Im Registrierungs- und Beratungszentrum für Flüchtlinge aus der Ukraine im Wiener Austria Center herrscht großer Andrang.

Foto: Heribert Corn

Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat am Montag einen dreitägigen Staatsbesuch in Belgien begonnen. Auf der Agenda stehen zunächst ein Besuch bei König Philippe und Königin Mathilde sowie ein Treffen mit dem belgischen Premierminister Alexander De Croo. Im Anschluss an den Staatsbesuch ist für Mittwoch ein Treffen mit EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen und dem EU-Außenbeauftragten Josep Borrell geplant.

Der Bundespräsident wird von Europaministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) begleitet. Neben den bilateralen Beziehungen wird es vor allem um den Ukraine-Krieg und die Folgen für Europa gehen. So wollen Van der Bellen und von der Leyen auch über die Auswirkungen auf die Wirtschaft und die Energieversorgung sprechen, berichtet die Nachrichtenagentur APA. Am Donnerstag und Freitag beraten die Staats- und Regierungschefs der EU bei einem Gipfel in Brüssel darüber.

14.500 Flüchtlinge in Österreich registriert

In Österreich waren auf dem Stand von Sonntag 14.500 Flüchtlinge aus der Ukraine erfasst, wie das Innenministerium bekanntgab. Die Registrierung erfolgt allerdings erst seit einer Woche, es halten sich also mehr Ukrainerinnen und Ukrainer hierzulande auf. Im Innenministerium ging man vergangene Woche davon aus, dass über 41.000 Menschen aus der Ukraine in Österreich eingereist sind. Am Wochenende kamen weitere 2.000 Personen aus Moldau an. Die meisten Ankömmlinge, rund 80 Prozent, zogen bislang weiter: nach Deutschland oder Italien etwa, wo eine größere ukrainische Community existiert. Das Gros fährt also entweder sofort oder nach einer oder zwei Übernachtungen in ein anderes Land.

Wer sich hier registrieren lässt, dem wird ein Vertriebenenausweis erstellt. Dieses Formular dient als Reisedokument und ist die Voraussetzung, um am österreichischen Arbeitsmarkt einen Job suchen zu können. Für die Erfassung von ukrainischen Flüchtlingen sind momentan 40 Stellen zuständig. Um dem starken Andrang gerecht zu werden, sollen diese in den kommenden Tagen ausgebaut werden, auch mobile Stellen sollen dafür eingesetzt werden.

Expertinnen und Experten rechnen damit, dass sich Österreich auf 200.000 Flüchtlinge aus der Ukraine einstellen muss, die zumindest vorübergehend im Land bleiben werden. Die Opposition ist skeptisch, ob Österreich diesem Andrang gewachsen ist. Die Neos-Abgeordnete Stephanie Krisper befürchtet, dass die Regierung nicht entsprechend vorbereitet ist. Andreas Achrainer, Geschäftsführer der Bundesbetreuungsagentur (BBU), hingegen äußerte sich zuversichtlich. Die BBU ist für die Organisation der Quartiere zuständig.

Strenge Kontrollen gefordert

Der Gewerkschaftsbund ÖGB begrüßte am Sonntag die vorübergehende Aufnahme von Ukraine-Flüchtlingen auf dem Arbeitsmarkt. ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian forderte aber für die kommenden Monate "strenge Kontrollen" unter anderem durch das Finanzministerium und die Gesundheitskasse, damit sie "am Arbeitsmarkt nicht ausgenutzt werden", wie er in einer Aussendung mitteilte. So seien erste Vermittlungsplattformen entstanden, auf denen gesetzlich vorgeschriebene Details bei angebotenen Arbeitsplätzen fehlen würden.

Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP) konnte am Sonntag in der ORF-"Pressestunde" noch nicht abschätzen, wie viele Kinder aus der Ukraine in Österreich einen Schulplatz brauchen werden. Derzeit sei etwa die Hälfte der bisher angekommenen Kinder – das seien 750 bis 800 – in Wiener Schulen integriert worden, weitere 400 in Niederösterreich. Neu ankommende Jugendliche sollen fortan auch in Schulen in anderen Bundesländern untergebracht werden.

Gefahr Menschenhandel

Hoffnung, sagte Polaschek, setze er auf ein Buddy-System: Dabei sollen Schüler und Studierende vor dem Krieg geflohene Jugendliche betreuen. Es gebe 2.700 ukrainische Studentinnen und Studenten in Österreich, von denen sich bereits viele für solch eine Aufgabe angeboten hätten. Allenfalls könnte es auch eine finanzielle Abgeltung geben.

Aus der Ukraine Vertriebene erhalten derzeit temporären Schutz auf Basis einer neu beschlossenen EU-Richtlinie. Nach Angaben der Vereinten Nationen sind durch den russischen Angriffskrieg in der Ukraine bereits rund zehn Millionen Menschen in die Flucht getrieben worden. Die höchste Zahl an Flüchtlingen hat bisher Polen aufgenommen.

90 Prozent von ihnen sind Frauen und Kinder. Ukrainische Männer im Alter von 18 bis 60 Jahren können zum Militär eingezogen werden und dürfen das Land daher nicht verlassen. Das Uno-Kinderhilfswerk Unicef warnte, dass unter den Kriegsflüchtlingen im Ausland 1,5 Millionen Kinder seien. Die Gefahr, dass diese Kinder Opfer von Menschenhändlern werden, sei "real und nimmt zu". (giu, 21.3.2022)