Im Vergleich zu Männern geben Frauen häufiger an, noch immer eher unflexible Arbeitszeiten zu haben.

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Eigentlich möchte man annehmen, dass Gleichstellung angesichts des zunehmenden Mangels an verfügbarem und willigem Personal und angesichts aller Umfragen, die gleiche Chancen für alle Geschlechter ganz oben auf der Hitliste der Arbeitgeberattraktivität ausweisen, immer wichtiger wird.

Die Berater von Deloitte kommen mit ihrer Umfrage zum Weltfrauentag unter 534 Angestellten zu einem gegenteiligen Befund: Im Vergleich zum Vorjahr ist die Bedeutung der Gleichstellung von Frauen und Männern in den Unternehmen von 47 auf 43 Prozent gesunken.

"Lediglich vier von zehn Befragten denken, dass in ihrem Unternehmen das Thema Gleichberechtigung bereits gut verankert ist und entsprechende Maßnahmen wirklich umgesetzt werden", berichtet Gundi Wentner, Partnerin bei Deloitte Österreich. Auffällig ist dabei: Männer und Frauen nehmen den Gleichstellungsgrad bei ihren Arbeitgebern unterschiedlich wahr. "Während 60 Prozent der Männer ihrem Unternehmen einen hohen Reifegrad hinsichtlich der Chancengleichheit bescheinigen, erkennen diesen nur 40 Prozent der Frauen. Solange Frauen den Fortschritt nicht in ihrem Arbeitsalltag wahrnehmen, müssen Unternehmen weitergehende Maßnahmen zur Gleichstellung setzen", sagt Wentner.

Mehr oder weniger flexibel

Durch die Corona-Krise mussten zahlreiche Unternehmen rasch neue Flexibilitätsmodelle etablieren. 88 Prozent der befragten Frauen und 96 Prozent der Männer geben an, ihre Arbeitszeit nun flexibler gestalten zu können. Im Vergleich zu den Männern geben die Frauen jedoch häufiger an, noch immer eher unflexible Arbeitszeiten zu haben. Diese Diskrepanz kann auf die Funktionen der Befragten zurückgeführt werden: Während von den Männern mehr Befragte in Führungsfunktionen tätig sind, finden sich bei den Frauen viele Mitarbeiterinnen. "Als Führungskraft kann man sich seine Arbeitszeit flexibler einteilen – und gerade die Führungsebenen der heimischen Unternehmen sind noch immer männerdominiert", erklärt Gundi Wentner.

Positive Auswirkungen hat die neue Flexibilität für fast die Hälfte der befragten Frauen auf die Work-Life-Balance und für mehr als ein Drittel auf ihre Mitwirkung an Geschäftsmeetings. Die neue Flexibilität kann aber auch den Arbeitsdruck erhöhen: Für 39 Prozent der Frauen wirkt sie sich negativ auf das Arbeitspensum aus. Zum Vergleich: Nur rund ein Fünftel der Männer spürt hier durch die neue flexible Arbeitszeitgestaltung eine Verschlechterung.

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Mehr Aufsichtsrätinnen

Hat sich mittlerweile bei den Aufsichtsratsmandaten viel bewegt? Die aktuellen Ergebnisse zeigen: Auf globaler Ebene ist hinsichtlich der Repräsentanz von Frauen in Aufsichtsräten noch wenig Fortschritt zu verzeichnen. Zwar arbeiten zahlreiche Unternehmen seit Jahren an der Förderung der Geschlechterdiversität in Führungspositionen, dennoch liegt der weltweite Frauenanteil in Aufsichtsräten lediglich bei 20 Prozent. Im Vergleich zur Studie aus dem Jahr 2019 bedeutet das nur eine Steigerung von drei Prozent.

Wenn es auf globaler Ebene in diesem Tempo weitergeht, wird es erst 2045 eine Geschlechtergleichheit in Führungsgremien geben, rechnet Deloitte vor. Im Vergleich nimmt Europa dennoch eine Vorreiterrolle ein: Frankreich (43 Prozent), Norwegen (42 Prozent) und Italien (37 Prozent) – alles Länder mit strengen Quotenregelungen – weisen international den höchsten Prozentsatz an Frauen in Aufsichtsräten auf. Erst auf Platz sieben findet sich mit Neuseeland (32 Prozent) ein Land außerhalb Europas.

Einige Länder setzen für die Förderung von Frauen in Führungspositionen auf die Quotenregelung – und das mit Erfolg. Auch in Österreich gibt es bei Neubestellungen in börsennotierten Unternehmen sowie in Unternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten eine verpflichtende Frauenquote von 30 Prozent. Nun werden die Auswirkungen sichtbar: In den heimischen Aufsichtsräten steigt der Frauenanteil – auch über die gesetzlich verpflichteten Unternehmen hinaus. Frauen nehmen mittlerweile 28 Prozent der Aufsichtsratsplätze ein.

Die Bundesfrauenquote ist 2021 über die 50-Prozent-Marke geklettert. Das waren plus 5,2 Prozentpunkte bei den 293 vom Bund entsandten Aufsichtsräten in den 55 staatsnahen Betrieben, weist der "Fortschrittsbericht" aktuell aus. (Karin Bauer, 3.3.2022)