Elon Musk ist schon da. Freundlich lächelnd steht der Tesla-Chef auf dem Parkplatz und lächelt in die Sonne. Doch nein, er ist es nicht wirklich. Kollegen haben eine lebensgroße Pappfigur des exzentrischen US-Elektroautobauers aufgestellt und filmen einfach diese. Das Original lässt sich ja nicht gern interviewen.

"Willkommen", ruft derweil ein junger Mann und schwenkt ein schwarzes Schild. "First Owners" (Erstbesitzer), steht in weißer Schrift darauf. Für sie gibt es natürlich eigene Parkplätze, und 30 von ihnen haben besonderes Glück. Sie bekommen ihre neuen Teslas von Musk persönlich. Aber zuerst müssen sie noch ein Stückchen gehen. Der Parkplatz ist groß – wie alles hier in der Giga-Factory.

So heißt das Werk, das Musk in nur zwei Jahren in Brandenburg, 40 Kilometer vom Berliner Zentrum entfernt, aus dem sandigen Boden stampfen ließ. Es ist das erste in Europa, in einigen Monaten sollen hier 7.000 Beschäftigte arbeiten und dafür sorgen, dass 500.000 Autos pro Jahr vom Band rollen.

Elon Musk (rechts) mit Kanzler Olaf Scholz (Mitte) bei der Eröffnung des Werks in Grünheide.
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Das wäre ein Fahrzeug alle 45 Sekunden. Bei deutschen Herstellern liegt dieses Intervall aktuell bei 60 bis 70 Sekunden, rechnet das "Handelsblatt" vor. "Tesla ist Kostenführer im Markt. Ein Grund ist die hohe Automatisierung. Die Deutschen sind da zu vorsichtig", sagt der Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer.

Die Politik sagt: Für Berlin, für Brandenburg, für Deutschland ist Tesla ein Glücksfall. Daher ist an diesem Dienstag auch viel Prominenz nach Grünheide in Brandenburg gekommen – allen voran natürlich Kanzler Olaf Scholz. Nicht im Tesla, sondern im Mercedes.

"Elektromobilität wird die Mobilität der Zukunft prägen", sagt er und betont auch: "Deutschland kann schnell sein." Da müssen einige grinsen, denn das Tesla-Werk in der Tesla-Straße 1 liegt nicht weit vom Flughafen BER entfernt. Der ging ja bekanntlich mit neun Jahren Verspätung an den Start.

Denkt er nach? Ruht er sich aus? Das dürften sich auch die Neugierigen auf ihrem Beobachtungsposten fragen.
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Auch Wirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck (Grüne), der ebenfalls von Berlin nach Grünheide heraus kam, ist voll des Lobes. "Es ist eine Riesen-Investition in eine Zukunftstechnologie, die nach Deutschland gekommen ist", meint er und lobt: "Tesla hat ohne öffentliche Förderung ein starkes Bekenntnis zum Standort Deutschland abgegeben." Die Entstehung des Werks könne "Maßgabe" für andere sein.

Doch ob deutsche Unternehmer sich Derartiges trauen, ist eher fraglich. Musk nämlich hat seine Giga-Factory nicht nur in Rekordzeit gebaut. Er tat dies auch ins Blaue hinein, hatte zunächst nur vorläufige Genehmigungen, aber noch kein endgültiges Okay. Das kam erst vor wenigen Tagen. Hätte ein Gericht den Bau gestoppt, hätte Musk alles auf eigene Kosten wieder in den Ursprungszustand versetzen müssen.

Streit um Wasserverbrauch

Aber es klappte trotz der Proteste von Umwelt- und Naturschutzgruppen. Sie wiesen immer wieder auf die Gefährdung von Tieren und Pflanzen, aber vor allem auf Probleme mit der Wasserversorgung hin. Die Giga-Factory braucht so viel Wasser wie eine 40.000-Einwohner-Stadt, liegt aber in einer der trockensten Regionen Deutschlands.

Die Stimmung im Werk ist gut.
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Vom Wasserstreit will man am "DeliveryDay" bei Tesla allerdings nichts wissen. Dort ist Party. Musk tanzt ein paar Schritte, als das erste Auto mit dem Nummernschild "Giga 001" unter lauter Musik und Applaus über den grauen Fliesenboden aus der Fabrik herausfährt und dann andere Wagen folgen.

Zu sehen sind ausschließlich schwarze Fahrzeuge des Model Y, das halb SUV, halb Limousine ist. "Ich bin so aufgeregt, es ist ein großartiger Tag", sagt Musk und verspricht, dass die Fabrik "ein Schatz" für die Region und Deutschland sein werde. "Jedes einzelne Auto ist ein Schritt hin zu einer Zukunft der nachhaltigen Energie, wir können es schaffen, den Klimawandel aufzuhalten."

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Außerhalb der Factory ist die Stimmung nicht bei allen so gut.
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Außerhalb der Factory ist die Stimmung weniger gut. Nach einem Brandanschlag auf die Bahnlinie, die an der Fabrik vorbeiführt, ermittelt der Staatsschutz. Die Autobahn am Tesla-Werk musste, nachdem sich Aktivisten aus Protest abgeseilt hatten, gesperrt werden.

Grünheide selbst ist ein kleiner, ruhiger Ort mit ein paar Läden rund um den Dorfplatz. Dort ist von all dem Rummel um Tesla unmittelbar nichts zu spüren. Aber Thema ist die Giga-Factory dort natürlich ständig.

Es ist lauter geworden in Grüneheide

"Sie ist gut, weil sie uns Jobs und auch Prestige bringt, das ist wichtig für Ostdeutschland", sagt eine Frau und ärgert sich über die Umweltschützer. Denn: "Den Wassermangel hatten wir auch schon zu DDR-Zeiten, das ist nichts Neues."

Das sieht ein Mann auf dem Dorfplatz anders: "Es ist lauter geworden hier bei uns. Und ob die Gemeinde schnell Geld sieht, weiß man nicht. Da müsste Musk ja erst einmal was verdienen mit seinem Werk." (Birgit Baumann aus Grünheide/Brandenburg, 22.3.2022)