Normalerweise würde gleich die ganz große Hektik ausbrechen, wenn sich zwei große Lacken unter einem gerade erst abgestellten Bus ausbreiten. Erst recht, wenn dieser gerade präsentiert wird. Es ist aber kein Schaden, der vorliegt. Eher noch könnte man sagen, der Bus markiert sein neues Revier, da oben auf dem Kahlenberg.

Unter dem neuen Bus der Wiener Linien bilden sich zwei Lacken – doch kein Grund zur Panik.
Foto: Hyundai

Es ist reines Wasser, das aus dem Hyundai Elec City Fuel Cell läuft. Wasserdampf ist, wenn man so will, das Abgas der Brennstoffzelle, mit welcher der Bus angetrieben wird. Und das geht so: Auf dem Dach des Busses befinden sich fünf karbonfaserverstärkte Drucktanks, die ins gesamt 875 Liter Wasserstoff fassen. Dieser Wasserstoff wird in der Brennstoffzelle mit dem Sauerstoff aus der Luft zu Wasser oxidiert.

Umkehrschluss

Betrachtet man die Reaktion auf diese Art, ist das anfallende Abfallprodukt Energie. Die wird entweder in einer der beiden großen Lithium-Ionen-Batterien im Heck gespeichert, bis sie gebraucht wird, oder gleich gebraucht, wie eben bei der Fahrt von Wien hinauf auf den Kahlenberg.

Das Cockpit des Wasserstoffbusses.
Foto: Hyundai

Der Bus wird ab nun bei den Wiener Linien eingesetzt. Er ist der erste von zehn Bussen, die ab 2023/24 die Linie 39A emissionsfrei machen. Darum wurde die Demonstrationsfahrt auf den Kahlenberg nicht nur der schönen Aussicht wegen gewählt, sondern auch um die Tauglichkeit des Busses zu unterstreichen. Wer nämlich in Wien ein Bus sein will, der muss auch gut Steigungen fahren können. Bis zu 26 Prozent schafft dieser alternative Personentransporter.

Wasserstoff-Historie

Bei ihm handelt es sich, wie die ambitionierten Pläne der Wiener Linien eh schon vermuten lassen, nicht um einen Prototyp, sondern um den ersten Wasserstoffbus des Herstellers aus Südkorea, der nun in Serie produziert wird. 1998 hat Hyundai mit der Entwicklung von Brennstoffzellen begonnen – das war, bevor sie den ersten Diesel bauten –, am Wasserstoffbus arbeiten sie seit 16 Jahren. In Südkorea ist die Wasserstoff-Vision eine klarere als bei uns, wo es gerade einmal fünf Wasserstoff-Tankstellen gibt.

Eine davon ist nigelnagelneu und eigens für diesen Bus in der Leopold au errichtet worden. Anders als die anderen vier ist diese Betriebstankstelle keine von der OMV, sondern vom Hersteller Maximator. Sie erfüllt komplexere Anforderungen und ist nicht nur in der Lage, in kurzer Zeit sehr viel Wasserstoff abzugeben – nur zum Vergleich, ein Tank in einem Wasserstoff-Pkw fasst etwa zehn Liter –, sondern bereitet ihn auch in unterschiedlichen Drücken auf.

Bevor der Wasserstoffbus seinen regulären Betrieb aufnimmt, fährt er noch einmal auf den Kahlenberg.
Foto: Hyundai

Während Nutzfahrzeuge in der Regel mit 350 bar arbeiten, wird bei Pkws mit 700 bar getankt. Aber auch der Wasserstoffbus von Hyundai arbeitet mit 700 bar. Und wer sich jetzt um die Tanks auf dem Dach sorgt: Die sind auf 1900 bar geprüft und müssen Torturen wie den Aufschlag auf harten Boden nach einem freien Fall oder minutenlanges Feuer aushalten. Weitere Busse werden demnächst in Graz und im Zillertal in Betrieb gehen. Bei der Auswahl der Regionen ging es dar um, einmal den urbanen Einsatz in Wien, einmal den regionalen in Graz und einmal den alpinen in Tirol zu demonstrieren.

So ähnlich machte das auch Mercedes-Benz mit seinem Gelenksbus eCitaro G. Der wurde schon erfolgreich in Wien getestet und war nun zehn Tage lang bei den Ötztaler Verkehrsbetrieben im Einsatz. "Ich bin der Meinung, wir müssen uns mit dieser Technologie beschäftigen, um unseren Auftraggebern sagen zu können, ob der Einsatz von E-Bussen sinnvoll ist oder eben nicht", erklärt Franz Sailer, Geschäftsführer der Ötztaler Verkehrsgesellschaft. Und fürs Erste war der Test kein Erfolg auf ganzer Linie.

Der E-Bus auf dem Schnee

"Das Fahrverhalten des Busses ist gut", sagt Sailer und verweist dar auf, dass sie den Gelenksbus bei gutem Wetter – zwar immer bei Kälte – und auch auf Schneefahrbahn getestet haben. Weil vier Räder angetrieben werden, gab es beim Antrieb keine Probleme. "Die Ausstattung ist sehr ansprechend und kam auch bei den Gästen gut an", erinnert sich Sailer, aber die Reichweite wurde zum großen Problem.

Mehr als 18 Meter ist der elektrisch angetriebene Gelenksbus von Citaro lang.
Foto: Ötztaler

Dort, wo der Bus eingesetzt werden sollte, müsste er am Tag 300 bis 320 Kilometer zurücklegen, der Hersteller gibt die Reichweite aber geringer an – erst recht bei solchen Verhältnissen. Kommt hinzu, dass die Ötztaler den Bus mit einer Feststoffbatterie testeten, "die kann man nicht schnellladen", erklärt Sailer, und der Ladevorgang mit 63 kW, dauerte rund zehn Stunden. Und dennoch hat diese Anforderung "unseren Betrieb an seine Leistungsgrenzen gebracht. Jetzt muss uns die Tinetz (Energiebetreiber, Anm.) mehr Leistung zur Verfügung stellen." Doch damit nicht genug.

Kälte und Batterie

Um die geplante Linie betreuen zu können, bräuchte man zwei Busse, der Reichweite wegen, eigene Betriebshöfe, damit der Bus im Warmen stehen kann – die Feststoffbatterie hat eine Betriebstemperatur von 80 Grad Celsius und würde über Nacht im kalten Tiroler Winter zu stark auskühlen –, und für die Wartung der Hochvoltsysteme, geschultes Personal. Und dann ist da noch der doppelt bis dreimal so hohe Preis im Vergleich zu einem konventionellen Bus.

Das Cockpit des eCitaro.
Foto: Ötztaler

Doch inzwischen fährt schon der nächste eCitaro im Testbetrieb im Ötztal. Dieser ist allerdings kein Gelenksbus und mit Lithium-Zellen ausgestattet, hat weniger Reichweite, kann aber schnell- und sinnvoll zwischengeladen werden.

Welches System am Ende das Rennen machen wird, wagen Experten nicht zu sagen. Wahrscheinlich ist, dass, je nach Anforderung, beide Arten nebeneinander existieren werden. Die Wiener Linien haben inzwischen auch beide Systeme im Einsatz. Sinnvoll ist das aber nur, wenn man einmal Ökostrom und das andere Mal grünen Wasserstoff verwendet. Denn gewinnt man den Strom oder den Wasserstoff aus Erdgas, ist das Lackerl unterm Bus gar nicht mehr nur lustig. (Guido Gluschitsch, 10.3.2022)