Autorin, schau oba! Uwe Schmieder im Duell mit der rauchenden Lydia Haider.

Foto: Marcel Urban/Volkstheater

Dieser Abend ist ein Kampf – und auch ein ganz schöner Krampf. "Sprache essen Abgott auf oder Du arme Drecksfut Metzger" nennt die österreichische Schriftstellerin und derzeitige Hausautorin am Volkstheater, Lydia Haider, den zweiten Teil ihres Stücks "Zertretung". Im ersten Teil, uraufgeführt im Oktober, wünschte sie von Peter Handke bis zu Andreas Gabalier so ziemlich jedem den Tod.

Im zweiten Teil, der jetzt wieder in der Dunkelkammer des Volkstheaters uraufgeführt wurde, rechnet sie dagegen mit, ja womit eigentlich ab? Mit der Sprache im Allgemeinen, so viel lässt sich mit einiger Sicherheit sagen. Vielleicht ist es aber auch Haider selbst, die den Furor ihres Alter Egos zu spüren bekommt. Genaues weiß man nicht.

Die Wut und der Hass prasseln jedenfalls in siebzig Minuten auf die vier, fünf Dutzend Zuschauer im Dachgeschoß des Volkstheaters nieder. Drei Schauspielerinnen sind es (Clara-Luise Bauer, Anna Rieser, Claudia Sabitzer), die die atemlosen und kraftmeierischen Wortkaskaden Haiders in das intime Halbrund der Dunkelkammer brüllen oder kreischen.

Über eine riesige Videowall (Bühne: Luisa Berghammer) sind Haider selbst und der Schauspieler Uwe Schmieder zugeschaltet, Pingpong spielend am Anfang, rauchend und trinkend gegen Ende. Sie alle sind in ihren Fecht- oder Boxmonturen ganz auf das große Duell eingestellt. 14 Runden gibt es, angelehnt an die 14 Kreuzwegstationen Christi.

Als eine Art moderne Maria Magdalena ist Haider in der Regie von Claudia Bossard Kämpferin, Zielscheibe und Schiedsrichterin in einem. Mit großem körperlichen und schauspielerischen Aufwand arbeiten sich die Spielerinnen und Spieler an ihr, der Sprache und manchmal auch einfach an einem Holzpferd ab. Der Körper und die Sprache, das ist das Verhältnis, dem Haider nachspüren möchte. Leider findet sie dafür keinen poetologischen Zugang – und einen theatralischen schon gar nicht. (Stephan Hilpold, 11.3.2022)