Putzen kann auf mehreren Ebenen anstrengend sein – machen muss man es trotzdem. Dann aber richtig!

Foto: Getty Images/iStockphoto

Ein frisch geputztes Stiegenhaus erkennt man am Geruch: Reinigungs- und Desinfektionsmittel kann man noch schnuppern. Die einen finden diesen mit Reinheit assoziierten Geruch angenehm und beruhigend. Andere empfinden ihn als unangenehm-chemisch, bekommen davon womöglich sogar gereizte Schleimhäute. Und tatsächlich liegt zweitere Gruppe mit ihrer Wahrnehmung richtiger. Das bestätigt auch eine kürzlich im Journal "Science Advances" erschienene Studie von Forschenden rund um die Chemikerin Colleen Rosales an der Indiana University Bloomington.

Die Kernaussage der Studie: Handelsübliche Desinfektionsmittel zur Reinigung von Oberflächen in Innenräumen können kleine Schadstoffpartikel in die menschlichen Atemwege einbringen – und zwar ähnlich viel oder sogar mehr, als ob man Autoabgase in einer Straßenschlucht einatmen würde.

Putzen so schädlich wie 20 Zigaretten täglich

Das ist an sich nicht neu, es gibt bereits mehrere Studien zu dem Thema. Besonders betroffen sind etwa Reinigungskräfte und Menschen, die sehr regelmäßig putzen, wie eine im "American Journal of Respiratory and Critical Care" veröffentlichte Langzeitstudie der norwegischen Universität Bergen mit mehr als 6.000 Teilnehmenden bereits im Jahr 2018 feststellte. Diese kam zu der Erkenntnis, dass die Lungen von Menschen, die 20 Jahre lang als Reinigungskräfte gearbeitet haben, so stark belastet sind, wie wenn sie 20 Zigaretten täglich rauchen würden. Außerdem haben sie ein um 40 Prozent höheres Asthmarisiko.

Zu ähnlichen Erkenntnissen kam auch eine Studie von der Freien Universität Brüssel aus dem Jahr 2017. Sie berichtete, das Sterberisiko männlicher Reinigungsfachkräfte sei deutlich höher als das von Büroangestellten. Krankheiten, die bei Reinigungspersonal klar häufiger auftreten, sind Lungenembolien, Lungenkrebs, Herz- und Gefäßkrankheiten.

Sogar noch schlimmer betroffen von Schadstoffen in Putzmitteln könnten übrigens Privatpersonen sein, denn sie treffen im Normalfall keine Schutzmaßnahmen. Außerdem wenden sie Produkte falsch an oder würden diese bedenkenlos kombinieren. Eine der grundlegendsten Vorsichtsmaßnahmen sei das Tragen von Handschuhen, wie die Autoren der belgischen Untersuchung betonen. Doch nicht nur das Putzen selbst ohne Schutz und der direkte Hautkontakt sind ein Problem. Es kommt auch auf die Art der Putzmittel an. Und genau das zeigt die oben erwähnte neue US-Studie.

Bedenkliche Duftstoffe

In der Untersuchung konzentrierten sich die Forschenden auf Putzmittel, die "natürlich" nach Zitrusfrüchten oder Kiefer riechen. Solche Reiniger enthalten oft Monoterpene, die Hauptbestandteile ätherischer Öle. Doch diese Mittel setzen auch flüchtige organische Verbindungen frei, sogenannte VOC (für Volatile Organic Compounds). Einige dieser VOC können Hautreizungen, Kopfschmerzen, aber auch Organschäden oder sogar Krebs verursachen, wie die US-amerikanische Umweltschutzbehörde EPA auflistet.

Für die Studie wurde ein 20 Quadratmeter großer Testraum mit einem handelsüblichen, auf Monoterpenen basierenden Putzmittel eine knappe Viertelstunde gewischt und gereinigt, gleichzeitig wurde die Raumluft kontinuierlich gemessen. Das ergab: Die reinigenden Personen atmen dabei primäre flüchtige organische Verbindungen ein sowie sekundäre organische Aerosole, die durch die Reaktion des Produkts mit der Raumluft entstehen.

Massemäßig handle es sich nicht um sehr viel, schreiben die Forschenden, aber: Viele der entstandenen Partikel bewegen sich im Nanogrößenbereich, deshalb könnten sie in die tiefsten Regionen der Lunge vordringen und dadurch gesundheitliche Relevanz bekommen. Zwar betonen die Autorinnen und Autoren, dass noch zu wenig über das toxikologische Profil dieser Teilchen bekannt sei, aber früheren Studien zufolge könne eine zellschädigende Wirkung nicht ausgeschlossen werden.

Mehr Belastung durch Corona

Deshalb bestehe durchaus Anlass zur Sorge für Menschen, die beruflich viel Arbeitszeit mit der Reinigung von Oberflächen in Innenräumen verbringen. Außerdem werde die schädliche Wirkung derzeit wahrscheinlich noch verstärkt durch die gesteigerte chemische Desinfektion von Innenraumoberflächen aufgrund von Corona.

Tatsächlich stecken in den meisten Reinigern richtige Chemie-Cocktails, sie beinhalten bis zu 200 verschiedene Stoffe, wie das deutsche Umweltbundesamt festhält. Besonders problematisch seien die beigemischten Duftstoffe, sagen Experten. Denn diese könnten Allergien auslösen, ohne dass sie überhaupt einen Reinigungseffekt haben.

Empfindliche Personen können auf solche Duftstoffe mit Hautjucken, Augentränen, Atemnot oder auch Schwindel reagieren. Duftstofffreie Produkte gibt es wenige, um sie zu finden, muss man die Liste der Inhaltsstoffe sorgfältig studieren. Besonders problematisch dürften übrigens Sprühreiniger sein. Denn durch den Sprühnebel befinden sich besonders viele Aerosole in der Luft, man atmet die Chemikalien automatisch ein und sie können bis in tiefe Lungenregionen vordringen.

Die wichtigsten Putztipps

Putzen wird einem wohl nicht erspart bleiben, sonst entwickeln sich über kurz oder lang andere (gesundheitliche) Probleme. Doch man sollte einige Vorsichtsmaßnahmen beachten. Statt Sprühreiniger zu verwenden, sollte man Seifenreiniger in Wasser lösen und damit putzen. Essig oder Zitronensäure in Wasser aufgelöst ist perfekt kalklösend.

Man sollte möglichst wenige Putzmittel kombinieren, vor allem keine hochchemischen. Man kann fast jeden Schmutz mit mildem, duftstofffreiem Reinigungsmitteln lösen. Spezielle Reinigungstücher aus Mikrofaser machen Putzmittel teils sogar komplett überflüssig, etwa beim Fensterputzen. Außerdem sollte man immer Handschuhe tragen und sich nicht ins Gesicht greifen.

Wer trotz allem Sprühreiniger verwenden möchte, könnte dabei eine Maske tragen – an den Gebrauch ist man ja mittlerweile gewohnt. Und ganz wichtig: immer lüften beim Putzen. Denn der Luftaustausch reduziert die Ansammlung der Teilchen in der Luft deutlich und damit auch deren Schädlichkeit. (Pia Kruckenhauser, 10. März 2022)