mehreren Videos auf Social Media sieht. Das liegt vor allem daran, dass die Zentralbank des Landes die abzuhebende Summe seit dem 24. Februar limitiert hat. Um weiterhin finanzielle Transaktionen durchzuführen, griffen deshalb viele Ukrainer, abseits von Dollar und Gold, auf Krypto zurück.

Solidarität

Weltweit haben zahlreiche Größen der Krypto-Szene der Ukraine ihre Solidarität versprochen, darunter auch der kanadisch-russische Vitalik Buterin, der Erfinder von Ethereum. Die Invasion, schrieb Buterin auf Twitter, sei "ein Verbrechen" gegen ukrainische und russische Menschen. Er war auch einer von jenen Branchen-Vertretern, die die Ankündigung von Unchain.fund teilte, die via Krypto-Spenden humanitäre Hilfe leisten wollten. Es folgten andere Aktionen, etwa UkraineDAO oder RELI3F, um die "Menschen in der Ukraine zu unterstützen".

Einer der Koordinatoren ist die ukrainische Rechtsanwältin Yev Muchnik, die seit 1988 in den USA lebt. Laut Muchnik sorgt die Blockchain-Technologie nicht nur dafür, dass die Transaktionen nachverfolgbar bleiben, die Rechtsanwältin betont auch, dass die Beträge ohne Umwege direkt bei den Menschen landen würden. Dies sei dank lokaler Kooperationspartner möglich, sagte Muchnik.

Allein der Ausfall des Internets könnte dafür sorgen, dass die Transaktionen nicht stattfinden können. Hier präsentierte sich Elon Musk am Samstag als Retter in der Not, nachdem ihn die ukrainische Regierung gebeten hatte, Starlink auch in der Ukraine zur Verfügung zu stellen, um das Internet stabil zu halten. Musk reagierte schnell mit einer Zusage – Kritiker werfen dem US-Amerikaner einen PR-Stunt vor, müssen doch für die Übertragung weitere, nötige Terminals erst in die Ukraine geschafft werden.

Für die Krypto-Szene – und da gehört Musk als Influencer seit langer Zeit dazu – ist dies in jedem Fall eine große Chance, an Reputation zu gewinnen, auch in Krypo-skeptischen Ländern. (red, 27.2.2022)