Nein, den jungen und weniger jungen Leuten, zu deren Lebensstil das gehört, will man nicht die erste Partynacht in wieder geöffneten Lokalen vermiesen: Es sei ihnen von Herzen vergönnt. Auch die Polizei, die mancherorts ordnend in die Menschenschlangen vor den Clubs eingreifen musste, wird schon traurigere Einsätze gehabt haben, kann man annehmen. Und jetzt vergessen wir einmal Corona, das erwischt uns – so will es unsere Regierung – sowieso alle ...

Schlange vor einer Apotheke in Kiew.
Foto: IMAGO/Ukrinform

Aber in diesen Zeiten kann man natürlich gar nicht anders als auch an die Schlangen im Kriegsland Ukraine zu denken: Dort sind die Menschen angestellt, wo es gerade sicher genug ist, sich auf der Straße aufzuhalten, und wo es überhaupt noch etwas zu kaufen gibt. Aber ein Teil unserer Jugend ist sich dessen – und des eigenen guten Lebens – durchaus bewusst.

An nicht wenigen Landsleuten jeden Alters geht jedoch die Lage in der Ukraine, anders als die Medien es vermitteln wollen, wahrscheinlich einfach vorbei. Insofern sollte man nüchtern sehen, dass der jetzt vielgehörte Satz "Wenn die Menschen in der Ukraine so leiden, können wir hierzulande auch auf manches verzichten" (zum Beispiel auf eine gutgeheizte Wohnung) wohl eher ein Romantizismus der ersten Stunde ist. Wenn es an das unfreiwillige Hergeben geht, werden nur noch wenige gern mitmachen. Insofern ist der Satz "Es ist kein Sprint, sondern wird ein Marathon" schon realistischer. (Gudrun Harrer, 8.3.2022)