Am Mittwoch hat die Fastenzeit begonnen, und auch wenn mich das persönlich nicht betrifft, war es ein guter Anlass, um einen schon länger gehegten Plan umzusetzen: die große Gruß-aus-der-Küche-Fleischersatzproduktverkostung. (Der Mensch lebt schließlich nicht vom Croissant allein.)

Ich gestehe, nicht vorurteilsfrei in diesen Test gegangen zu sein. Ich finde die Produkte generell so ansprechend wie das Wort Fleischersatzproduktverkostung und habe das ganze Konzept "Fleischersatzprodukt" lange für eine schwachsinnige Idee gehalten.

Foto: Tobias Müller

Wenn ich kein Fleisch essen möchte, schau ich mir an, wie Inder kochen, nicht Amerikaner (1), und wenn es unbedingt mal ein Rezept sein soll, das traditionell Fleisch enthält, nehme ich stattdessen einfach köstliches Gemüse. Mapu-Tofu schmeckt mir mit Pilzen besser als mit Rindsfaschiertem, ein Käse-Sauerkraut-Toast ist mindestens so gut wie einer mit Schinken, und ein gut gegrillter Portobello-Pilz ist besser als ein schlechtes Fleischlaberl. (2)

Ich habe mittlerweile eingesehen, dass diese Position ein wenig radikal ist. Sie übersieht, was das Zeug für die Zielgruppe ist, nämlich schlicht praktisch. Ich schätze, die meisten Leute kaufen Fleischersatzprodukte aus dem gleichen Grund, aus dem die meisten Leute echtes Fleisch essen: weil es schnell und einfach und ohne viel nachzudenken zuzubereiten ist. Ein Steak, ein Kotelett, ein faschiertes Laibchen sind Convenience-Essen, das kaum Arbeit und Dreck macht und keine Rezeptrecherche oder den Gang ins Gewürzgeschäft verlangt. (3)

Es ist daher gar nicht so verwunderlich, dass die Produkte wie Pilze aus dem Boden schießen. Das Angebot ist in kürzester Zeit so groß geworden, dass es, zumindest für mich, unübersichtlich ist.

Wer testete?

Der Christoph Fink und ich müssen beruflich bedingt immer wieder Rezepte entwickeln, in denen solche Substitute verwendet werden. Wir fanden also, es war an der Zeit, unsere Vorurteile zu überprüfen und zu kosten, wie das Zeug eigentlich schmeckt. Palatschinkenforscher Heinrich S. hat sich Ähnliches gefragt und uns angeschlossen; und zu unserer großen Freude und Objektivitätsrettung des Tests hat auch noch Heinrich S.' 17-jährige Tochter mitgemacht, die Einzige von uns, die freiwillig und gern Fleischersatzprodukte isst.

Wir haben uns großteils auf Burgerpattys und Faschiertes beschränkt, schlicht um den Test auf eine bewältigbare Menge an Produkten zu beschränken und weil wir fanden, dass bei verarbeitetem Fleisch die Chancen besser stehen, dass die Ersatzprodukte okay sind. Gekauft haben wir fast alles, was Billa Plus, Spar und gurkerl.at zu bieten hatten. Neben rein vegetarischen und veganen Produkten haben wir auch zwei 50:50-Fleisch-und-Gemüse-Mischungen probiert.

Foto: Tobias Müller

Beim Einkaufen haben der Heinrich S. und ich unabhängig voneinander doch nicht widerstehen können und dann noch zwei Fake-Steaks und eine Fake-Bratwurst gekauft.

Als Referenzfaschiertes (und damit wir was zu essen haben) haben wir uns Pattys vom Wagyu Hof, von XO Beef und Labonca besorgt. Damit haben wir die Ersatzprodukte zugegeben gegen die Fleisch-Königsklasse antreten lassen. Ich hatte deswegen kurz ein schlechtes Gewissen – nach dem Test bin ich aber recht sicher, dass die Ergebnisse auch mit stinknormalem Supermarktfaschiertem nicht anders gewesen wären.

Bei der Verkostung und Zubereitung haben wir versucht, den Ersatzprodukten möglichst entgegenzukommen: Wir haben die Pattys als Smashed Burger (also angedrückt und knusprig gebraten) zubereitet und nicht medium-rare gebraten, weil Röstaromen doch leichter zu entwickeln sind als saftig-rohe Konsistenz. Wir haben zunächst alle Ersatzprodukte gegeneinander verkostet und dann erst die Sieger dieser Runden gegen das Fleisch antreten lassen; und wir haben für die finale Runde nicht einfach nur die puristischen Pattys probiert, sondern richtige Burger mit ihnen gebaut, mit Käse, Saucen und eingelegtem Gemüse – damit alle eine Chance in ihrem natürlichen Lebensraum haben.

Die Ergebnisse haben mich dann doch teilweise überrascht. Ich fange mal mit unseren allgemeinen Ergebnissen an, weiter unten finden sich dann auch noch die Besprechungen der einzelnen Produkte.

Foto: Tobias Müller

Optik

Erst abschreckend, dann eine positive Überraschung. Die meisten Fleischersatzprodukte schauen roh ziemlich unappetitlich aus: entweder graubraun oder auffallend rot (wegen des oft verwendeten Rote-Rüben-Pulvers) und in vielen Fällen grauslich schleimig, also wenn, dann höchstens wie verdorbenes Fleisch. Einmal gebraten, ändert sich das aber: Die graubraungrüne Fraktion entwickelt dann eine durchaus ansehnliche Farbe, eine schöne Röstung und Maillardreaktion und sieht mitunter appetitlich aus. Sieger: Beyond Burger.

Konsistenz

Eine positive Überraschung und durch die Bank sehr ähnlich. Roh fühlen sich die meisten Laibchen schleimig an, das Faschierte hat beim Kneten eine plastilinartige Konsistenz. Auch das ändert sich, wenn sie einmal gebraten sind: Die Konsistenz vieler Produkte ist Faschiertem tatsächlich ziemlich ähnlich. Der merkbarste Unterschied ist, dass Fake-Faschiertes stets ein wenig fasriger ist. Das ist schon deutlich wahrnehmbar, aber wenn man nicht mal dran denkt, dass das Fake-Fleisch sein könnte, kann ich mir vorstellen, dass man es nicht merkt. Sieger: Beyond Burger.

Geschmack

Hier fächert sich das Feld auf. Es gibt bei den Produzenten, scheint mir, zwei Zugänge: die, die wirklich Fleisch imitieren wollen, und jene, die einfach Gemüselaibchen machen, die wie Fleisch ausschauen. In der zweiten Gruppe – bei den Gemüselaibchen – fanden wir Produkte, die uns allen geschmeckt haben: Als überraschend gut wurde etwa das Iglo Green Cuisine-Laibchen befunden, aber auch der Vegini Burger und Spar Veggie Vegane Burgerlaibchen waren passabel.

Die Produkte, die Fleisch imitieren wollen, tun sich schwerer. Die sojabasierten Produkte hatten alle eine starke Sesamnote, die meisten, soja- oder erbsenbasiert, haben außerdem eine seltsame, nicht balancierte Süße, und alle schmecken sie, nun ja, artifiziell. Die Aromen variieren stark von Suppenwürfel über Tannenwipfel bis hin zu modrig. Manche sind recht neutral, andere scheußlich, richtig gut war für die alten weißen Männer keiner. Die junge Testerin hatte eine differenziertere Meinung und befand einige zumindest als "gut dafür, dass es kein Fleisch ist" und als "mit Genuss essbar". Der Geschmackssieger bei den Fleisch-Fakes in der Kategorie "falscher Fleischgeschmack": wieder einmal Beyond Burger.

Was haben wir gelernt?

Weder der Christoph Fink noch Heinrich S. noch ich würden eines der Produkte freiwillig noch einmal kaufen, wir haben auch von keinem der Laberl mehr gegessen als den Kostbissen. Heinrichs Tochter hingegen war von ungefähr der Hälfte durchaus angetan. Sie ist eine sehr gute Kosterin und hat, nachdem im S.'schen Haushalt aufgewachsen, in ihrem Leben doch schon einiges probiert und zwangsweise ziemlich gut gegessen. Ich schätze also, dass es wirklich eine Frage der Einstellung und Sozialisierung ist.

Mit Fleisch haben alle Produkte wenig gemeinsam. Die besseren schmeckten aber erst dann richtig schlecht, als wir sie gemeinsam mit echtem Fleisch verkostet haben. Wem dieser Bezugsrahmen völlig fehlt – etwa weil er seit Jahren kein Fleisch mehr gegessen hat –, der kann, nehme ich an, Gefallen daran finden. Um sie fair einordnen zu können, muss man vielleicht einfach aufhören, sie mit Fleisch zu vergleichen oder an Fleisch zu messen. Auch Tofu ist schließlich kein "Fleischersatzprodukt". "Rehydriertes Erbsenprotein" klingt halt noch einmal unappetitlicher.

Generell gilt: Je verarbeiteter das Referenzprodukt selbst ist, desto eher lässt es sich faken. Soll heißen: Fake-Wurst geht mitunter, Fake-Leberkäse wahrscheinlich auch, Fake-Steak hingegen geht überhaupt nicht.

Die Bratwurst

Das Produkt, das uns am meisten überzeugt hat, war die zufällig ausgewählte vegane Bratwurst: Sie war gut gewürzt und hatte eine Konsistenz, die vielleicht nicht genau wie eine richtige Bratwurst ist, aber nah genug dran war, um uns, denken wir, zu täuschen. An einem Grillabend ohne große kulinarische Ansprüche ist sie durchaus brauchbar.

Beim Faschierten tat sich das Fake-Fleisch schon schwerer. Das Ergebnis der letzten Testrunde – also die fertig gebauten Burger mit echtem Fleisch und den Siegern der Fake-Runden – war eindeutig: Die Fake-Produkte schmecken deutlich anders und deutlich schlechter.

Im Finale angetreten sind gegeneinander XO Beef, Wagyu Hof, Rebel Meat und Beyond Burger. Unser Favorit war der Wagyu Hof mit seinen guten trocken gereiften Aromen, vor XO Beef und Labonca, gefolgt vom Karfiolfleisch von Rebel Meat und, weit und klar abgeschlagen, Beyond Meat. Auch die Jungtesterin stellte fest, dass der Beyond Burger im direkten Vergleich keine Chance hat. Sie war aber immerhin die Einzige, die ihren Fake-Burger aufgegessen hat. Der Herr Fink, der Herr S. und ich haben ihn nach einem Bissen liegen gelassen.

Die Fake-Steaks waren, ich kann es nicht anders sagen, widerlich. So ekelhaft, dass wir sie ausgespuckt haben. Dass sie so viel schlimmer waren als das Faschierte, ist interessant, weil sie ihm von den Zutaten sehr ähnlich sind. Ich schätze, es ist die Konsistenz und vielleicht die größere Intensität des Geschmacks. Jedenfalls: Da hilft kein Convenience-Argument mehr. Wer Fake-Steak isst, dem graust vor gar nichts.

Die Produkte im Detail

Wir haben die Fake-Produkte nach Zutaten bzw. Verarbeitungsart gruppiert und getrennt verkostet.

Sojaproteinpattys

Der Großteil des Fake-Faschierten wird offenbar aktuell auf Basis von Erbsenprotein hergestellt, drei unserer Testprodukte waren aber auf Sojabasis erzeugt: Linda McCartney's Vegetarian Burgers, Vantastic Foods Vantastic Burger und Garden Gourmet Sensational Burger.

Garden Gourmet Sensational Burger: sieht roh aus wie ein Burger, der sous vide gegart wurde, grau, schleimig, unappetitlich, gebraten tadellose Optik, riecht und schmeckt nach Sesam und geröstetem Getreide, unangenehm süßlich, Konsistenz etwas fasrig-flachsig, aber Faschiertem recht ähnlich.

Vantastic Foods Vantastic Burger: sehr rote Farbe, sonst dem Sensational recht ähnlich, etwas milder im Geschmack. Heinrich S. hatte außerdem leichte Katzenfutterassoziationen.

Linda McCartney's Vegetarian Burgers: ein Reinfall. Knofelig-zwiebeliger Geschmack, nach Suppenwürfel, und unangenehm grobe Konsistenz.

Foto: Tobias Müller

Erbsenproteinpattys

Beyond Meat Beyond Burger: dem Sensational Burger wieder einmal recht ähnlich, einmal gebraten optisch und von der Konsistenz nicht schlecht, etwas salziger als die Konkurrenz, nur leichte Sojatöne, die offenbar charakteristische seltsame Süße besser integriert bzw. balanciert. Die Männer sind skeptisch, die junge Frau meint, das könne man schon für Fleisch halten, solange man nicht gleichzeitig echtes Fleisch probiert.

Spar Veggie Vegane Burgerlaibchen: roh nicht schön, aber appetitlicher als die Konkurrenz, ein wenig wie Plastikfleischlaibchen aus einer Spielküche, sogar mit Fetteinschlüssen. Geschmacklich kein Fleischersatz, aber ein respektables Gemüselaibchen, gut gewürzt, angenehme Erbsentöne.

Just Veg! Burger: gebraten optisch fast wie die Laberl bei McDonalds, verbrennen aber sehr leicht (viel Zucker?), schmecken ein wenig, wie eine Sauna riecht, harzig-krautige Noten, Tannenwipfelassoziationen. Nicht wie Fleisch, aber ganz gute Konsistenz.

Vegini Burger: anständige Optik, ordentlicher Fettgehalt, rinnt sogar appetitlich aus beim Braten. Geschmacklich kein Fleisch, aber ein Gemüselaibchen, das einigen Testern Spaß macht.

Iglo Green Cuisine: Optisch erinnern sie ein wenig an Soylent-Schleim, einmal gebraten schauen sie okay aus und sind geschmacklich die fleischlosen Sieger des Abends: gutes Gemüselaibchen mit starken Rosmarinnoten, erinnert mich ein wenig an die Nordsee-Backfischbrötchen mit Remouladensauce.

Faschiertes auf Erbsenbasis

Just Veg! Veganes Faschiertes: ein bissl süß, ein bissl Sesamgeschmack, ein bissl Zwiebelnoten. Greift sich roh an wie Plastilin, wird gebraten sehr knusprig.

Spar Veggie Veganes Faschiertes: schmeckt nach Dreck, grundelt wie ein schlechter Karpfen. Neben dem Insektenlaibchen (siehe unten) das zweite richtig übel schmeckende Produkt.

50:50-Faschiertes

Rebell Meat Bio Burger Patties: besteht zu 50 Prozent aus Fleisch und sonst viel Karfiol, es überrascht daher nicht, dass es nach Fleisch und Karfiol schmeckt. Lässt sich gut braten, hat eine schöne Farbe und Konsistenz, allerdings muss man Kohlnoten im Fleisch mögen.

Hofstädter Fleisch und Gemüse Faschiertes Natur: Haptisch und optisch Faschiertem sehr ähnlich, allerdings aufgrund des hohen Paprikaanteils mit ausgeprägten Paprikanoten im Geschmack. Für Burger eher unbrauchbar, als Füllung für gefüllte Paprika vielleicht sehr gut.


Foto: Tobias Müller

Andere Produkte

Hermann Faschiertes ohne Fleisch: schmeckt genau nach dem, was es ist: nach Ei und Pilzen. Solide gewürzt, aber es stellte sich die Frage: wieso nicht einfach frische Pilze und Ei nehmen? Ist die Zeitersparnis des Schneidens das Geld wert? Achtung: für Faschierte Laibchen, faschierten Braten oder Burgerpattys aufgrund der Konsistenz ungeeignet.

Zirp Eat for Future Burger Patties: Das einzige Produkt aus Insekten und die übelsten Burger-Pattys des Tests. Penetranter Geschmack nach Paprika und Kabelbrand. Hoher Proteingehalt, wenn man es denn runterbekommt. Wir haben das nicht geschafft. Von allen Testern für ungenießbar befunden.

Foto: Tobias Müller

Garden Gourmet Sensational Bratwurst: nicht schlecht! Das einzige Produkt, das ich im Blindtest wohl für Fleisch gehalten hätte. Gut gewürzt, angenehmer Bratwurstgeschmack nach weißem Pfeffer und Koriander, Konsistenz ein wenig zu fasrig, aber schwer okay.

Vivera Veganes Steak: ekelhaft in jeglicher Hinsicht. Breiig weiche Konsistenz, Geschmack eines Suppenwürfels. Ein Fall für den Spuckkübel.

Green Mountain Plant Based Steak: erinnert optisch an ein Döner Kebab oder eine Andouillette (gewickelt). Ist schnittfest und schmeckt ekelhaft, süß, künstlich. Wollte ebenfalls keiner schlucken. (Tobias Müller, 6.3.2022)

(1) Ja,, es gibt tolle traditionelle vegetarische Gerichte aus den USA. Ja, ziemlich viele Inder – so etwa 60 Prozent! – sind gar keine Vegetarier.

(2) Es gibt viele Leute, die Fleischersatzprodukte ablehnen, weil sie extrem hoch verarbeitet sind und aus diversen unaussprechlichen Zutaten bestehen. Ich teile und verstehe dieses Misstrauen prinzipiell. Ich halte aber die dahinterstehenden Ideen von "natürlich" und "künstlich", von "verarbeitet" und "ursprünglich" für philosophisch dünnes Eis und das Thema für komplexer, als es so ein Blog im Vorübergehen zulässt. Ich lasse diese Diskussion daher hier aus.

(3) Jetzt könnte man einwenden, dass das beides keine gute Idee ist, weder Fleisch noch Fleischersatz aus Bequemlichkeitsgründen, aber das ist eine andere Diskussion und Geschichte.