Moskau – Nicht nur die politischen Signale in Richtung Kreml nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine sind eindeutig, auch Unternehmen erhöhen den Druck. Täglich verlassen internationale Konzerne das Land – sei es aus Protest oder wegen der harten Sanktionen. Die Kritik an Unternehmen, die dies nicht taten, nahm zuletzt stark zu. Im Internet gab es mitunter Boykottaufrufe.

Vier weitere große westliche Marken gaben kürzlich bekannt, Russland ab sofort zu meiden. McDonald's, Starbucks und Coca-Cola stellen vorübergehend den Betrieb in Russland ein, Pepsico will sein Geschäft stark einschränken. Eine Zäsur in der Historie dieser Unternehmen.

Medienbericht: Druck von Regierung

McDonald’s eröffnete seine erste Filiale in Moskau noch bevor der Eiserne Vorhang endgültig fiel und die Sowjetunion kollabierte. Damals standen tausende Menschen stundenlang in der Kälte, um einen Big Mac zu ergattern. Nun machen die mittlerweile 850 Filialen zu, was vorerst die Arbeitslosigkeit von rund 62.000 Menschen bedeutet. Die Gehälter der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter würden weiter bezahlt, heißt es bei McDonald‘s.

Einem Bericht des US-Nachrichtensenders CNN habe das auch mit Druck der russischen Regierung zu tun. Aus dem Kreml soll es Hinweise gegeben haben, wenn Unternehmen ihre Mitarbeiter nicht bezahlen, könnten die Firmen verstaatlicht werden. Dazu äußert sich der Konzern allerdings nicht.

"Menschliches Leid"

Lange hatte sich der weltgrößte Fast-Food-Riese zum Krieg in der Ukraine bedeckt gehalten, doch nun bezog Vorstandschef Chris Kempczinski Stellung. Aufgrund der Werte des Unternehmens könne man "das unnötige menschliche Leid, das sich in der Ukraine zuträgt, nicht ignorieren", erklärte er in einer E-Mail an die Mitarbeiter. Der Betriebsstopp sei nötig, auch wenn McDonald’s seit über 30 Jahren in Russland vertreten sei und dort täglich Millionen Kunden bediene.

Es geht um viel Geld. McDonald‘s erzielt in Russland und der Ukraine neun Prozent der jährlichen Einnahmen, was in etwa zwei Milliarden Dollar entspricht. Es steht jedoch nicht nur Umsatz auf dem Spiel, denn im Gegensatz zu anderen Fast-Food-Ketten wie Burger King, Pizza Hut oder KFC gehören McDonald‘s 84 Prozent der russischen Betriebsstätten.

Warum bleibt Pepsi?

Pepsi verkauft seine Produkte seit mehr als 60 Jahren in Russland und verbucht dort rund vier Prozent seiner konzernweiten Erlöse. Investitionen sowie sämtliche Werbe- und Marketingaktivitäten werden gestoppt, Artikel des täglichen Bedarfs werden aus "humanitärer Verantwortung" weiter angeboten, etwa Milchprodukte oder Babynahrung. Rivale Coca-Cola verdient in Russland zwar deutlich weniger, es sind rund zwei Prozent des Umsatzes, ist aber auch schon lange im Land präsent.

McDonald's schließ 850 Filialen in Russland, mehr als 60.000 Mitarbeiter sollen aber weiterhin Gehalt bekommen.
Foto: IMAGO/ITAR-TASS

Sportartikel

Nach Weltmarktführer Nike und dem Rivalen Puma zieht sich auch der deutsche Sportartikelkonzern Adidas vorübergehend aus dem russischen Markt zurück. Der Rückzug kostet Adidas heuer bis zu 250 Millionen Euro Umsatz. Im Konzern soll der Umsatz währungsbereinigt dennoch um bis zu 13 Prozent zulegen, wie Adidas am Mittwoch mitteilte. Mit Russland wäre es um einen Prozentpunkt mehr gewesen.

Insider sprechen von einer kleinen, aber verkraftbaren Delle für das Geschäft. Zu den Auswirkungen auf das Ergebnis äußerte sich das Unternehmen nicht. An der Börse jedenfalls lief der Mittwoch gut an, die Aktien starteten mit einem deutlich größeren Umsatzplus als bei allen anderen Dax-Unternehmen in den Tag.

Adidas kostet der Rückzug aus Russland rund 250 Millionen Euro, Insider bezeichnen das aber nur als "kleine Delle".
Foto: ANDREW KELLY

Blick nach Deutschland

In der deutschen "Abschiedsliste" finden sich weitere große Namen, etwa die Logistiker Kühne + Nagel und DHL sowie die Containerreedereien Maersk und MSC. Siemens streicht sein Neugeschäft in Russland und stoppt internationale Lieferungen in das Land. MAN liefert keine Lastwagen und Ersatzteile mehr. In deutschen Supermarktregalen stehen immer weniger Produkte aus Russland. Aldi listete selbst russischen Wodka aus. Obi schließt seine russischen Filialen.

Mit dem russischen Partner Avtotor hatte BMW im vergangenen Jahr noch 12.000 Autos in Kaliningrad (Königsberg) gebaut und insgesamt 49.000 Autos in Russland verkauft. Damit ist bis auf weiteres Schluss. Mercedes stoppte ebenfalls Verkauf und Produktion, und auch VW zog die Reißleine, wenn auch zögerlich und deutlich nach den anderen beiden Autogrößen. Der US-Autobauer Ford reduzierte seine Präsenz in den vergangenen Jahren bereits deutlich und kehrt Russland ebenfalls den Rücken.

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Knapp 50.000 Autos verkaufte BMW vergangenes Jahr in Russland, das geht vorerst nicht weiter.
Foto: REUTERS/Wolfgang Rattay

Energie

Am Dienstag machte US-Präsident Joe Biden mit dem Importverbot für Öl und Gas aus Russland einen großen Schritt. Zahlreiche Energiekonzerne gingen bereits davor auf Distanz. Der Ölkonzern Exxonmobil etwa ist raus. Shell und BP steigen bei den russischen Energiekonzernen Gazprom und Rosneft aus. Die heimische OMV hat eine mögliche Beteiligung an einem riesigen Gazprom-Gasfeld aufgegeben. Uniper hat sein Darlehen für die Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 komplett abgeschrieben.

Zuvor hatten die BASF-Mehrheitsbeteiligung Wintershall Dea und die OMV bereits mitgeteilt, ihre Finanzierung an Nord Stream 2 von ebenfalls rund einer Milliarde Euro abzuschreiben.

Tech-Konzerne

Apple verkauft seine Handys, Tablets und anderen Produkte vorerst nicht mehr in Russland. Auch der Bezahldienst Apple Pay und andere Dienste sind eingeschränkt. Apps der russischen Staatsmedien RT und Sputnik sind in den App Stores außerhalb Russlands nicht mehr verfügbar. Der südkoreanische Konkurrent Samsung liefert ebenfalls nicht mehr.

Weder Apple Pay noch Apple-Produkte gibt es bis auf weiteres in Russland.
Foto: EPA/YURI KOCHETKOV

Mit Microsoft und Intel verliert Russland zwei der wichtigsten Zulieferer für seine Computertechnik. Auch Google setzt sein Anzeigengeschäft in Russland bis auf weiteres aus. Betroffen sei Werbung sowohl im Umfeld der Internetsuche als auch bei der Videoplattform Youtube, teilte der Konzern unter anderem dem US-Sender CNBC mit. Zuvor hatte Google nur bestimmte Anzeigen rund um den Krieg blockiert.

Unterhaltung

Netflix stellt seinen Dienst in Russland ein. Ab Montag kann man sich in Russland nich neu für Netflix anmelden. Bestehende Abonnenten werden den Streamingdienst weiter schauen können, bis die nächste Monatsrechnung fällig wird. Dann sollen alle Abos in Russland auslaufen, und der Dienst wird im Land vollständig eingestellt.

In Reaktion auf den russischen Aggressionskrieg haben auch Hollywood-Studios wie Disney, Warner Bros. und Universal bereits angekündigt, Filme nicht mehr nach Russland zu bringen. (and, 9.3.2022)