Der österreichische Militäranalytiker Gustav Gressel vom European Council on Foreign Relations kommentierte in der "ZiB 2" die militärische Situation in der Ukraine.

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Um 19.30 Uhr am Dienstag hat Corona für einen Augenblick den Ukraine-Krieg vom ersten Schlagzeilenplatz verdrängt. Später in der ZiB 2 ist die alte Hierarchie wiederhergestellt. Christian Wehrschütz, abermals in der Ukraine, schildert seine Eindrücke und meint, es sei bei der Ukraine "der Kampfeswille ganz massiv vorhanden". Das Gespräch wurde aufgezeichnet; live zu Gast ist Gustav Gressel vom European Council on Foreign Relations. Der Militäranalytiker ist ein nüchterner Zeitgenosse.

Er sieht im Konflikt noch keine Wende zugunsten der Ukraine und bringt uns ganz neue Begriffe bei. Stecken die Putinisten bei ihrer Offensive fest? Nun, im Fachjargon würde man dies "operative Pause" nennen, wenn "man sich mit dem Angriff überdehnt hat".

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Ab Mitte April könnte eine neue Offensive folgen, meint Gressel, es könne auch sein, dass Kiew wieder "zum Schwergewicht" der Offensive wird, wobei die Hauptstadt der Ukraine sehr groß sei – und damit auch der Aufwand. Er würde das mit "der Blockade von Leningrad durch die Wehrmacht vergleichen". Der Einsatz chemischer Waffen? Der sei zu befürchten, während die Drohung mit Atomwaffen eher Putins "Spiel mit unseren Ängsten ist". Armin Wolf erinnert Gressel, dass er für ein komplettes Öl- und Gasembargo gegen Russland ist. Stimmt. Wenn man Putin zu einem "Ermattungsfrieden" zwingen will, müssen auch die ökonomischen Kosten hochgeschraubt werden. So wäre ein "Erschöpfungsfrieden" möglich.

Als Gesprächspartner sind Militäranalytiker wie Gressel nun gefragter als Virologen. Logisch. An deren kühle Art, über Krieg zu sprechen, will man sich aber nicht gewöhnen müssen. (Ljubiša Tošić, 23.3.2022)