Lange Schlangen vor Bankomaten in Moskau

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Noch war der größte Teil der westlichen Sanktionen gegen Russland gar nicht in Kraft. Die rechtliche Vereinbarung, mit der Russland aus dem internationalen Zahlungssystem Swift ausgeschlossen werden sollte, war aufseiten der EU am Montagnachmittag in Ausarbeitung. Auch das Verbot bestimmter Transaktionen mit der russischen Notenbank befand sich in Brüssel noch in Ausarbeitung, ebenso in den USA.

Doch allein die Ankündigung der bevorstehenden scharfen Maßnahmen genügte schon, um das russische Finanzsystem ins Wanken zu bringen. In Moskau waren bereits seit Sonntagabend Bilder mit langen Menschenschlangen vor Bankomaten zu sehen. Der Wert der russischen Landeswährung Rubel verlor zu Wochenbeginn dramatisch an Wert, kaum hatten die großen Finanzplätze der Welt geöffnet. Aus Furcht vor einem Crash blieb die Börse in Moskau gleich einmal geschlossen.

Die russische Zentralbank ihrerseits versuchte mit einer Reihe von Maßnahmen das Bankensystem vor einem Zusammenbruch zu bewahren. Zunächst erklärte sie, dass die Versorgung aller Bankomaten mit Bargeld sichergestellt sei und es Bürgern freistünde, von ihren Konten abzuheben. Das gilt als erste Faustregel, um einen Run auf Banken zu verhindern: ein Signal, dass genügend Geld da ist. Zugleich wurde der Leitzins dramatisch angehoben, von neun auf 20 Prozent. Damit macht es die russische Zentralbank für ausländische Anleger interessanter, Vermögenswerte zu halten.

Devisenbegrenzung

Zugleich wurden Kapitalverkehrskontrollen eingeführt: Unternehmen in Russland sind nun verpflichtet, 80 Prozent ihrer Einnahmen in ausländischen Währungen an die Notenbank zu verkaufen. Damit will die Zentralbank einen Abfluss der Mittel aus dem Land verhindern. Außerdem wurden regulatorische Vorschriften für Banken gelockert.

"Russland hat auf eine Kriegswirtschaft umgestellt", sagt der Chef des Wiener Osteuropainstituts Wiiw, Mario Holzner. Mit der Verpflichtung zum Verkauf der Devisen wolle Russland sicherstellen, dass es nötige Finanzreserven hat, um lebenswichtige Güter im Ausland noch einkaufen zu können, so Holzner.

Mit den Maßnahmen könne Russland zwar eine kurzfristige Stabilisierung der Situation gelingen. Langfristig führe aber angesichts der Sanktionen kein Weg an einem bedeutenden Wohlstandsverlust vorbei, so der Ökonom.

Der Ausschluss russischer Banken aus Swift bedeutet, dass Institute in Russland Auslandszahlungen nur noch schwer abwickeln können werden. Parallel dazu dürfte die Notenbank in Moskau zu einem guten Teil ihrer Reserven in der Höhe von 630 Milliarden Dollar den Zugang verlieren. (András Szigetvari, 1.3.2022)