In der Nacht auf Montag wurde Instagram in Russland blockiert. Die russische Medienaufsicht begründete den Schritt damit, dass auf Instagram Gewaltaufrufe gegen russische Bürger und Soldaten verbreitet würden. Für viele junge Influencer bedeutet die zunehmende Deaktivierung der wichtigsten Social-Media-Kanäle einen großen finanziellen Schaden, dennoch fehlt aufgrund des Kriegs in der Ukraine vielen Kommentaren das Verständnis für die emotionalen Beiträge.

Tränenreicher Abschied

Es sind tränenreiche letzte Beiträge, die viele Influencerinnen und Influencer kurz vor der Blockade online gestellt haben. Eine der prominentesten ist etwa Olga Buzowa, die mit rund 23,3 Millionen Followern vor allem in Russland dank diverser Auftritte in Reality-TV-Sendungen Promistatus genießt. "Mein Leben wurde mir genommen", sagte sie sichtlich aufgewühlt in ihrem letzten Video. "Ich habe keine Angst zuzugeben, dass ich euch nicht verlieren will." In dem sieben Minuten dauernden Video betont die 36-Jährige, dass dies nicht nur ein Job für sie gewesen sei, sondern ein Teil ihrer Seele. Sie würde jetzt weiterweinen, sagte sie zum Abschied. Das Video erreichte über 700.000 Aufrufe.

Andere Content-Schaffende wie Waleria Tschekalina, die ebenfalls viele Millionen Follower im Gepäck hat, kündigten an, auf andere Kanäle zu wechseln, etwa Telegram, um weiterhin Kontakt mit ihren Fans haben zu können. Viele gehen davon aus, dass die Sperre nur temporär ist und sie auf ihre erfolgreichen Kanäle zurückkehren können.

Die Beiträge von den primär weiblichen Influencerinnen, die mit Beauty-Tipps oder inszenierten Urlaubsfotos ihre Followerschaft aufgebaut hatten, bleiben nicht ohne Kritik. Der News-Kanal Nexta TV hat etwa einen Beitrag einer Influencerin auf Twitter geteilt. Auch diese betont in ihrem Abschiedsbeitrag, dass es ihr nicht nur um Geld ginge, sondern in erster Linie um ihr Leben. "Es ist das eine Ding, mit dem ich aufstehe und mit dem ich schlafen gehe. Verdammte fünf Jahre am Stück." Der Kommentar von Nexta TV zu dem Beitrag war: "Sie interessiert sich nicht für die tausenden Toten. Offensichtlich ist ihre größte Sorge derzeit, dass sie keine Essensfotos mehr online stellen kann."

Mit ähnlichen Kommentaren werden praktisch all diese Beiträge geflutet. "Gott, in der Ukraine sterben Menschen, Kinder müssen in U-Bahn-Stationen übernachten – sie haben alles verloren, und du weinst wegen Instagram", ist etwa unter dem Beitrag von Buzowa zu lesen. Die emotionale Stimmung unter den Beiträgen ist verständlich – der Frust der Influencerinnen bleibt dennoch. Viele haben sich über die Jahre als Selbstständige einen Kanal aufgebaut, der von laufenden Werbedeals gestützt ist. Ein Abschalten der Plattform heißt auch, dass das Einkommen wegfällt.

Der Autor Sascha Lobo sieht in der von herabwürdigenden Bemerkungen gestützten Verbreitung der weinenden Bloggerinnen vor allem "Frauenhass und Bigotterie". Beiträge wie die des Kanals "Politische Schönheit", der den Nexta-TV-Beitrag mehr oder weniger ins Deutsche übersetzt hat, bezeichnet er als "herablassenden, patriarchalen Moralschrott".

Social Media geht offline

Instagram ist nicht die einzige Plattform, die in Russland gesperrt ist. Auch Facebook wurde vor wenigen Tagen für russische Nutzer deaktiviert, nachdem neue Richtlinien Drohungen gegen Präsident Putin und Russland unter bestimmten Umständen zulassen. Danach wurden russische Behörden zitiert, die die Facebook-Mutter Meta als "extremistische Organisation" bezeichnet haben. Instagram Chef Adam Mosseri äußerte sich bereits am Freitag auf Twitter zu der Instagram-Sperre. "Diese Entscheidung schneidet 80 Millionen Russinnen und Russen voneinander und vom Rest der Welt ab." Rund 80 Prozent der russischen Nutzer würden Kanälen außerhalb Russlands folgen. "Das ist falsch". (red, 15.3.2022)