2014 inszenierte der russische Regisseur Lev Dodin an der Wiener Staatsoper.

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Kiew/Moskau – In einem Offenen Brief in der Theaterzeitung "Žurnal Teatr" hat der bekannte russische Regisseur Lev Dodin sein Bestürzen über den Angriff Russlands auf die Ukraine zum Ausdruck gebracht. Dabei wandte sich der Theatermacher auch an Präsident Wladimir Putin, wie ihn die "Presse" am Mittwoch zitierte: "Ich tue das Einzige, was ich kann, ich flehe: Hören Sie auf! Hören Sie auf!"

Der künstlerische Leiter des St. Petersburger Maly-Theaters zeigte sich tief betroffen von den Vorgängen der vergangenen Tage. "Zu sagen, ich bin 'erschüttert' – das hieße, nichts zu sagen", schrieb der Regisseur. "Mir, einem Kind des Großen Vaterländischen Krieges, wäre das selbst in Albträumen nicht vorstellbar gewesen: russische Raketen, auf ukrainische Städte abgeworfen... Das Hirn klebt am Schädel und weigert sich, solche Bilder zu sehen, zu hören, darzustellen."

Der 77-jährige Dodin, der in Österreich etwa bei den Wiener Festwochen, den Osterfestspielen Salzburg oder an der Wiener Staatsoper inszeniert hat, habe in seinem Leben schon viele Menschen verloren, die er liebte. "Heute, wo statt Friedenstauben Raketen des Hasses und des Todes über unseren Köpfen fliegen, kann ich nur eines sagen: Stopp!" Kunst und Kultur hätten immer versucht, "die Menschen zu lehren, den Schmerz eines anderen als seinen eigenen wahrzunehmen, zu verstehen, dass keine Idee, und sei sie noch so groß und schön, ein Menschenleben wert ist", so der Regisseur. "Schon jetzt kann man sagen: Kultur und Kunst waren dieser Mission wieder einmal nicht gewachsen." (APA, 2.3.2022)