Alleine im Wiener Ankunftszentrum für ukrainische Flüchtlinge wurden seit Donnerstag mehr als 1700 Personen registriert. Am Wiener Hauptbahnhof betreibt die Caritas mit Helferinnen und Helfern einen Info-Point sowie eine Notschlafstelle.

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Die Fluchtbewegung aus dem ukrainischen Krisengebiet nimmt rasant zu. Im Nachbarland Polen wird in Kürze die Marke von einer Million geflüchteten Menschen überschritten, bis Samstag waren es schon 922.400 Geflüchtete. Auch der Zustrom nach Österreich wird größer, wenn auch in weit geringerem Ausmaß. Laut Innenministerium kommen derzeit im Durchschnitt 4.000 Flüchtlinge pro Tag in Österreich an, wobei die meisten gar nicht hierbleiben, sondern in Länder wie Spanien oder Italien weiterreisen, wo es große ukrainische Communitys gibt. Die Zahlen könnten aber auch in Österreich bald steigen. Der Migrationsforscher Gerald Knaus hält zehn Millionen Flüchtlinge aus der Ukraine für möglich.

Seit Donnerstag wurden alleine im Ankunftszentrum für ukrainische Flüchtlinge in Wien mehr als 1.700 Personen registriert. Dieses befindet sich in einer Sporthalle in der Engerthstraße 269 beim Stadion-Center im zweiten Wiener Bezirk. Ein zweites Betreuungszentrum, das Ankommenden zur ersten Information dient und wo bei der Quartiersuche geholfen wird, wurde im Austria Center eingerichtet. Auch auf dem Hauptbahnhof befanden sich Sonntagmittag wieder Dutzende aus der Ukraine angekommene Menschen. Sie werden unter anderem von der Caritas erstbetreut.

Notschlafstellen von 730 auf 1.250 Plätze aufgestockt

Aufgrund des stetig größer werdenden Andrangs stockt die Stadt Wien die Zahl der Notschlafstellen deutlich auf. Bisher wurden 730 Notunterkünfte organisiert: Diese sind bereits ausgelastet, wie die Sprecherin des Wiener Krisenmanagements dem STANDARD sagte. "Gestern Nacht waren alle Betten belegt." Am Sonntag wurde das Angebot auf insgesamt 1.250 Notschlafplätze erhöht.

Das wurde unter anderem möglich, weil am Sonntag ein erstes großes Notquartier mit rund 380 Betten in Betrieb ging. Es handelt sich um ein ehemaliges Pensionistenwohnheim in Wien-Simmering, in dem in einem weiteren Bereich des mehrstöckigen Hauses auch Obdachlose untergebracht sind. In einer weiteren größeren Notunterkunft wurden mehr als 100 Plätze geschaffen. Nähere Details zu den Standorten wollte die Sprecherin der Stadt vorerst aus Schutzgründen nicht nennen. Man sei aber aufgrund der Entwicklungen dabei, "weitere Plätze zu schaffen".

Erstes Notquartier am Hauptbahnhof ausgelastet

Auch die Caritas betreibt am Hauptbahnhof ein Notquartier in Kooperation mit der ÖBB. Hier stehen 50 Notbetten zur Verfügung. "Diese sind praktisch jeden Tag voll", sagte Klaus Schwertner, Geschäftsführer der Caritas Wien. Weitere Notquartiere seien bereits in Hotels rund um den Hauptbahnhof angeboten und eingerichtet worden, hier ist auch der Arbeiter-Samariter-Bund tätig.

Seit Samstag können die Ankommenden am Hauptbahnhof notfalls auch mit einer Suppe des Canisibus versorgt werden, Mitglieder der ukrainischen Community in Wien helfen – mit zahlreichen anderen Unterstützern – als Übersetzer vor Ort.

Aktuell täglich rund 4.000 Flüchtlinge nach Österreich

Laut Innenministerium reisen von den 4.000 Flüchtlingen, die derzeit im Schnitt pro Tag nach Österreich kommen, etwa 80 Prozent in andere Staaten weiter. Mittlerweile würden laut Schwertner aber mehr Flüchtlinge in Österreich ankommen, die nicht an andere ukrainische Communitys in Europa andocken können und noch nicht wissen, wo ihre Flucht enden wird. Da klar ist, dass ein Teil länger in Österreich bleiben wird und mehr als nur eine Notunterkunft benötigt, werden auch mittelfristige Quartiere gesucht.

Im Rahmen der Nachbarschaftsquartieraktion der Bundesagentur für Betreuung und Unterstützungsleistungen (BBU) stehen mittlerweile 12.000 Wohnplätze in etwa 3.000 Quartieren zur Verfügung, meldete das Innenministerium am Sonntag. Private können sich unter nachbarschaftsquartier@bbu.gv.at melden, um Wohnraum zur Verfügung zu stellen.

Die Caritas Wien hat unter immo-wohnungen@caritas-wien.at ebenfalls eine E-Mail-Adresse eingerichtet: Hier können sich Personen melden, die über leerstehende Immobilien, Wohnungen und Zimmer verfügen und diese Geflüchteten aus der Ukraine für mindestens sechs Monate zur Verfügung stellen wollen.

Auch die Diakonie hat eine "Wohnraumvermittlungsstelle für Vertriebene aus der Ukraine" gestartet. (David Krutzler, 6.3.2022)