Mut zur Reduktion: Die Spark Art Fair bietet Platz und ein aufgeräumtes Konzept, das auch Kunstschaffenden gefällt.

Foto: Kurt Prinz / Spark Art Fair

Wer noch nie auf einer Kunstmesse war, dem sei gesagt: Es ist anstrengend. Stundenlang schiebt man sich von Stand zu Stand, am Ende tun Augen und Füße weh und sogar die Ohren – zu oft hat man Worte, die auf "-ion" enden, gehört: "Position", "Installation", "Intervention", "Immersion", "Okkasion".

Trotzdem kommt man als Mensch, der Kunst erwerben möchte, als jemand, der vielleicht erst gerade damit anfangen und sich erst einmal einen Überblick verschaffen will, kaum um so einen Messebesuch herum. Dort präsentieren namhafte Galerien aus dem In- und Ausland die Werke der Kunstschaffenden, die sie vertreten. Anstatt also das ganze Jahr von Galerieausstellung zu Galerieausstellung zu tingeln, Kunstzeitschriften und Rankings zu lesen, durch Instagram zu scrollen oder einen Art-Advisor zu beschäftigen, ist eine Messe besonders für Anfängerinnen wohl die effektivste Möglichkeit, in die Welt des Kunsthandels einzutauchen: ein Termin, viele Optionen. So viel nur zur Besucherinnenperspektive.

Sichtbarkeit und finanzielle Schwierigkeiten

Die Galerien selbst, die für die Messestände zahlen, wollen natürlich Verkäufe machen. Aber das Netzwerken mit Kollegen, Sammlerinnen und anderen relevanten Stakeholdern der Kunstszene sowie die Kontaktpflege sind genauso wichtig, wenn nicht wichtiger. Bei einem Gläschen an der Bar plaudert es sich auch entspannter, und angenehmerweise sind eh alle da. So geht es auch Kunstschaffenden selbst, die zumindest tageweise bei Messen vorbeischauen, um die Booths der (Studien-) Kolleginnen zu besuchen oder Interessierten auch die eine oder andere Frage zur eigenen Arbeit zu beantworten.

Melanie Ebenhoch wurde 1985 in Feldkirch geboren und lebt in Wien, wo sie an der Universität für angewandte Kunst studierte. 2022 erhielt sie den Schindler Artist in Residence Award des MAK Center for Arts and Architecture in Los Angeles. Ebenhoch wird von der Galerie Martin Janda vertreten und zeigt auf der Spark Art Fair eine Serie von runden Malereien, die an Hüte erinnern.
Foto: Marie Haefner
Melanie Ebenhoch, "After the flash light" (The Secret beyond the Door), 2022, Öl auf Acrylharz, Ø 110 cm, Courtesy Galerie Martin Janda
Foto: kunstdokumentation.com

"Es ist ein guter Effekt von Messen, dass viele unterschiedliche Leute in Kontakt mit den Sachen kommen und sich dann vielleicht in der Folge daraus etwas ergibt. Mir geht’s da eher um eine Sichtbarkeit, überhaupt ins Gespräch zu kommen, besonders, wenn es sich wie bei mir um sprödere Sachen handelt. Ich mach halt keine knallbunten Paintings, wo man gleich sagt: ,Leiwand!‘", erzählt Axel Koschier (Galerie Wonnerth Dejaco). Wie seine Kollegin Nana Mandl (Galerie Kandlhofer) wird er in der von Fiona Liewehr kuratierten Sektion "Die vierte Wand" vertreten sein. Mandl ist da weniger geduldig: "Wenn nichts verkauft wird, gerate ich in finanzielle Schwierigkeiten", lacht die Künstlerin. Melanie Ebenhoch (Galerie Martin Janda) und Anouk Lamm Anouk (Galerie MAM Mario Mauroner Contemporary Art) rechnen ebenfalls mit Verkäufen bei der Art Spark Fair.

Eindrücke von der Spark Art Fair.
Foto: Anna Rauchenberger / Spark Art Fair

Auch, weil viele der jungen Kunstschaffenden sehr viel Zeit investiert haben, mehr, als sie es für Messen üblicherweise tun – und Zeit ist Geld: "Normalerweise machst du eine Ausstellung in einer Galerie, und dann werden diese Arbeiten auf einer Messe gezeigt, eventuell zusätzlich ein paar neue. Hier ist es anders. Da das Layout der Messe so schön ist, mache ich viele neue Arbeiten nur für diesen Stand. Ich weiß von vielen, dass sie es auch so handhaben", sagt Ebenhoch.

Erfreuliche Unterschiede

Die Spark ist tatsächlich etwas Besonderes, vergleicht man sie mit anderen Messen in Wien. Hier herrschen nicht "Kraut und Rüben", wie es Koschier formuliert, "es ist eine präzise Geschichte". Das heißt: Auf jedem Stand zeigt jeweils eine Galerie "nur" eine künstlerische Position. "Es gibt keine Reizüberflutung. Alle Stände haben exakt die gleiche Größe, damit werden faire Grundbedingungen für alle geschaffen", zeigt sich Anouk Lamm Anouk erfreut. Auch Ebenhoch und Mandl finden das Konzept der Spark Art Fair, die zum ersten Mal im Vorjahr in der Marx-Halle stattgefunden hat, sehr ansprechend.

Nana Mandl wurde 1991 in Graz geboren, studierte an der Kunsthochschule Berlin Weissensee und an der Universität für Angewandte Kunst in Wien. In ihren Collagen, die aus unterschiedlichen Materialien bestehen, verbindet sie Popkultur, Pixel und persönliche Erinnerungen. Mandls Arbeiten werden auf der Spark Art Fair in der kuratierten Sektion "Die vierte Wand" zu sehen sein.
Foto: Clemens Fantur
Nana Mandl, "The Good And The Bad, 2019, Mixed Media On Canvas, 83 x 63 cm
Foto: Nana Mandl / kunstdokumentationen.com

Entstanden ist es vermutlich in erster Linie aus Distinktionsgründen, um sich nämlich von der bis dahin tonangebenden Messe für zeitgenössische Kunst, der Vienna Contemporary, abzuheben. Bis 2019 war dort Renger van den Heuvel Geschäftsführer. Dann rief er die Spark Art Fair ins Leben und veranstaltete sie im Juni 2021 erstmals am selben Ort, nämlich in der Marx-Halle, in der die bis dahin die Vienna Contemporary (VC) stattgefunden hat. Diese zog 2021 wiederum in die Alte Post und wird heuer und in den kommenden Jahren im Herbst an einem neuen Standort, im Kursalon, stattfinden. Sprich selber Geschäftsführer, selber Ort – ein neues Konzept zu entwickeln war naheliegend.

Zusätzlich hat sich im Wiener Kunstmessezirkus in den letzten Jahren viel bewegt, zum Beispiel bei der ursprünglich als zur Viennafair (später: Vienna Contemporary) gedachten Alternative Parallel Vienna, die in ihren ersten Jahren für Räudigkeit und Realness stand und die längste Zeit nicht als Messe wahrgenommen werden wollte. "Die Parallel wurde immer größer und kommerzieller. Insgesamt haben alle Messen deutlich an Professionalität und Internationalität gewonnen. Da bringt die Spark nun einen anderen, positiven Drive rein, der wieder weg von ‚Größer, mehr, teuerer‘ geht", beobachtet Nana Mandl.

Braucht es Messen überhaupt?

Aber braucht es im Zeitalter von Instagram und NFTs und Metaverse eigentlich noch physische Messen? Reichen da nicht Online-Plattformen? Haben wir während der Corona-Zeit nicht gelernt, Kunst online zu kaufen?

"Das war vielleicht ‚wishful thinking‘, dass man Messen nicht mehr braucht. Aber es geht auch um die Beschaffenheit der Kunst: Meine Arbeiten haben oft eine dreidimensionale Oberfläche, eine Haptik, die man im Raum sehen muss. Die Leute, die in der Corona-Zeit ohne Ausstellungen gut online verkauft haben, sind welche, die schon davor etabliert waren, deren Arbeiten man schon kannte und einschätzen kann. Für junge, weniger etablierte Leute ist das schwierig", sagt Ebenhoch.

"Was ich mir nicht erwartet hätte, ist, dass mittlerweile internationale Sammler aus Asien oder Amerika rein über Instagram Werke anfragen", sagt Anouk Lamm Anouk über die Veränderungen der letzten Jahre. "Trotzdem ist eine vielschichtige Präsenz absolut sinnvoll, weil unterschiedliche Medien und Rahmen unterschiedliche Personengruppe ansprechen können."

Anouk Lamm Anouk (painter/poet) wurde in Wien geboren, studierte an der UdK in Berlin und an der Akademie der Bildenden Künste in Wien und gewann 2021 den Strabag Art Award. Im Strabag Kunstforum eröffnet auch am 23.3. die Solo-Ausstellung "Grace and Grave are only one letter apart", ab Freitag sind Anouk Lamm Anouks Arbeiten dann auch auf der Art Spark Fair zu sehen.
Foto: Elsa Okazaki
Anouk Lamm Anouk, "Lesbian Jazz Nº12", 2022, 140x120 cm, Acryl auf Leinen
Foto: Anouk Lamm Anouk

Auf Messen werden wir Arbeiten der vier Kunstschaffenden also noch länger sehen, bevorzugt auch im Ausland: "Natürlich habe ich Ziele wie die Art Basel oder Frieze, und ich denke auch, dass das ganz gut startet, da meine Sammlerschaft immer internationaler wird", ist Anouk Lamm Anouk zuversichtlich.

Das muss man in der Branche auch sein, denn egal, wie viele Messen in Wien und Österreich auch mittlerweile stattfinden und wie professionell sie sein mögen: Die Möglichkeiten sind in einem kleinen Land einfach begrenzt, Sammlerinnen und Sammler wachsen nicht auf Bäumen, der Markt ist zu klein oder für die eigene Kunst vielleicht einfach nicht der richtige: "Wien ist sehr konzeptuell, was die Szene angeht. Was ich mache, ist dann manchmal zu wild und schrill dafür. Ich glaube, dass der amerikanische Markt oder auch der Nahe Osten, wo es eine sehr spannende Kunstszene gibt, für mich in Zukunft interessanter sind", sagt Nana Mandl.

Überhaupt sei es wichtig, einmal aus Wien rauszukommen und auf internationalen Residences und Reisen Kontakte zu knüpfen, meint Mandl. Das würde wohl auch Axel Koschier unterschreiben, der ausstellenderweise und auch sonst viel im Ausland unterwegs ist. Er freut sich, dass die Spark Art Fair ihm eine Gelegenheit bietet, wieder einmal seinen Wiener Bekannten seine Arbeiten zu zeigen.

Axel Koschier wurde 1980 in Wien geboren und studierte an der Akademie der Bildenden Künste textuelle Bildhauerei bei Heimo Zobernig. 2013 gründete er den Artist-Run-Space New Jörg im 20. Bezirk mit. Für seine Präsentation in der kuratierten Sektion "die vierte Wand" auf der Spark Art Fair hat er eine Installation erarbeitet, die sich mit der Messearchitektur beschäftigt.
Foto: Anna Breits
Axel Koschier, o.T., 2019
Foto: Axel Koschier

Denn für Kunstschaffende geht es auch auf Messen – und so soll es ja auch sein, sonst wären sie Verkäuferinnen und Verkäufer geworden – natürlich um ihre Kunst. "Es ist ja toll, dass man in dieser Branche trotz all der Geldnot Gespräche führen kann, in denen es um etwas Inhaltliches und nicht um Uhren und Zigarren geht. Vielleicht ist das auch eine Art von Bezahlung", sagt Koschier. (Amira Ben Saoud, 22.3.2022)