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Donald Trump betreibt seit Ende Februar ein eigenes Social-Media-Netzwerk.

Foto: Reuters / Octavio Jones

Truth Social ist Donald Trumps Antwort auf seine Sperre durch Twitter, Facebook und Co. Mit seinem eigenen Netzwerk wolle er "der Tyrannei von Big Tech die Stirn" bieten, verkündete er schon letzten Herbst. Seit mittlerweile zwei Wochen können iPhone-Nutzer in den USA auf die App zugreifen. Bereits jetzt zeigt sich: Einen neuen Maßstab in Sachen freie Rede setzt die konservative Plattform nicht. Trotz einer Finanzspritze von einer Milliarde Dollar scheint außerdem die Nachfrage viel niedriger zu sein als erhofft.

Dabei schien das Interesse am Tag der Veröffentlichung noch relativ groß zu sein. Einige Nutzer, die ein Konto eröffnen wollten, wurden am 21. Februar deshalb auf eine Warteliste gesetzt. Eine Entwicklung, die nicht anzuhalten scheint. Hinter den Kulissen kippt deshalb bereits die Stimmung, berichtet "The Daily Beast" unter Berufung auf mit der Materie vertraute Quellen.

Mangelnder Erfolg

Demnach soll sich Trump über die miserable Leistung von Truth Social beschweren und in Telefonaten unter anderem fragen, "was zum Teufel" mit der Plattform los sei. Auch die negative Presseberichterstattung sei ihm sauer aufgestoßen.

Die mäßige Leistung des sozialen Netzwerks lässt sich auch in Zahlen festmachen. Mithilfe von Daten des Web-Analyse-Unternehmens Similar Web hat "The Daily Beast" die Besucherzahlen untersucht. Zwar handelt es sich dabei nur um Schätzungen auf Basis unvollständiger Daten. Dennoch zeichnen diese ein relativ deutliches Bild.

Demnach verzeichnete die Plattform während des Launchs etwa zwei Millionen Visits pro Tag. Inzwischen sind es nur noch 300.000. Damit liege Truth Social laut den Berichterstattern mit Alternativen wie Gettr gleichauf. Das rechtsextreme Gab komme auf 650.000 tägliche Visits. Zum Vergleich: Twitter zählt derzeit mehr als 200 Millionen tägliche User. Hinzu kommt, dass aktive Nutzer im Schnitt nur 90 Sekunden in der App verbringen.

Kein einziges Posting

Selbst Trump scheint kein allzu großes Interesse an seinem Social Network zu haben. Einem Bericht der Nachrichtenseite "Axios" zufolge hat der Ex-Präsident seit dem Launch keinen einzigen Beitrag auf Truth Social veröffentlicht. Stattdessen nutze er für Statements die Reichweite von Radio und Fernsehen. Dabei war Twitter zu Zeiten seiner Präsidentschaft der wahrscheinlich wichtigste Kommunikationskanal Trumps. Die Plattform sperrte ihn nach wiederholten Falschaussagen und dem gewaltsamen Sturm auf das US-Kapitol.

Das Design und User-Interface von Truth Social sehen dem beliebten Kurznachrichtendienst jedenfalls sehr ähnlich. Der größte Unterschied: Beiträge heißen statt Tweets nun "Truths", also "Wahrheiten", die Nutzer posten können. Damit soll vermutlich auf das Versprechen angespielt werden, dass die Plattform "frei von politischer Diskriminierung" sei.

Freie Meinungsäußerung?

Allzu eng scheinen es die Betreiber mit ihrem Werbeslogan allerdings nicht zu nehmen. Es gibt bereits Berichte darüber, dass Nutzern die Erstellung eines Accounts verweigert wurde. Unter anderem war Matt Ortega betroffen, wie "Mashable" berichtet. Auf Twitter betreibt er einen Parodie-Account, in dem er den derzeitigen CEO von Trump Media & Technology aufs Korn nimmt. Das Unternehmen betreibt Truth Social.

Wie der STANDARD berichtete, sollen die Nutzungsbedingungen zudem deutlich strikter sein als bei konkurrierenden Plattformen wie Twitter und Facebook. Demnach können Nutzerkonten praktisch beliebig gelöscht werden, wenn Moderatorinnen der Meinung sind, ein Posting verstoße gegen die Richtlinien. Außerdem könnten "verleumderische und sonst wie anstößige Inhalte" zu Sperren führen. Die weit gefasste Formulierung lässt der Moderation viel Spielraum.

Dass Trump mit seiner Social-Media-Plattform den erhofften Erfolg einfahren wird und eine ernstzunehmende Konkurrenz zum Mainstream etabliert, scheint angesichts der Nutzerzahlen eher unwahrscheinlich. Hinzu kommt, dass die Nutzung derzeit nur US-Bürgern möglich ist – falls sie ein iPhone besitzen. Eine Android-Version soll sich in Entwicklung befinden. Wann diese veröffentlicht werden könnte, steht allerdings in den Sternen. (mick, 7.3.2022)