Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) kündigte am 14. März 2022 an, dass die Handysignatur durch die ID Austria abgelöst wird.

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Ab Sommer 2022 soll die ID Austria die bisherige Handysignatur ablösen; unter anderem sollen darin der Führerschein und andere Ausweise digital gespeichert werden können. Auch in anderen europäischen Ländern soll man die App nutzen können. Dabei ergeben sich jedoch zahlreiche Fragen, etwa in Bezug auf eine mögliche erneute Registrierung, die neuen Funktionen und die Zukunft der bestehenden Lösung. DER STANDARD hat unter anderem beim Wirtschafts- und Digitalisierungsministerium um eine Beantwortung der wichtigsten Fragen gebeten.

Frage: In a nutshell: Was ist die ID Austria?

Antwort: Der neue Service soll Nutzerinnen und Nutzern die Möglichkeit bieten, sich auf digitalem Weg gegenüber Behörden, aber auch privaten Anbietern auszuweisen. Während die Handysignatur zum Beispiel für den Log-in bei Diensten wie Finanz Online oder dem Digitalen Amt genutzt werden kann, handelt es sich bei der ID Austria um eine "digitale Identität", teilt das Ministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort auf STANDARD-Anfrage mit. Konkret bedeutet das, dass man künftig über das Smartphone auf den eigenen Ausweis und Führerschein zugreifen kann. Darüber hinaus soll ID Austria EU-weit anerkannt werden, was auch den Einsatz im Ausland ermöglicht.

Frage: Ab wann ist die ID Austria verfügbar?

Antwort: Die ID Austria kann derzeit bei 430 Behörden aktiviert werden, allerdings befindet sich der Service noch in der Pilotphase. Bis die Vollversion im Sommer 2022 in Betrieb genommen wird, gleicht der Funktionsumfang jenem der Handysignatur. Die beworbene Ausweisfunktion am Smartphone soll nachgeliefert werden. Alle bisher teilnehmenden Behörden finden sich unter diesem Link. Künftig soll man mit jeder Beantragung eines österreichischen Reisepasses oder Personalausweises auch automatisch eine ID Austria erhalten, sofern dies nicht ausdrücklich abgelehnt wird.

Frage: Wie komme ich an meine ID Austria?

Antwort: Nutzerinnen der Handysignatur können diese bereits auf eine ID Austria mit Basisfunktion umstellen. Im Gegensatz zur Vollversion ist das auch online möglich. Benötigt wird dafür die A-Trust-App. Außerdem muss man einen Umweg über Services wie die Sozialversicherung (meinesv.at) oder die Webseite oesterreich.gv.at einlegen. Navigiert man sich dort zum Log-in-Bereich, stehen sowohl Handysignatur als auch ID Austria zur Wahl. Klickt man Letzteres an und gibt die Anmeldedaten der Handysignatur ein, hat man die Möglichkeit, die ID Austria mit Basisfunktion zu aktivieren. Eine offizielle Anleitung findet sich hier.

Frage: Muss ich aufs Amt gehen, wenn ich den digitalen Ausweis aktivieren will?

Antwort: Will man den vollen Funktionsumfang nutzen, kommt man an einem Behördengang bisher noch nicht vorbei. Verfügt man über eine Handysignatur oder eine ID Austria mit Basisfunktion und hat die App "Digitales Amt" auf dem Smartphone installiert, muss man die Registrierung samt Lichtbildausweis und einem aktuellen Passfoto bei einer gelisteten Behörde abschließen. Ab Sommer kann man behördlich aktivierte Handysignaturen aber auch digital upgraden – dies trifft laut Ministerium auf den Großteil der aktiven Handysignaturen zu. Der Behördengang ist dann nur noch notwendig, wenn die Handysignatur zum Beispiel von der Post oder A1 ausgestellt wurde. Voraussetzung ist zudem ein Smartphone mit Gesichtserkennungsfunktion oder Fingerabdrucksensor.

Frage: Ist die Verwendung auch ohne Smartphone möglich?

Antwort: Nein, derzeit ist die Nutzung der ID Austria ausschließlich für Menschen möglich, die ein Smartphone mit Android- oder iOS-Betriebssystem nutzen. An einer Lösung, um sowohl die Registrierung als auch Verwendung des Services ohne Smartphone zu ermöglichen, wird derzeit gearbeitet.

Frage: Stimmt es außerdem, dass bei der Nutzung der ID Austria die App und dabei auch der Einsatz von Face-ID und Touch-ID verpflichtend ist? Oder sind hier auch andere Methoden zur Autorisierung vorgesehen wie zum Beispiel SMS?

Antwort: Grundsätzlich ist das richtig. Die ID Austria mit Basisfunktion (Handysignatur-Funktion) kann auch mit der Handysignatur-App genutzt werden, solange das Zertifikat der Handysignatur noch gültig ist. Wenn kein Smartphone vorhanden ist, wird man zum Beispiel einen FIDO-Token (Fast IDentity Online) oder eine bestehende Signaturkartenlösung als zweiten Authentifizierungsfaktor nutzen können, heißt es aus dem Ministerium.

Frage: Kann ich meine ID Austria auf ein neues Smartphone mitnehmen?

Antwort: Wenn man das eigene Smartphone verliert oder die Rufnummer und E-Mail-Adresse wechselt, muss man erneut zu einer der teilnehmenden Registrierungsbehörden gehen und eine neue ID Austria beantragen. "An einer Online-Lösung für die Verwaltung Ihrer ID Austria" werde derzeit aber gearbeitet, heißt es in einem FAQ. Diese soll nach Ende der Pilotphase zur Verfügung stehen. Generell können laut Ministerium aber weitere Geräte hinzugefügt werden.

Frage: Was passiert mit der Handysignatur, wenn die ID Austria eingeführt wird?

Antwort: Sobald die Pilotphase der ID Austria Mitte 2022 ausläuft, wird die Handysignatur vollständig durch ebendiese ersetzt. Bestehende Handysignaturen werden laut A-Trust automatisch in die ID Austria migriert. Es kann dann nur noch die ID Austria für die Anmeldung bzw. Nutzung der Services, die bis dahin mit der Handysignatur genutzt werden konnten, verwendet werden. Bis dahin sollen alle beworbenen Funktionen des neuen Services bereitstehen.

Frage: Sind alle Funktionen der ID Austria EU-weit verfügbar?

Antwort: Nein, aktuell ist es außerhalb Österreichs (und innerhalb der Europäischen Union) ausschließlich möglich, mit der ID Austria digitale Signaturen durchzuführen. Offiziellen Angaben zufolge werden diese einer händischen Unterschrift gleichgesetzt. Der elektronische Identitätsnachweis ist vorerst nur innerhalb der Republik verfügbar. Eine Ausweitung der Funktionalität sei jedoch geplant.

Frage: Ab wann kann man die ID Austria in welchen europäischen Ländern nutzen?

Antwort: Nutzerinnen und Nutzer der ID Austria sollen spätestens im Laufe des Jahres 2023 ihre ID Austria auch für Anwendungen in ganz Europa nutzen können.

Frage: Welche Daten werden für all das von der App über das betreffende Smartphone gesammelt, wo werden diese gespeichert?

Antwort: Eine Protokollierung der Daten erfolgt laut Digitalisierungsministerium gemäß E-Government-Gesetz, biometrische Daten sind demzufolge in keinem ID-Austria-System erfasst.

Frage: Was sagen Datenschützer über das Projekt?

Antwort: Datenschützer Thomas Lohninger kritisiert mehrere Aspekte der ID Austria. Allem voran die Tatsache, dass sich neben Behörden auch Privatunternehmen als Serviceprovider registrieren können. Während das Usern kaum Vorteile bringe, biete es der Wirtschaft "einen billigen Weg, die Kunden zu identifizieren". Hinzu komme, dass alle mit ID Austria getätigten Transaktionen von zentraler Stelle nachverfolgbar seien. Heißt: Es werde getrackt, wann und wo ich meinen Ausweis herzeige.

Problematisch sei laut Lohninger zudem, dass alle Menschen ohne entsprechende Hardware grundsätzlich ausgeschlossen werden. Für die Nutzung ist aktuell ein Smartphone mit iOS- oder Android-Betriebssystem nötig. Zwar können behördliche Verfahren auch auf physischem Weg in Anspruch genommen werden, dabei fallen allerdings teils höhere Kosten an. Ein Paradebeispiel dafür sei das Parkpickerl in Wien. Beantragt man dieses online und mit Handysignatur, kostet es 39,50 Euro. Beantragt man es persönlich, fällt eine Verwaltungsabgabe in Höhe von 50 Euro an.

Hinzu komme laut Lohninger, dass das System schon mit seiner Einführung veraltet sei. Auf EU-Ebene wird derzeit eine Reform der eIDAS-Verordnung verhandelt. Mit dieser soll eine "Neugestaltung des europäischen Rechtsrahmens für elektronische Identitätssysteme (eID)" umgesetzt werden, heißt es in einem Blogbeitrag der Grundrechtsorganisation Epicenter Works. Laut dem Datenschützer sei es deshalb möglich, dass die ID Austria mit Inkrafttreten der Reform nicht mehr rechtskonform sei.

Frage: Wie steht das Digitalisierungsministerium zu etwaigen Sicherheitsbedenken?

Antwort: Expertinnen und Experten aus mehreren EU-Mitgliedsstaaten hätten bereits Ende September letzten Jahres damit begonnen, die Sicherheit der ID Austria zu prüfen, heißt es vonseiten des Ministeriums. Ende Februar habe das eIDAS-Kooperationsnetzwerk dem System dann bescheinigt, dass die ID Austria "den höchsten Sicherheitsanforderungen auf EU-Ebene entspricht". Damit sei sichergestellt, dass österreichische Bürgerinnen und Bürger "spätestens im Laufe des Jahres 2023 ihre ID Austria auch für Anwendungen in ganz Europa nutzen können".

Frage: Also abschließend zusammengefasst: Die Handysignatur funktioniert doch, warum braucht es eine neue Lösung?

Antwort: Die ID Austria ist laut Ministerium die digitale Identität, die nach der eIDAS-Verordnung europaweit anerkannt sein wird. Damit können auch Dienste in anderen Mitgliedsstaaten genutzt werden. Zusätzlich dazu eröffnet die neue ID Austria neue Einsatzmöglichkeiten, wie zum Beispiel die Ausweisfunktion am Smartphone. (Mickey Manakas und Stefan Mey, 15.3.2022)