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Die ukrainische Regierung ist Elon Musk für sein Satelliteninternet Starlink dankbar.

Foto: STEVE NESIUS/Reuters

Elon Musk als Retter des Internets in der Ukraine? Nach dem Aufruf des ukrainischen Digitalministers Mychajlo Fedorow, der Tesla- und Space-X-Chef möge zur Sicherung der Kommunikationsinfrastruktur doch Empfangsstationen für sein Satelliteninternet Starlink bereitstellen, konnte man sich dieses Eindrucks nur schwer erwehren.

Tatsächlich kam Musk der Aufforderung sofort nach und lieferte kurze Zeit später einige Hundert Antennen. Die Übergabe wurde von der ukrainischen Führung öffentlichkeitswirksam zelebriert. Und auch Musk ließ keinen Zweifel daran, wie wichtig die Internetversorgung aus dem All für die Ukraine sei: Starlink sei in manchen Teilen des Landes das einzige Kommunikationssystem, das noch funktioniere, schrieb er vor kurzem an seine 77 Millionen Follower auf Twitter.

Starlink zählt zu den wichtigsten Projekten des Unternehmers. Schon über 2100 Kleinsatelliten hat Musk ins All geschossen. Das längerfristige Ziel sind 30.000 Satelliten. Diese sollen die Erde mit schnellem Internet aus dem All versorgen. Vor allem entlegene Gebiete, in denen Infrastruktur wie Mobilfunk und Glasfaserleitungen fehlen, sollen davon profitieren.

Flexibles Internet für die Ukraine

Decken die Satelliten eine Region ab, braucht man für den Internetempfang nur eine Starlink-Empfangsschüssel, Strom und einen Router, der die Datenpakete über Kabel oder WLAN bereitstellt. Da der Antenne eine freie Sicht in den Himmel genügt und sie sich bei einem Standortwechsel per App schnell neu konfiguriert, ist das System flexibel. Selbst auf fahrenden Fahrzeugen soll es funktionieren, da sich die Antenne je nach Position laufend neu ausrichtet und so die Verbindung zum Satelliten aufrechterhält.

Als einzige Herausforderung bleibt die Stromversorgung, die aber auch über Generatoren und Akkus bewerkstelligt werden kann. Selbst über schwache Stromquellen wie Zigarettenanzünder im Auto kann das System laut Musk mittlerweile betrieben werden. Entsprechendes Equipment lieferte Starlink Berichten zufolge mit.

Wie gut sich das System im Kriegsalltag in der Ukraine bereits bewährt hat, ist unklar. Auch Militärexperten reagieren zurückhaltend. "Jede zusätzliche Kommunikationsmöglichkeit ist besser als keine Kommunikation. Auch gibt es Hinweise, dass Starlink tatsächlich das letzte Satellitensystem ist, das von der Ukraine aus noch zur Kommunikation verwendet werden kann", sagt Lambert Scharwitzl, Leiter des militärischen Cyberzentrums im österreichischen Bundesheer, zum STANDARD.

Totalausfall bisher ausgeblieben

Gleichzeitig gebe es derzeit keine Hinweise, dass die Internetversorgung in der Ukraine großflächig zusammengebrochen sei. "In besonders umkämpften Gebieten kommt es immer wieder zu lokalen Ausfällen. Ein langfristiger Totalausfall ist ungeachtet zahlreicher Cyberattacken sowie physischer Angriffe auf die Infrastruktur bisher ausgeblieben", erklärt Scharwitzl.

Das sei insofern nicht völlig überraschend, als die Internetversorgung über ein engmaschiges Netz aus Standleitungen, Glasfaserkabeln und Mobilfunkstationen gewährleistet werde. "Selbst wenn ein Verbindungsknoten ausfällt, können andere dessen Funktion übernehmen. Das Internet eines Landes in einem koordinierten Schlag komplett offline zu nehmen ist selbst über gezielte Cyberangriffe äußerst schwierig", sagt der Militärexperte.

Dazu kommt, dass die Ukraine in Teilen des Landes über eine relativ gute technische Infrastruktur verfügt. Vor allem die Städte, aber auch einige Regionen in der Westukraine wurden in den vergangenen Jahren mit Glasfaser aufgerüstet.

Starlink als Backup

Unbestritten ist allerdings, dass die fortdauernden Kampfhandlungen der Infrastruktur weiter zusetzen werden. Schäden können derzeit nicht oder kaum repariert werden. Die Angst, dass Russland das ukrainische Netz durch neue Cyberattacken, gezielte Funkstörungen und physische Angriffe doch noch zu Fall oder unter seine Kontrolle bringen könnte, bleibt.

Davon ausgenommen wäre allerdings Elon Musks Satelliteninternet. Auch dessen Funksignal kann theoretisch gestört und sogar geortet werden, um den Standort von Nutzern zu verraten. "Im Ernstfall könnte sich Starlink in der Ukraine aber noch als wichtiger Kanal zur Außenwelt erweisen, dessen Inhalte durch Russland nicht zensiert oder manipuliert werden können", ist auch Scharwitzl überzeugt. (Martin Stepanek, 12.3.2022)