Screenshot: Elex 2
Screenshot: Elex 2
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Been there, done that: Ein paar Jahre nachdem man in "Elex" als bekehrter Elitesoldat den Planeten Magalan vor der Unterjochung durch emotionsbefreite Mensch-Maschine-Superkrieger bewahrt hat, droht neues Unheil. Aliens sind gelandet und breiten sich auf unfreundliche Art immer weiter aus. Eine Bedrohung, die Jax vorhergesagt hat, wofür er aber verlacht wurde.

Auch weil bei der Ankunft der Invasoren aus dem All seine Einsiedlerhütte in Schutt und Asche gelegt wurde, zieht er in "Elex 2" (PC/Windows, Playstation, Xbox) erneut los, um das Schicksal der Menschheit zu verantworten. Ob das neue Abenteuer aus dem Hause Piranha Bytes hält, was es verspricht, wird nun in diesem Test erörtert. Achtung: Es gibt einzelne Spoiler. Getestet wurde die PC-Version. Das Spiel erscheint am 1. März.

(Nicht) alles beim Alten

Die Situation, in der sich Jax nach der Aufgabe des Exils wiederfindet, ist, nun ja, kompliziert. Die einst geeinte Zivilisation hat sich wieder in Lager aufgespalten – und diesmal sogar gleich in fünf statt nur der ursprünglichen drei. Ausgerechnet Adam Dawkins, scheinbar geläuterter Bösewicht aus dem ersten Teil, arbeitet an einer sechsten Gruppierung, mit der er die Kräfte der Menschen bündeln möchte. Jax muss sich zudem wieder in seine Rolle als Vater des kleinen Dex einfinden, die er nun schon länger vernachlässigt hat. Und zu allem Überfluss hat ihm die erste Konfrontation mit den Aliens, genannt "Skyaniden", eine penetrante Infektion eingebrockt, für die erst ein Heilmittel gefunden werden muss. Ach ja, und das dereinst per Komet auf Magalan gelandete namensgebende Wundermaterial "Elex" spielt freilich auch wieder eine große Rolle.

Es bleibt Jax, auch im eigenen Sinne, nichts anderes übrig, als mit Dawkins zusammenzuarbeiten, der seinerseits eine neue Basis errichten, Personal finden und über die Pläne und Kapazitäten der rivalisierenden Gruppen informiert werden möchte.

Piranha Bytes

Fraktions-Hopping

Zum Start lotst "Elex 2" den Spieler dazu ins Lager der technikfeindlichen Berserker, die sich den alten Standort der "Mad Max"-esken Outlaw-Fraktion gesichert und das einstige Wüstenland dort begrünt haben. Diese haben wiederum ihre neue Stadt aus Altmetall und Ersatzteilen im Kometenkrater errichtet. Die religiös orientierten und wiederum sehr technikaffinen Kleriker, die einst ein großes Gebiet im Osten kontrollierten, haben eine Burgruine bezogen und kämpfen ums Überleben. Die auf Elex-Superkräfte setzenden Albs wiederum haben nach der Zerstörung ihres Eispalasts ihr Hauptquartier nun an einem ehemaligen Kleriker-Außenposten im Norden und sind nun auch eine spielbare Fraktion. Neu dabei sind außerdem die Morkons, die die Ereignisse des ersten Teils in einer Untergrundsiedlung überdauert haben und jetzt an der Oberfläche mitmischen.

Hat man zwischen Berserker-Fort und Dawkins’ Bastion die ersten Quests erledigt, kommt man eigentlich nicht umhin, die weite Welt zu erkunden. Die Entwickler der Piranha Bytes bleiben dabei ihrem bewährtem Konzept treu. Wer abseits der "Hauptpfade" wandelt, muss bereit sein, größere Gefahren auf sich zu nehmen. Insbesondere in den ersten Spielstunden, wenn die Schlagkraft des eigenen Charakters noch schwer zu wünschen übrig lässt. Neben Wegelagerern, Mutanten und Aliens lauert auch allerlei aggressive Fauna in der Wildnis, die einen in einer Konfrontation durchaus auch mit einem Treffer den Garaus machen kann. Im Gegenzug dazu wird der Mut zur Erkundung aber auch häufig mit ansprechender Beute belohnt.

Grundsätzlich kann man mit viel Geduld (und idealerweise einer Fernwaffe nebst üppigem Munitionsbestand) die meisten übermächtigen, nicht fliegenden Gegner auch als Anfängerheld bezwingen. Möglich ist das aber oft nur, weil die künstliche Intelligenz der Widersacher zu wünschen übrig lässt. Und auch dank des Jetpacks, das man in einer Basisausführung bereits recht früh erhält. Damit lassen sich größere Höhen meistern, die man springend unmöglich erreichen kann. Und man kann sich im Prinzip von jedem Vorsprung hinabstürzen – ein kurzer Druck auf die Leertaste sorgt für eine sanfte Landung.

Alternativ lassen sich starke Widersache in der Nähe von kampfstarken NPCs wie Torwachen auch einfach in deren Nähe locken, die sich anschließend darum "kümmern". Zumindest anschießen muss man die Gegner aber, um Erfahrungspunkte bei ihrem Ableben zu erhalten.

Piranha Bytes

Leveln, Lernen, Grinding

In "Elex 2" kommt ein duales Levelingsystem zum Einsatz. Für besiegte Gegner und erledigte Aufgaben gibt es Punkte, die Levelaufstiege bescheren. Diese bringen jeweils zehn Attributpunkte, die man auf Stärke, Geschick, Gerissenheit und andere Werte frei verteilen kann. Ab einem Schwellwert von 40 kostet die Verbesserung eines Attributs allerdings zwei Punkte.

Das Level-up bringt gleichzeitig auch einen Lernpunkt. Diese kann man in neue passive Boni oder aktive Fähigkeiten investieren. Die Bandbreite reicht von Klassikern wie Schlösserknacken oder effizienterem Einsatz verschiedener Waffen bis hin zu Psi-Kampfzaubern. Dazu benötigt man allerdings Lehrer und in der Regel auch beträchtliche Beträge der Währung Elexit. Während es für viele einfach Fertigkeiten an mehreren Orten Experten gibt, sind andere nur an bestimmten Orten zu finden oder bieten ihre Dienste überhaupt erst an, wenn man ihnen zuerst einen Gefallen tut. Und dann gibt es noch ein paar Ausbildner und Ausrüstung, die erst zur Verfügung stehen, wenn man einem der Lager beitritt. Es ist aber auch möglich, wenn auch auf Dauer schwerer, fraktionslos zu bleiben.

Abseits des Erfahrungs- und Lernsystems wird der Spieler über einen Wert namens "Zerstörung" in seinem Handeln ethisch bewertet. Bestimmte Handlungen und Entscheidungen lassen ihn steigen oder sinken, was unter anderem das Ende der Story beeinflussen soll.

Screenshot: Elex 2

Doch wie funktioniert der Mix spielerisch? An sich ist das Erfahrungssystem recht leicht zu verstehen, in der Umsetzung zwingt es den Spieler aber mitunter zu sogenanntem "Grinding". Darunter versteht man das Wiederholen einer Tätigkeit, hier eben zum Erreichen von Levelaufstiegen. Zwar erhält man auch über Quests einige Erfahrungspunkte, doch für bedeutsamen Fortschritt bei der eigenen Kampfeskraft in einigermaßen flotter Zeit ist das aktive Suchen von Widersachern auf jedem Weg fast unerlässlich.

Denn während es für das Anlegen von Rüstungsgegenständen höchstens finanzielle Hürden gibt, setzen Waffen das Erreichen bestimmter Attributwerte voraus. Diese lassen sich zwar durch das Erlernen bestimmter Fähigkeiten senken, doch selbst wer sich auf zwei bis drei Attribute spezialisiert und die anderen nur minimal erhöht, muss Level 15 bis 20 erreichen, um Kampfwerkzeug nutzen zu können, die mittelschwere Gegner angreifen zu können. Zumindest wenn man möchte, dass Kämpfe nicht in zigminütige Wiederholungen aus Schüssen bzw. Schlägen und Weglaufen ausarten.

Wem das nun bekannt vorkommt: Auch dieses Phänomen ist in Piranha-Bytes-Games nicht neu, und fast jeder Spieler der ersten beiden "Gothic"-Titel, die dem Studio Kultstatus bescherten, dürfte sich an den Moment erinnern, an dem er endlich eine Waffe der Orks nutzen konnte und nicht mehr vor jedem grünhäutigen Widersacher panisch fliehen musste.

Auf diese belohnenden Momente zielen die Entwickler wohl auch in "Elex 2" ab. Gefühlt ist allerdings die dafür zu investierende "Arbeit" zu lange geraten. Speziell wenn man den Helden nicht auf Nahkampfwaffen trimmt, sondern Fernkampf und Magie bevorzugt. Unberechtigt ist aber die Sorge, dass der Ausbau des Jetpacks in ein Dauerfluggerät zu schnell gehen könnte. Hat man einmal eine passende Werkbank gefunden – was bereits seine Zeit dauert –, kann man sich zwar darauf konzentrieren. Dafür muss man allerdings die Weiterentwicklung an anderer Stelle bremsen – benötigen die Upgrades doch neben Geld zum Teil auch Lern- und Attributspunkte sowie schwer auffindbare Bauteile.

Gewohnt rustikal

Beim Kampfsystem wurde nach Kritik am ersten "Elex" nachgebessert. Ausweichen und Zielen geht nun leichter von der Hand, und das Kämpfen mit aktivem Jetpack klappt passabel. Gelungen ist zudem, die Wucht von Einschlägen schwerer Schläge abzubilden. Für Fernkampfwaffen lässt sich das leider nicht sagen.

Für "Elex 2" funktioniert die Steuerung dennoch akzeptabel und trägt aus nostalgischer Sicht zum "rustikalen" Flair des Games bei. Sie gehört jedoch nach wie vor zu den schwerfälligeren und unpräziseren Erlebnissen im Genre der Third-Person-Actionrollenspiele. Wäre das Game ein "Soulslike", würde es an diesem Aspekt mit Pauken und Trompeten scheitern.

Screenshot: Elex 2

Apropos rustikal: Grafisch ist das Spiel, das mit der hauseigenen "Geode"-Engine umgesetzt wurde, das eine oder andere Jahr hinter aktuellen Blockbustern. Doch das vermag man mit einer liebevoll gestalteten Welt, die frostige Felslandschaften, blühendes Grünland, staubige Wüstenödnis und feurige Lavaflüsse in ein glaubwürdiges Ganzes zusammenbringt, auszugleichen. Fairerweise muss man auch sagen, dass "Elex 2" auf Screenshots altbackener aussieht als in Bewegung. Nachbesserungsbedarf gibt es allerdings bei Sprachanimationen, und Kinder sehen in dem Spiel ein wenig gruselig aus. Die akustische Kulisse ist gelungen, mit ein paar Ausnahmen auch bei der Vertonung von Dialogen auf Deutsch.

Beim Erzählen der Geschichte und den Darbietungen der verschiedenen Charaktere, die man als Freunde, Feinde und mitunter auch als Begleiter trifft, ist die Performance gemischt. Abseits des derben Humors als weiteres Piranha-Bytes-Merkmal sind manche Figuren recht platt gestaltet und schon nach der ersten Begegnung quasi durchschaut. Es gibt aber auch Raum für komplexere Persönlichkeiten und inneren Wandel, auch wenn dieser mitunter zu hastig vonstatten geht.

Positiv anzumerken ist, dass nicht nur Hauptmissionen, sondern auch einige Nebenaufträge den Spieler dazu bringen, sich weiter in die Landschaft vorzuwagen und interessante Geschichten zu erleben. Dazwischen werden zwar immer wieder auch Schablonenaufträge à la "Bringe mir x Stück von Ressource Y" oder "Töte x Monster diesen oder jenen Typs" eingestreut, aber sie halten sich in einem akzeptablen Rahmen. Gut genützt wird das Misstrauen zwischen den Fraktionen als Vehikel, um den Spieler in jede von ihnen "hineinschnuppern" zu lassen.

Screenshot: Elex 2

Und so erfüllt "Elex 2" den wichtigsten Aspekt, den ein Game erfüllen kann: Es vergeht Stunde um Stunde, in der man sich in der Welt beim Erkunden und Erfüllen von Aufträgen verlieren kann. Das ändern auch kleinere Bugs, vorwiegend grafischer Natur, nicht. Ärgerlicher sind da hingegen Abstürzen während Kämpfen, die im Test aber nur bei der Verwendung einer Armbrust auftraten. Erwähnenswert ist, dass das Spiel einigermaßen performancehungrig ist. In 1440p-Auflösung (2.560 x 1.440 Pixel) lief es in Maximaleinstellungen auf einem PC mit Ryzen 5 3700X-Prozessor, 16 GB RAM und einer Nivida GTX 1070 mit 25 bis 45 Frames pro Sekunde. Insbesondere mit der Reduktion der Sichtweite lassen sich aber bessere Bildwiederholraten erzielen.

Fazit

Wer "Elex" mochte, dem wird mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch "Elex 2" gefallen. Und wem generell Actionrollenspiele nach Machart der Piranha Bytes gefallen, kann hier auch wenig verkehrt machten. Das Studio hat an seiner bewährten Formel weitergebastelt, ohne dabei große Innovationen zu liefern. Für gestandene Fans dürfte das ohnehin eine gute Botschaft sein. Alle anderen sollten bei Let’s Plays und Streamern zusehen oder Möglichkeiten zum Anspielen nutzen, um herauszufinden, ob man dem Charme des Gamedesigns aus dem Ruhrpott erliegt. (Georg Pichler 28.2.22)