Nicht nur in Österreich, auch in Deutschland stiegen die Spritpreise stark an.

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Angesichts der deutlich gestiegenen Spritpreise werden die Rufe nach Maßnahmen lauter: SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner fordert nun eine Aussetzung der Mehrwertsteuer. "Ich denke, es braucht für alle, die aufs Auto angewiesen sind, eine Spritpreisbremse, die sofort wirksam ist", zitierte sie das Ö1-"Morgenjournal" am Donnerstag. Der Preis für Benzin und Diesel solle damit um 30 Cent pro Liter sinken. Bis Jahresende würde das den Staat 600 Millionen Euro kosten, sagt Rendi-Wagner. Sollten die Preise weiter steigen, will sie sich weitere Maßnahmen vorbehalten.

Eine Art Deckelung des Spritpreises kann sich Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) vorstellen. Das sagte er heute in Eisenstand, am Rande einer Pressekonferenz, in der es darum ging, durch eine Novelle des Raumplanungsgesetzes, der Energie Burgenland den Bau von größeren Photovoltaikparks zu erleichtern. Sprach er sich erst für den Ausbau der erneuerbaren Energien aus, und begründete das auch mit den steigenden Gas- und Spitpreisen, bekannte er sich auf Nachfrage dazu, den Preis von Treibstoffen durch nötigenfalls starke Steuersenkungen regulieren zu wollen.

FPÖ blickt nach Ungarn

In eine ähnliche Richtung geht die FPÖ. Verkehrssprecher Christian Hafenecker forderte die Halbierung sämtlicher Steuern auf Treibstoffe und eine Preisdeckelung. "Schwarz-Grün darf die aus der Spritpreislawine sprudelnden Steuereinnahmen nicht zur Sanierung der Schuldenpolitik missbrauchen", so Hafenecker. Die Regierung sei "Gewinner" der steigenden Treibstoffpreise durch steigende Steuereinnahmen.

Hafenecker verwies als Positivbeispiel auf Ungarns Premierminister Viktor Orbán, der bereits eine Spritpreisobergrenze eingeführt habe. Einen ähnlichen Weg geht Irland. Hier hat die Regierung angekündigt, die Steuern auf Diesel und Benzin bis Ende August senken zu wollen. Um 15 bis 20 Cent pro Liter sollen die Kosten damit zurückgehen.

Autofahrerclubs gegen CO2-Steuer

Einzelne Interessengruppen wie die Wirtschaftskammer (WKO) fordern zudem eine Verschiebung der geplanten CO2-Steuer. Ab 1. Juli sollen je Tonne CO2 30 Euro eingehoben werden, damit hätten Preise für fossile Energieträger moderat steigen sollen.

Den Forderungen der WKO schließt sich der ÖAMTC an. Die Regierung müsse zudem ein Maßnahmenpaket vorlegen, um "rasch und unkompliziert jene zu entlasten, die auf ihr Auto angewiesen sind", erklärt der Autofahreclub. Dazu sollte die Pendlerpauschale erhöht und auf eine einkommensunabhängige und kilometergenaue Berechnung umgestellt werden. Das Kilometergeld solle auf mindestens 50 Cent je Kilometer steigen.

Einen Schritt weiter ging der ARBÖ, der "ein Ende der unsozialen CO2-Bepreisung" forderte. "Untragbar und unfair" sei die "staatliche Geldmacherei", schrieb Generalsekretär Gerald Kumnig in einer Aussendung.

Wifo will an CO2-Preis festhalten

Das Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) tritt wiederum gegen eine generelle Mehrwertsteuersenkung bei Energie und für ein Beibehalten der CO2-Bepreisung ein. Von einer Senkung der Steuerbelastung würden vor allem Bezieher höherer Einkommen profitieren, bei Sprit auch nicht unerheblich ausländische Unternehmen durch den Tanktourismus, erklärte das Wifo am Donnerstag.

Den Haushalten und Unternehmen sollten die von den Energiepreissteigerungen verursachten zusätzlichen Mehrwertsteuereinnahmen aber bald in Form von Entlastungsmaßnahmen zurückgegeben werden, erklärt das Wifo. Insbesondere vulnerable Gruppen könnten etwa über Transferzahlungen, vorübergehend gesenkte Einkommensteuertarife im unteren und mittleren Bereich bzw. eine höhere Negativsteuer oder gesenkte Beiträge zur Krankenversicherung entlastet werden. Mit einem Teil der Mittel könnten auch öffentliche Investitionen zur Erleichterung des Umstiegs auf emissionsfreie Energiequellen finanziert werden.

Falls politisch eine Mehrwertsteuersenkung nicht vermeidbar sei, sollte sie auf Strom erfolgen, nicht aber auf Erdgas oder Erdöl, empfiehlt das Wifo. Denn nur so könne man die Anreize für eine ökologischere Gestaltung des Energiemix steigern. Als strukturpolitische Maßnahme wäre ein solcher Schritt für das Wifo sogar "dauerhaft sinnvoll". Bei temporärer Senkung bestehe die Gefahr eines zusätzlichen Inflationsdrucks bei der Rückkehr zum regulären Satz.

VCÖ will beim Verbrauch ansetzen

Statt den Preis würde der Verkehrsclub Österreich (VCÖ) lieber den Verbrauch reduzieren. "Wirksame Maßnahmen sind unter anderem zusätzliche Öffi-Verbindungen, Pop-up-Radwege in Städten, temporär reduzierte Tempolimits sowie die Umsetzung der im Regierungsprogramm verankerten Mobilitätsgarantie", heißt es vom VCÖ. Auch dort sieht man, dass die Besserverdiener ungerechterweise von billigerem Sprit profitieren würden, und verweist auf den Report "Klimagerechtigkeit" von Greenpeace, wonach die wohlhabendsten zehn Prozent der Haushalte siebenmal so viel Sprit tanken wie die zehn Prozent der Haushalte mit niedrigstem Einkommen.

In die Pflicht nimmt man beim VCÖ Bund, Länder, Städte und Gemeinden und fordert sie auf, "Maßnahmen zu setzen, die es der Bevölkerung einfacher machen, autofrei mobil zu sein". Das öffentliche Verkehrsangebot sei sowohl in den Ballungsräumen als auch in den Regionen auszubauen. Neben häufigeren Verbindungen brauche es in den Regionen auch nachfrageorientierte Angebote wie Anrufsammeltaxis und Gemeindebusse sowie Sharingangebote. "Die Radinfrastruktur ist rasch zu verbessern, und zwar so, dass Familien mit Kindern sicher unterwegs sein können. Eine Lehre aus der Covid-19-Pandemie ist, dass Pop-up-Radwege eine wirksame Maßnahme sind, die von Städten rasch umgesetzt werden kann", erklärt Lina Mosshammer vom VCÖ.

Treibstoff an Tankstellen bereits über zwei Euro

Zum Hintergrund: Der ÖAMTC hat in den vergangenen Tagen bereits Tankstellen mit einem Diesel- und Benzinpreis über zwei Euro pro Liter ausgemacht, zuerst am Montag eine Autobahntankstelle von BP am Brenner in Tirol. Diesel und Eurosuper kosteten dort 2,099 Euro, für die Premiummarke Ultimate wurden 2,299 Euro verlangt. Am Dienstag lag der Tagesschnitt bei Diesel bei 1,854 und bei Super bei 1,792 Euro, am Mittwoch zeigte die ÖAMTC-App den Dieselpreis mehrerer Tankstellen bei 2,129 Euro. (red, balm, glu 10.3.2022)