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Putin während der Sitzung des nationalen Sicherheitsrats.

Foto: AP / Sputnik / Andrei Gorshkov

Russlands Präsident Wladimir Putin hat Angriffe auf Städte und Zivilbevölkerung in der Ukraine bestritten. Die Angriffe richteten sich allein gegen "Neonazis", behauptete der Kreml-Chef in einer Sitzung des nationalen Sicherheitsrats. Den ukrainischen Streitkräften warf er vor, sich in den Städten zu verschanzen. "Sie nutzen Zivilisten als menschliche Schutzschilde."

Diese würden auch Ausländer als Geiseln nehmen, sagte Putin. Er verwies auf angeblich über 3.000 Inder, die nicht aus der ostukrainischen Millionenstadt Charkiw herausgelassen wurden, und erklärte, dass ukrainische Nationalisten auf Chinesen geschossen und zwei von ihnen verletzt hätten, als diese die Stadt verlassen wollten. "Das beweist, wir kämpfen gegen extremistische Banditen", so der Kreml-Chef.

Verluste eingeräumt und Entschädigung versprochen

Einmal mehr beharrte Putin auf der Feststellung, dass die Ukraine eine Gefahr für Russland darstelle und "unter anderem mit Atomwaffen" gedroht habe. Russland verteidige mit dem Einsatz also nur seine eigene Sicherheit und schütze die Bevölkerung im Donbass.

Dabei räumte er einige Verluste bei den eigenen Streitkräften ein, ohne genaue Zahlen zu nennen. Er versprach den Angehörigen allerdings Kompensationszahlungen. 7,4 Millionen Rubel seien ohnehin vorgesehen, zudem werde er einen Aufschlag von weiteren fünf Millionen Rubel veranlassen. Nach dem Rubelverfall in der letzten Woche entspricht diese Summe etwa 100.000 Dollar. Verwundete sollen mit drei Millionen Rubel (25.000 Dollar) entlohnt werden.

Er rühmte in dem Zusammenhang das Handeln der russischen Streitkräfte und brachte zwei Beispiele für die angebliche Vernichtung größerer ukrainischer Truppenteile durch russische Offiziere. Einem dagestanischen Offizier verlieh er zugleich posthum den Orden "Held Russlands". Insgesamt zeigte sich Putin siegessicher. Die Operation laufe "nach Plan", sagte er, bevor die Übertragung abgebrochen wurde.

Macron zu Putin: "Sie belügen sich selbst"

Schon zuvor waren Details seines Gesprächs mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron publik geworden. Macron zeigte sich danach sehr ernüchtert, da Putin von keinem Kriegsziel abgerückt sei und Bedingungen stelle, die unannehmbar seien. Alles laufe darauf hinaus, dass Moskau eine vollständige Besetzung der Ukraine anstrebe.

Macron hat in seinem Telefonat mit Putin erklärt, er mache in der Ukraine einen "großen Fehler". Er mache sich bezüglich der Regierung in Kiew etwas vor, und der Krieg werde Russland langfristig teuer zu stehen kommen, sagte ein Berater Macrons. In dem von Putin am Donnerstag initiierten Telefonat bekräftigte der russische Staatschef seine Entschlossenheit, die Neutralisierung und Entwaffnung der Ukraine zu erreichen, entweder diplomatisch oder mit Waffen.

"Putin sagte nichts, was uns beruhigen könnte", sagte der Präsidentenberater. Putin habe seine "Erzählung" wiederholt, dass er die "Entnazifizierung der Ukraine" anstrebe. "Sie belügen sich selbst", antwortete Macron demnach. "Es wird Ihr Land teuer zu stehen kommen, Ihr Land wird für sehr lange Zeit isoliert, geschwächt und unter Sanktionen stehen."

Gesprächsangebot von Selenskyj

Im Anschluss telefonierte Macron mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Dieser habe betont, dass die Ukraine sich nicht ergibt, mit der Pistole an der Schläfe verhandle man nicht, sagte er laut Élysée-Palast. Grundsätzlich sei er allerdings zur Diplomatie bereit, zeigte sich aber besorgt über die zivilen Opfer des Angriffs.

Selenskyj machte Putin indes ein Gesprächsangebot. Die Ukraine habe Russland weder angegriffen, noch verfüge sie über Atomwaffen, sagte Selenskyj. Er sei aber bereit, mit Putin zu reden. "Setz dich an den Tisch mit mir und rede, ich bin frei. Aber bitte nicht in 30 Meter Abstand wie mit Macron. Wir sind schließlich Nachbarn", lästerte Selenskyj dabei. (André Ballin aus Moskau, vos, ag, APA, 3.3.2022)