Auf Spurensuche bei einer Künstlerkommune: Tessa Ott (Carol Schuler) und Isabelle Grandjean (Anna Pieri Zuercher).

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Zürich/Wien – Die Zürcher Kommissarinnen Isabelle Grandjean (Anna Pieri Zuercher) und Tessa Ott (Carol Schuler) sind in ihrem dritten "Tatort" mit einer bizarren Künstlerin, einem geldgeilen Galeristen, einem Schönheitschirurgen und einem dementen Schwimmlehrer konfrontiert. Der spannende Fall "Schattenkinder" lüftet auch ein sehr persönliches Geheimnis der Juniorpartnerin des Duos. Am Sonntag läuft die neue Zürcher "Tatort"-Folge in ORF 2.

Die beiden Ermittlerinnen taten sich in den ersten beiden Folgen aus Zürich noch sehr schwer miteinander, finden aber nun offenbar zusammen. "Etwas Tiefes beginnt die beiden zu verbinden", sagt Schauspielerin Zuercher der Deutschen Presse-Agentur. "Isabelle ist die Perfektionistin, Tessa mehr wild und punkig, aber wenn beide ihre Stärken zusammenbringen, können sie als Team über ihre Grenzen gehen. Dann sind sie wie eine Superheldin mit zwei Köpfen."

Der Fall beginnt mit einem Leichenfund. In einer Fabrikhalle entdeckt der dorthin gelockte Schönheitschirurg Beat Gessner (Imanuel Humm) seinen völlig verpackten und verklebten Sohn Max (Vincent Furrer), Anfang 20, wie inszeniert von der Decke hängend. Die Ermittlerinnen stellen fest, dass der Tote kahl geschoren und nicht nur im Gesicht, sondern auch auf der Hornhaut der Augen tätowiert war – eine unsäglich schmerzliche Prozedur. In der Halle lief eine Kamera.

Mit dem Schmerz in Verbindung treten

Die Spur führt zu der Künstlerin Kyomi (Sarah Hostettler), die Max und zwei weitere junge Leute als Kunstobjekte vermarktet. Die jungen Leute sind ihr ergeben wie einer Sektenführerin. "Wir müssen mit dem Schmerz in Verbindung treten", doziert Kyomi. "Eine Wunde, die heilen soll, muss man sehen." Wie sich herausstellt, wurde Max als Kind von seinem Schwimmlehrer missbraucht. Auch die anderen beiden kommen aus zerrütteten Familienverhältnissen.

Kindesmissbrauch in einem Unterhaltungsformat wie einem Krimi zu behandeln, brauche Fingerspitzengefühl, sagt Zuercher, die aus der französischsprachigen Schweiz kommt und im wahren Leben mit demselben französischen Akzent spricht wie in ihrer Rolle. "Ja, das kann belastend sein", sagte sie. "Wir sind als Schauspieler hier die Vermittler eines schwierigen Themas. Deshalb ist die Konzentration am Set besonders hoch, höher als bei einer Komödie."

Zwielichtig ist nicht nur der erfolgreiche Schönheitschirurg, der mit seinem labilen Sohn nicht zurechtkam und nicht die ganze Wahrheit sagt. Welche Rolle spielt der Galerist, der mit Videoinstallationen der tätowierten jungen Leute Geld machen will? Und was treibt die Künstlerin an, die nicht nur auf junge Leute eine hypnotisierende Wirkung zu haben scheint?

Auch Kommissarin Ott scheint in ihren Bann zu geraten. Sie fragt sich, welchen Sinn es hat, die jungen Leute so zu entstellen. "Wenn ich mich nicht mehr im Spiegel erkenne, befreit mich das von mir selbst?", sinniert sie in einer Szene. "Dann brauchst du eine Brille", ist Grandjeans lapidare Antwort. Sie lernt im Lauf der Ermittlungen eine der dunkelsten Seiten von Otts Leben kennen. Die zweiköpfige Superheldin deckt schließlich ungeahnte Familienbande auf und kann eine spektakulären Feuerszene am Ende zwar nicht verhindern, aber weitere Opfer vor dem Tod bewahren.

Schweizer "Tatort"-Krimis haben in der Gunst des Publikums eher einen schweren Stand. "Diese Meinung hat sich so eingeschliffen, dass Schweizer 'Tatorte' angeblich nicht gut sind, aber das ist nicht fair", sagt Zuercher. "Wir können mit den anderen mithalten." (APA, 9.3.2022)