Iryna Wereschtschuk ist die kampferprobte Vizeregierungschefin der Ukraine.

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Man brauche "nur" eine Flugverbotszone und Waffen, "den Rest erledigen wir selbst", schrieb Iryna Wereschtschuk selbstbewusst nur Stunden nach Kriegsbeginn auf Instagram. Mit dem Rest meinte die Vizepremierministerin der Ukraine immerhin eine der stärksten Armeen der Welt.

Was damals für viele noch nach Zweckoptimismus und Durchhalteparolen klang, zeugt fast einen Monat nach der Invasion – auch wenn die Errichtung der gewünschten No-Fly-Zone von Nato-Staaten weiter ausgeschlossen wird – von einer realistischen Einschätzung der Schlagkraft der ukrainischen Armee. In militärischen Belangen kennt sich Wereschtschuk aus, studierte sie doch am Militärinstitut der Polytechnischen Universität Lwiw, wo sie sich auf internationale Informationsbeschaffung fokussierte. Fünf Jahre diente sie im Offiziersrang in der ukrainischen Armee.

Jüngste Bürgermeisterin

Eine politische Quereinsteigerin ist die 42-Jährige – die früher auch Karate, Thaiboxen und Nahkampf praktizierte – nicht. Juristischen Ausbildungen folgte 2007 eine Anstellung im Gemeinderat ihrer 8.000 Einwohner zählenden Heimatstadt Rawa-Ruska an der ukrainisch-polnischen Grenze. Wenig später sollte sie deren Geschicke als damals jüngste Bürgermeisterin des Landes fünf Jahre lang leiten, ehe sie auf Druck von "Pseudonationalisten", wie sie sagte, zurücktrat.

Ihr politisches Comeback nach einem Forschungsaufenthalt in Polen verdankt Wereschtschuk Wolodymyr Selenskyj, dem sie in Sachen gekonnte Inszenierung in sozialen Medien um nichts nachsteht.

Entschuldigung

Der heutige Präsident setzte sie auf die Liste seiner Partei Diener des Volkes und brachte sie so ins Parlament. Möglich war das erst, nachdem sie sich für ihre vor der Krim-Annexion 2014 getätigten Aussagen, wonach Putin Gutes für sein Land vollbringe und sie ihn wählen würde, entschuldigte.

Als Kiewer Bürgermeisterkandidatin für Selenskyjs Liste verlor sie 2020 als Fünfte deutlich gegen Amtsinhaber Witali Klitschko, im vergangenen November berief Selenskyj sie in seine Regierung als "Ministerin für die Wiedereingliederung der vorübergehend besetzten Gebiete". Hier lässt die Mutter eines Sohnes und eines Stiefsohnes keine Zweifel mehr an ihrer Gesinnung. Sie wünscht den Feinden den Tod und sagt, die Russen würden im Falle einer Eroberung Kiews mit den Ukrainern mitsterben. Ihr wichtigstes Ziel ist derzeit aber das Überleben – von Zivilisten, für deren Evakuierung sie kämpft. (Fabian Sommavilla, 23.3.2022)