Bernhard Weratschnig ist Gruppenleiter bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA)

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Im letzten U-Ausschuss zur Ibiza-Affäre war Aufregung garantiert, wenn Mitarbeiter der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) als Auskunftspersonen geladen waren. Eindrucksvoll schilderten damals die Oberstaatsanwälte Christina Jilek, Gregor Adamovic und Mathias Purkart, wie ihre Arbeit von den Oberbehörden in Form der Oberstaatsanwaltschaft (OStA) Wien und dem Justizministerium behindert werde; da war etwa von "Störfeuern" und mühsamen Berichtspflichten die Rede.

Am Mittwoch stand dann erstmals ein WKStA-Mitarbeiter im ÖVP-Korruptionsausschuss Rede und Antwort – und es war rasch klar, dass sich die Arbeitsbedingungen für die Antikorruptionsbehörde gebessert hatten. Positiv sei etwa, dass viele Berichtspflichten weggefallen und man die Oberbehörden nicht mehr vorab über geplante Hausdurchsuchungen informieren müsse, erklärte Gruppenleiter Bernhard Weratschnig, der auch im Dienststellenausschuss ("Betriebsrat") der Behörde aktiv ist. Auch die Änderungen bei der Dienst- und Fachaufsicht seien eine "bessere Lösung": So ist für die Fachaufsicht über Verfahren im Ibiza-Akt nun ein Oberstaatsanwalt aus Innsbruck zuständig; für andere WKStA-Verfahren ein Stellvertreter von OStA-Wien-Leiter Johann Fuchs.

Observation überlegt

Der ist für die WKStA, flapsig formuliert, ein rotes Tuch. Denn Chats zwischen Fuchs und dem mittlerweile suspendierten Sektionschef Christian Pilnacek illustrieren, wie die beiden gegen die WKStA vorgehen wollten. Da ist die Rede davon, dass Staatsanwälte der WKStA wegen des Verdachts auf herausgespielte Unterlagen observiert werden sollten, obwohl eigentlich klar war, dass die undichte Stelle bei der Polizei gewesen sei. Ebenso berichtete die bei der WKStA eingesetzte Staatsanwältin Linda Poppenwimmer Interna an Fuchs, bevor sie zur Kanzlei Ainedter & Ainedter wechselte. Hier sei der Dienstweg nicht eingehalten worden, monierte Weratschnig; es brauche unbedingt Aufklärung.

Insgesamt habe die WKStA seit Frühling 2019 – also seit Beginn des Streits mit Pilnacek – eine "einzigartige Kampagne" erlebt, berichtete Weratschnig.

Direkte Interventionen in die Ermittlungen habe er zwar nicht erlebt, allerdings zeige die Auswertung der Chats, dass so etwas "eben nicht direkt" laufe. Zu Ermittlungsdetails gab sich Weratschnig, der als Gruppenleiter etwa die Causen Umfragen, Siegfried Wolf und Casinos Austria AG betreut, zugeknöpft. Wie die in den vergangenen Tagen erfolgten Einvernahmen von Thomas Schmid und Sophie Karmasin verliefen, ließ er sich nicht entlocken. Neuigkeiten zu Ermittlungen gab es eher durch die Fragen der Abgeordneten: So enthüllte der grüne Abgeordnete David Stögmüller, dass die WKStA Ermittlungen gegen Wolfgang Peschorn, Chef der Finanzprokuratur, prüft.

Dabei geht es um den vorigen U-Ausschuss und die verzögerte Aktenlieferung durch den damaligen Finanzminister Gernot Blümel. Dieser setzte bekanntlich ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) nicht um, sodass es zur Exekution durch den Bundespräsidenten gekommen ist. Zwischenzeitlich hatte Blümel Peschorn ersucht, zwischen Finanzressort und U-Ausschuss zu vermitteln. Das brachte Peschorn nun den Verdacht ein, Beihilfe zum Amtsmissbrauch geleistet zu haben. In der Causa gibt es mehrere Vorhabensberichte im Justizministerium – es gilt die Unschuldsvermutung.

Angezeigter Peschorn

Die Finanzprokuratur selbst war über das Vorgehen der WKStA empört und beschwerte sich im Justizressort: Peschorn habe lediglich versucht, eine Lösung zu finden, und sei noch dazu vom Finanzminister beauftragt worden. Auch unter den Abgeordneten konnte nicht jeder nachvollziehen, warum Peschorn nun in die Ziehung kam. Womöglich werden die Ermittlungen aber gar nicht erst aufgenommen – auch dazu wollte sich Weratschnig nicht äußern. Der Justizkomplex wird Ende März fortgesetzt, unter anderem mit WKStA-Leiterin Ilse-Maria Vrabl-Sanda.

Am Nachmittag begann der Themenkomplex Finanzministerium, der am Donnerstag in drei Befragungen fortgeführt wird. Da widmete sich der Untersuchungsausschuss vor allem der Causa rund um den Unternehmer Siegfried Wolf. Gegen den Unternehmer wird ermittelt, weil er eine Finanzbeamtin bestochen haben soll, damit diese ihm bei einem Steuerproblem hilft. Gleichzeitig intervenierte Wolf auch bei zahlreichen hochrangigen Mitarbeitern im Finanzministerium.

Als Wolf wieder einmal mit einer Bitte ins Kabinett des damaligen Finanzministers Hans Jörg Schelling (ÖVP) kam, beschwerte sich der damalige Generalsekretär Thomas Schmid über die erneute Intervention. Einen Kabinettskollegen, der mit der Sache befasst wurde, erinnerte Schmid daran, dass man als Mitarbeiter in einem ÖVP-Kabinett eine "Hure der Reichen" sei. Michael K., der ehemalige Kabinettsmitarbeiter, sagt zurzeit vor dem U-Ausschuss aus – er ist nach wie vor im Finanzministerium tätig. Schmids Spruch habe er "nicht ernstgenommen".

K. war dabei, als jene Finanzbeamtin, die von Wolf bestochen worden sein soll, mit Thomas Schmid über den Fall diskutierte – inhaltlich könne er sich "an die Sichtweisen nicht mehr erinnern". Daraufhin wollte sich der Beamte entschlagen, was der Verfahrensrichter nicht akzeptierte. Wolfs Steuerverfahren habe jedenfalls so lang gedauert, bis man am Schluss nur mehr jene Leutung zu einer Besprechung eingeladen habe, die einer Meinung waren, meinte K. dann sinngemäß – übrigens der Meinung, die Wolf wollte.

Involviert war K. auch in die Causa Umfragen; gemeinsam mit einem Kollegen habe er fachlich der mittlerweile beschuldigten Sabine B. zugearbeitet, auch bei deren Befragungen von Studienteilnehmern sei er dabei gewesen. (fsc, gra, 9.3.2022)