Wie können wir uns am besten an ein sich veränderndes Klima anpassen und die negativen Folgen einschränken? Damit befasste sich der aktuelle Sachstandsbericht des IPCC. Die Auswirkungen auf Mensch und Umwelt werden jedenfalls zunehmen.
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Der am Montag veröffentlichte aktuellste Bericht des Weltklimarats IPCC fasst den wissenschaftlichen Stand zu den Auswirkungen der globalen Erwärmung auf Mensch und Umwelt zusammen. Damit wird die Öffentlichkeit daran erinnert, wie wichtig es für eine lebenswerte Zukunft ist, rasche und langfristig erfolgreiche Maßnahmen zur Eindämmung der Emissionen und zur Anpassung an den Klimawandel zu ergreifen.

UN-Generalsekretär António Guterres fand bei der Präsentation des Berichts klare Worte. "Die größten Verschmutzer machen sich der Brandstiftung unseres einzigen Zuhauses schuldig", sagte er am Montag. Der globale Energiemix, der derzeit vor allem aus Öl und Kohle besteht, sei "kaputt", fossile Energieträger würden die Menschheit im Würgegriff halten. Die Abhängigkeit von diesen mache die globale Wirtschaft und die Sicherheit der Energiesysteme anfällig für geopolitische Schocks und Krisen. Das würden die "aktuellen Ereignisse" zeigen, sagte Guterres, ohne den Krieg in der Ukraine namentlich zu nennen.

Der Generalsekretär rief daher dazu auf, mehr in Anpassungsmaßnahmen zu investieren. Vor allem Banken müssten verstärkt mit Regierungen zusammenarbeiten, um Geld für Anpassungsmaßnahmen freizumachen, um den Weg aus der "Sackgasse der fossilen Energieträger" zu finden. Die Bekenntnisse bei der vergangenen UN-Klimakonferenz in Glasgow seien jedenfalls nicht genug. "Verzögerung bedeutet Tod", sagte Guterres.

Raus aus Öl und Gas gefordert

Für die Umweltschutzorganisation Greenpeace ist der Bericht Anlass, Alarm zu schlagen. Er zeige auf, dass die Konsequenzen der Erderhitzung schneller und heftiger ausfallen würden, als bisher angenommen. "Unser Verhalten in den nächsten Jahren wird die Lebensrealität aller zukünftigen Generationen bestimmen", sagt Jasmin Duregger, Klimaexpertin der NGO. Nun würde jedes Zehntelgrad an Erhitzung einen Unterschied ausmachen. Auch Österreich müsse handeln. Greenpeace fordert von der Regierung ein Ende fossiler Subventionen sowie das Verankern von Ausstiegsplänen für Kohle, Öl und Gas.

In eine ähnliche Kerbe schlug auch Global 2000 und rief zu einem vollständigen Ausstieg Österreichs aus klimaschädlichem Gas. "Selbst für diejenigen, die sich schon lange mit der Materie beschäftigen, sind die Ergebnisse schockierend", fasst es Global-Klimasprecher Johannes Wahlmüller zusammen. "Die Klimakrise schlägt dann härter zu, zerstört das Zuhause von mehr Menschen und schädigt weltweit die Ökosysteme viel schwerer, als bisher befürchtet."

"Beängstigende Zusammenstellung"

Meteorologin Helga Kromp-Kolb von der Boku Wien sieht im Bericht "eine beeindruckende und beängstigende Zusammenstellung der Auswirkungen, Risiken und Vulnerabilitäten des Klimawandels – global und auf Regionen heruntergebrochen". Er betone die Vernetztheit globaler und auch sozialer Entwicklungen, die auch von Klimawandel und Biodiversitätsverlust betroffen sind. "Wegen der Vielschichtigkeit der Probleme und der Notwendigkeit lokal angepasster Antworten ist die Einbeziehung der Betroffenen in die Lösungssuche unerlässlich", sagt sie dem STANDARD. Nur so können Fehlanpassungen vermieden werden.

Dass gewisse Folgen erst mittel- und langfristig, also in mehreren Jahrzehnten, zu erwarten sind, dürfe aber kein Anlass zum Abwarten sein: "Die unvermeidlichen Verzögerungen zwischen Ursachen und komplexen Wirkungen werden häufig übersehen, bis es zu spät ist, zu handeln." Deutlich werde die oft vorsichtige Ausdrucksweise. Die Ko-Vorsitzende der Arbeitsgruppe, Debra Roberts, sagte etwa: "Wenn es nicht gelingt, eine klimaresistente und nachhaltige Entwicklung zu erreichen, wird dies zu einer suboptimalen Zukunft für Mensch und Natur führen." Anstatt von einer nur "suboptimalen Zukunft" zu sprechen, wünscht sich Kromp-Kolb stellenweise explizitere Formulierungen.

Klimaschutz dringend notwendig

"Der Bericht zeigt deutlich, dass Klimaschutz nicht nur nett und schön ist, sondern dringend notwendig", sagt Reinhard Mechler vom Institut für Angewandte Systemanalyse (IIASA) in Laxenburg, der am Report mitgearbeitet hat. Zwar geschehe schon einiges in Sachen Klimaschutz, noch sei aber viel Luft nach oben – in Österreich wie auch global. Er warnte auf einer Pressekonferenz des Climate Change Center Austria (CCCA) vor den irreversiblen Effekten, wenn in der Klimakrise bestimmte Grenzen erreicht werden.

In der Planung für Anpassungsmaßnahmen sei Europa sehr gut, ergänzte Birgit Bednar-Friedl von der Uni Graz. In der Umsetzung würden aber viele Staaten zu langsam unterwegs sein. Die Umweltökonomin hat am Europateil des Berichts mitgearbeitet. Die stärksten Auswirkungen der Klimakrise in Europa sehe man auch heute schon im mediterranen Raum. Künftig wird das noch verstärkt: Bei einer Erwärmung von 1,5 Grad wird ein Drittel der europäischen Bevölkerung in den Sommermonaten von Hitzestress betroffen sein, erklärte die Expertin.

Jürgen Schneider, Sektionschef im Klimaschutzministerium, fügte hinzu, dass Österreich "keine Insel der Seligen sei". Auch hier würden sich die Auswirkungen in Form von Hitzetagen und extremen Ereignissen wie auch in den land- und forstwirtschaftlichen Erträgen niederschlagen. Die Berichte des Weltklimarats seien "jedes Mal eine Erinnerung, schneller und entschiedener aktiv zu werden". So müsse unter anderem die internationale Klimafinanzierung dazu beitragen, jenen Ländern unter die Arme zu greifen, die mit hohen Anpassungskosten zu kämpfen haben. (Nora Laufer, Philip Pramer, Julia Sica, 28.2.2022)