Die vergangene Formel-1-Saison war wohl eine der spannendsten in der Geschichte der Königsklasse des Motorsports. Eigentlich hätte es ja bereits 2021 die Technikrevolution geben sollen, doch wegen Covid verschob man die Neuerungen um ein Jahr.

Weltmeister Max Verstappen startet heuer mit der 1 auf dem Auto.
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Frage: Warum schauen die Autos in dieser Saison so anders aus?

Antwort: Das ist eine Folge genau dieser größten technischen Revolution der Formel-1-Geschichte. Und sie ist gleichzeitig das Comeback der Groundeffect-Autos. Das bedeutet, dass der Abtrieb der Autos nicht mehr nur von den Flügeln vorne und hinten abhängig ist, sondern der Unterboden des gesamten Boliden quasi zu einem großen Flügel wird. Das Ergebnis soll sein, die "dirty air", also verwirbelte Luft hinter dem Fahrzeug, zu vermindern. Die hatte in der Vergangenheit zur Folge, dass die Autos nicht nah hintereinander herfahren konnten. Nun sollen Überholmanöver leichter und damit die Rennen spannender werden. Laut ersten Aussagen verschiedener Fahrer ist der Effekt zwar spürbar, aber wohl nicht so stark, wie die Fédération Internationale de l’Automobile (FIA) das angekündigt und sich gewünscht hat.

Frage: Was hat es mit den unterschiedlichen Sidepods auf sich?

Bei Mercedes sind die Sidepods ziemlich schmal...
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...während man bei Ferrari darin ein gemütliches Bad nehmen könnte.
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Antwort: Den meisten Spielraum haben die Teams wohl bei den Sidepods, also bei den Karosserieteilen genau zwischen dem Vorder- und dem Hinterrad, seitlich am Auto. Hier hat vor allem Mercedes mit einer eigenwilligen Konstruktion beeindruckt, die das Auto insgesamt sehr schmal macht. Bei Ferrari ist es hingegen mehr oder weniger eine Badewanne, Red Bull kam mit geschwungenen Linien daher. Haas-Teamchef Günther Steiner verriet in einem Interview, dass auch sein Team die schmalen Sidepods ausprobiert habe. "Wir sehen aber in den weiten Teilen ein größeres Potenzial." Es gibt also wohl unterschiedliche Philosophien und nicht einen richtigen Weg.

Frage: Gibt es noch etwas, das man zu den Autos wissen sollte?

Antwort: Die Felgen wachsen auf 18 Zoll an, über den Vorderreifen gibt es ein Ableitblech, die komplexen Konstruktionen dahinter aus den vergangenen Saisonen entfallen. Zudem gibt es einen neuen Kraftstoff. Der E10-Sprit, den man von der Tankstelle kennt, besteht zu zehn Prozent aus nachhaltigem Ethanol. Alles in allem gilt die Devise: Die Autos werden langsamer, dafür sollen sie sich im Renn betrieb besser verhalten.

Das Hinterherfahren soll dieses Jahr erleichtert werden.
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Frage: Wie lange dauert die Saison, und wie kann ich sie im TV verfolgen?

Antwort: 23 Rennen wird es in diesem Jahr geben, am 10. Juli findet wieder ein Event am Spielbergring in der Steiermark statt. Der Große Preis von Russland ist wegen der russischen Invasion in die Ukraine abgesagt worden, man will aber an der Rennanzahl festhalten. Welches Land den Ersatz-GP bekommt, steht noch nicht fest. Bei der Übertragung wechseln einander der ORF und Servus TV wieder ab. Der ORF beginnt.

Frage: Gibt es auch weiterhin die kurzen Sprintrennen am Samstag?

Antwort: Ja, wenn auch leicht verändert. Es wird wieder drei Wochenenden mit Sprintevents geben (Imola, Spielberg und São Paulo), die Punktevergabe wird aber anders aussehen. Heuer gibt es für den Erstplatzierten im Sprintrennen acht Punkte (vorher nur drei), die dann sinken, bis der Achte nur noch einen Punkt bekommt. Und wer am Freitag im Qualifying die Pole ergattert, bekommt sie auch in der Statistik als solche angeschrieben. Bisher war es so, dass dem Sieger des Sprintrennens die Pole zugesprochen wurde. Und: Die Q2-Regel fällt. Wer es bisher im Qualifying in die dritte Phase, also unter die Top Ten geschafft hatte, musste auch mit dem dafür genutzten Reifen ins Rennen starten. Diesen Zwang gibt es nicht mehr.

Frage: Welche Konsequenzen hat die Kontroverse aus dem Saisonfinale 2021?

Antwort: Michael Masi, der bisherige Rennleiter, ist seinen Job los. Statt ihm gibt es zwei, die abwechselnd im Einsatz sind: Nils Wittich, einen Deutschen, der 2021 als Renndirektor in der DTM arbeitete, und Eduardo Freitas, portugiesischer Renndirektor der Langstrecken-WM. Sie werden von Berater Michael Blash und einem Videoassistenten unterstützt.

Frage: Was hat sich im Vorfeld dieser Saison bei Teams und Fahrern getan?

Ersatzfahrer Nico Hülkenberg springt für den an Covid-19 erkrankten Sebastian Vettel ein.
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Antwort: Einen Wechsel gibt es ganz oben: Der ehemalige Williams-Fahrer George Russell fährt ab dieser Saison an der Seite des siebenfachen Weltmeisters Lewis Hamilton. Bei Alfa Romeo gibt es gleich zwei neue Fahrer: Antonio Giovinazzi und Kimi Räikkönen sind nicht mehr dabei, dafür kommen Ex-Silberpfeil-Pilot Valtteri Bottas und der erste chinesische Formel-1-Fahrer aller Zeiten, Guanyu Zhou. Team Haas sollte wieder mit Mick Schumacher und Nikita Masepin an den Start gehen. Der Ukraine-Krieg hat diesen Plan auf den Kopf gestellt. Das Team hat die Zusammenarbeit mit dem russischen Hauptsponsor Uralkali beendet und Masepin gleich mit auf die Straße gesetzt. Stattdessen ist ein alter Bekannter wieder dabei: Kevin Magnussen, der bereits von 2017 bis 2020 im Haas saß. Und auch Williams hat einen neuen alten Fahrer zu bieten, nämlich Alex Albon, der zuletzt in den Jahren 2019 und 2020 im Red Bull saß. Sonst bleibt vieles beim Alten. Max Verstappen, der seinen Vertrag bei Red Bull bis 2028 verlängert hat, wird wieder von Sergio Perez begleitet, für Ferrari gehen Charles Leclerc und Carlos Sainz an den Start. Sebastian Vettel ist weiterhin bei Aston Martin, muss im ersten Rennen allerdings aussetzen, da er positiv auf Covid-19 getestet wurde. Nico Hülkenberg springt ein.

Konnten Haas und Mick Schumacher die Lücke zum Mittelfeld schließen?
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Frage: Worauf lassen die Ergebnisse der bisherigen Tests schließen?

Antwort: Das ist so eine Sache. Will man den Zeiten, Rennrunden und Analysen Glauben schenken, steht Ferrari eine hervorragende Saison bevor. Bei der Scuderia zeigt man sich auch sehr zufrieden, zu viel Euphorie wollte man aber nicht aufkommen lassen. Lewis Hamilton und George Russell wurden nicht müde zu betonen, dass es ein sehr schwieriges Jahr für Mercedes werde – das kommt aber jedes Jahr aus dem Lager der Silberpfeile. Immerhin haben die Ausfahrten die Hoffnung geschürt, dass es im Mittelfeld enger zugehen könnte. Haas, vergangene Saison abgeschlagen, präsentierte sich mit einem soliden Auto. Dazu kamen Probleme von Aston Martin oder auch Alpine, die Tests von McLaren waren von einer Covid-19-Infektion Daniel Ricciardos und von Bremsen-Problemen überschattet. Weltmeister Verstappen, der heuer mit der Nummer 1 auf dem Auto startet, legte für Red Bull die schnellste Runde aller Testtage hin. Wie die wahre Reihenfolge aussieht, wird aber wohl erst das Qualifying am Samstag zeigen. (Thorben Pollerhof, 18.03.2022)