Bild nicht mehr verfügbar.

Die Förderungen sollen erhellende Forschung ermöglichen. Unter anderem wird Christian Möstl vom Grazer Institut für Weltraumforschung mit einem Grant bedacht, der sich mit Sonnenwinden beschäftigt – welche auch für Polarlichter sorgen, hier in Deutschland 2016.
Foto: Patrick Pleul / DPA

Zehn in Österreich arbeitende Wissenschafterinnen und Wissenschafter erhalten in der aktuellen Vergaberunde einen "Consolidator"-Förderpreis des Europäischen Forschungsrates (ERC). Dotiert sind die Preise mit jeweils rund zwei bis drei Millionen Euro. Insgesamt erhalten 313 Forschende europaweit diese Förderung, die ihnen ermöglichen soll, ihre Position als eigenständig Forschende zu festigen.

In Summe werden 632 Millionen Euro ausgeschüttet, wie es am Donnerstag in einer Aussendung heißt. Die meisten geförderten Projekte werden in Deutschland (61), Großbritannien (41) und Frankreich (29) durchgeführt. Insgesamt waren Aspirantinnen und Aspiranten aus 24 Ländern erfolgreich. Österreich liegt mit seinen zehn Förderpreisen genau in der Mitte der Rangliste. Insgesamt eingereicht wurden 2.652 Förderanträge, die Bewilligungsrate lag bei rund zwölf Prozent.

Unter den 313 "Auserwählten" finden sich auch 26 aus der Schweiz. Aufgrund des Abbruchs der Verhandlungen über ein Rahmenabkommen mit der EU wird die Schweiz allerdings nun als "nicht-assoziierter Drittstaat" angesehen, weshalb dort angesiedelte Projekte nicht mehr förderberechtigt sind. Erfolgreiche Antragstellende aus der Schweiz könnten aber den ERC-Förderpreis erhalten, wenn sie ihr Projekt in einem EU-Land durchführen.

Theater und Sonnenstürme

Unter den aus Österreich erfolgreichen Forschern finden sich gleich vier von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW). Mit der wechselseitigen Beziehung von Städten und dem Theater beschäftigt sich Emine Fisek am Institut für Kulturwissenschaften und Theatergeschichte in Wien. Sie wird sich dabei auf die Entwicklungen in Europa im 21. Jahrhundert konzentrieren.

Am Grazer ÖAW-Institut für Weltraumforschung möchte Christian Möstl besser verstehen, wie sich der Sonnenwind zeitlich entwickelt und wie auch auf der Erde etwa über Ausfälle technischer Systeme wahrnehmbare extreme Sonnenstürme vorhergesagt werden können. Dazu nutzt er Daten moderner Sonnensonden der Nasa und der Esa.

Dunkle Materie und Autophagie in Pflanzen

Um den direkten Nachweis von Dunkler Materie im Labor und ein besseres Verständnis der Rolle des mysteriösen Konstrukts bei der Bildung von Strukturen im Universum wird sich Josef Pradler vom Institut für Hochenergiephysik in Wien bemühen. In seinem Projekt geht es um die "Erforschung der nicht-gravitativen Natur der Dunklen Materie".

Der vierte "Consolidator-Grant" für die ÖAW geht an Yasin Dagdas vom GMI – Gregor Mendel Institut für Molekulare Pflanzenbiologie in Wien. Er wird sich mit winzigen Strukturen beschäftigen, die in den Zellen dafür zuständig sind, an der mRNA Gene in Proteine zu übersetzen (Ribosomen). Im Fokus stehen Unterbrechungen der Proteinherstellung unter Stress und die Rolle des zelleigenen Abbauprogrammes (Autophagie).

Hirnflüssigkeit und Naturphänomene

Je zwei Förderpreise gehen an die Universität Wien und an das Institute of Science and Technology Austria (IST Austria) in Klosterneuburg (Niederösterreich). An letzterem wird die Molekularbiologin Gaia Novarino die Rolle der das Gehirn und das Rückenmark umgebenden Cerebrospinalflüssigkeit auf die Hirnbildung und das Funktionieren des Denkorgans untersuchen. Im Speziellen geht es Novarino darum, den Einfluss bestimmter Proteine in der Flüssigkeit auf mögliche Verbindungen zu Autismus-Spektrum-Störungen zu untersuchen.

IST-Austria-Forscher Christopher John Wojtan setzt sich im Rahmen seines Projekts das Ziel, mit neuen Methoden extrem komplexe Naturphänomene und geometrische Formen am Computer zu simulieren. Dazu will das Team neue Algorithmen entwickeln, mit denen KI-Systeme manche Probleme in dem Bereich auch selbst lösen können.

Forschung an Brustkrebs und Stereotypen

Seitens der Uni Wien werden der Chemiker Benedikt Warth und der Politikwissenschafter Markus Wagner mit einem Förderpreis bedacht. Während die meisten "Consolidator-Grants" ein Volumen von um die zwei Millionen Euro haben, ist Warths Projekt mit dem Titel "EXPOMET" laut Angaben der Universität mit 2,9 Millionen Euro dotiert. Der am Institut für Lebensmittelchemie und Toxikologie tätige gebürtige Steirer will chemische Risiko- und Umweltfaktoren erforschen, die mit der Entstehung von Brustkrebs zusammenhängen. Dafür entwickelt er Methoden, mit denen eine Unzahl an giftigen Fremdstoffen beispielsweise in Blut- oder Urinproben nachgewiesen werden können.

Markus Wagner wird in Umfragen in zwölf Ländern und in Feldexperimenten analysieren, wie Menschen einander politisch einschätzen, und wie diese Einschätzung mit Stereotypen und Vorurteilen zusammenhängt. Der am Institut für Staatswissenschaft tätige Wissenschafter möchte auch herausfinden, wie gesellschaftliche Polarisierung im Zaum gehalten werden kann.

Bizarres in der Quantenphysik und Befruchtung bei Wirbeltieren

Am Atominstitut der Technischen Universität (TU) Wien beschäftigt sich Marcus Huber mit Fragen am Übergang zwischen Systemen, die nach den Regeln der klassischen Physik ticken, und solchen, die den oft bizarren Abläufen in der Quantenphysik folgen. Im Rahmen seines ERC-Projekts wird Huber nach Wegen suchen, um moderne Quantentechnologien zu verbessern und ihre praktischen Anwendung zu verbreitern.

Andrea Pauli vom Institut für Molekulare Pathologie (IMP) in Wien wird sich in den kommenden fünf Jahren mit den Grundlagen der Befruchtung bei Wirbeltieren auseinandersetzen und damit kürzlich von ihrer Forschungsgruppe gemachte Entdeckungen weiter verfolgen. Wie einander etwa Sperma- und Eizelle erkennen und sich dann verbinden, sei im Detail nämlich noch bei weitem nicht verstanden, heißt es in einer Aussendung. (APA, red, 17.3.2022)